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Wenn es daemmert

Wenn es daemmert

Titel: Wenn es daemmert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoe Beck
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Gegenleistung einfordern würde.
    Das würde seine Strafe sein: ein Leben lang von Doug erpresst zu werden. Am wahrscheinlichsten waren erniedrigende Dienstleistungen. Vielleicht aber auch Geld. Später einmal, wenn Pete eine Anstellung gefunden hatte. Dann würde Doug regelmäßig die Hand aufhalten und sich sein Schweigen bezahlen lassen.
    Ihm fiel auf, dass er über die finanziellen Verhältnisse von Doug nichts Konkretes wusste. Er war davon ausgegangen, dass Doug reiche Eltern hatte, da die Studiengebühren für Amerikaner sehr hoch waren und auch das Leben in St. Andrews nicht gerade billig war. Andererseits äußerte Doug stets seinen Neid bezüglich des Luxus, den sich Cedric problemlos erlauben konnte. Doug besaß weder eine teure Armbanduhr, noch war seine Kleidung bemerkenswert exklusiv. Aber er wusste, was gut und teuer war, das erkannte er auf die größte Entfernung. Im Grunde aber hatte Doug nie etwas von seinen Eltern erzählt. Er hatte nur gesagt, dass er aus New York kam, wie Matthew Barnes. Mehr nicht.
    Pete hingegen hatte nie einen Hehl daraus gemacht, dass er aus einfachen Verhältnissen stammte. Aufgewachsen in einer viel zu kleinen Sozialwohnung in Niddrie, einem Teil von Edinburgh, in den man sich besser nicht verirrte, wenn einem an seiner Brieftasche oder seinen Autoreifen gelegen war. Sein Vater war seit zehn Jahren arbeitslos, auch wenn er dies mit der Bezeichnung »vorzeitiger Ruhestand wegen Invalidität« stets zu beschönigen pflegte. Seine Invalidität bestand aus angeblichen Rückenschmerzen, deren Ursachen bisher aber noch kein Arzt hatte entdecken können. Mal schmerzte der Rücken im Nackenbereich, dann wieder um die Lendenwirbel, dann waren es die Rippen, dann ein angeblicher Hexenschuss, der aber abends mit einer Dose Bier jederzeit zu heilen war und erst am nächsten Morgen zurückkehrte.
    Petes Mutter hatte in zwanzig Jahren fünf Kinder geboren und halbwegs großgezogen. Seine Mutter hatte nie etwas gelernt und war jetzt mit Ende vierzig zu alt, um etwas Neues anzufangen. Wenn die Stütze knapp wurde, ging sie putzen.
    Petes jüngste Schwester war gerade elf Jahre alt. Sein ältester Bruder war dreißig. Er jobbte in einem Supermarkt in Musselburgh, was ihn aber nicht davon abhielt, weiter ein Zimmer in der Wohnung seiner Eltern zu besetzen. Vom Ausziehen hielt er gar nichts. Er brachte auch seine Mädchen mit nach Hause, alle zwei Monate eine andere. Er interessierte sich nicht weiter für die Mädchen, solange sie nur Sex mit ihm hatten. Wenn sie mehr wollten und davon anfingen, er könnte sie doch auch mal zur Abwechslung ins Kino ausführen, machte er Schluss. Nächtelang hatte Pete wach gelegen und auf die Geräusche im Nebenzimmer gelauscht. Sein jüngerer Bruder, mit dem Pete sich das Zimmer teilte, hatte immer geschlafen wie ein Stein. Petes erste sexuelle Erfahrungen waren verzweifelte Masturbationsorgien, während sein älterer Bruder im Nebenzimmer laut stöhnend eines der Mädchen vögelte. Nicht selten kam es vor, dass er die Mädchen anschrie, weil sie nicht das taten, was er wollte. Pete konnte hören, wie er sie dann schlug. Es hatte Pete nie davon abgehalten, weiter zu masturbieren. Im Gegenteil.
    Das waren über lange Jahre Petes einzigen sexuellen Erfahrungen gewesen. Je älter er wurde, desto größer wurde fortan der Drang, endlich selbst mit einem Mädchen zu schlafen. Da er nicht das gute Aussehen seines Bruders besaß und auch nicht so abgebrüht war, sondern Mädchen gegenüber sehr schüchtern war, kam es lange nicht dazu.
    Als Pete anfing, sich Pornos zu besorgen, merkte er zum ersten Mal, dass er offenbar anders war. Wenn er sich die Bilder ansah, um sich dabei zu befriedigen, lief es anders als in den Nächten, in denen er seinem Bruder zugehört hatte. Er kam fast immer nach nur wenigen Sekunden. Verstört ließ er die Finger von Pornos, musste aber mit der Zeit einsehen, dass schon Fotos von sexy zurechtgemachten Schauspielerinnen oder eine Plakatwerbung mit Mädchen in kurzen Röcken ihn zu sehr reizten. Als er einmal eine Eiswerbung im Kino sah, in der fast nur Frauen in winzigen Bikinis zu sehen waren, kam er, ohne sich auch nur angefasst zu haben.
    Daraufhin hatte er für sich die Methode entwickelt, in gefährlichen Situationen an etwas zu denken, das ihn wieder runterbrachte. Er fing an, Tabellen und Listen auswendig zu lernen. Das Periodensystem aus seinem Chemiebuch. Das Sonnensystem mit allen möglichen Zusatzdaten über die Planeten.

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