Wenn heiße Wuensche erwachen
seine Liebe nicht haben konnte, musste sie sich eben mit der Liebe des Kindes zufrieden geben.
Statt Hazel anzurufen, beschloss Lyndie, sich einen Wagen zu mieten und ihre Großtante zu überraschen. Sie konnte nur hoffen, dass das ihre düstere Stimmung ein wenig bessern würde.
Gegen fünf Uhr Nachmittags am nächsten Tag fuhr sie daher mit einer weißen Limousine durch das Tor der Lazy-M-Ranch. Hazels Cadillac Fleetwood stand vor dem Haus in der kreisförmigen Auffahrt.
Wenigstens ist sie zu Hause, dachte Lyndie und parkte den Mietwagen hinter Hazels Wagen.
„Täuschen mich meine Augen, oder sind Sie es wirklich?” rief Ebby, als sie die Tür öffnete.
Hazel sah von ihren Unterlagen auf ihrem Schreibtisch in der Bibliothek auf, die Lesebrille auf der Nasenspitze, als Lyndie öffnete und ins Zimmer spähte.
„Na so was!” Hazel stand auf und ging zu Lyndie.
Die beiden Frauen umarmten sich. Lyndie konnte die Besorgnis in Hazels Miene lesen. Sie mochte Bruce vielleicht etwas vormachen können, aber die Rinderbaronin konnte sie nicht täuschen.
„Also, was ist los?” wollte Hazel sofort wissen.
Lyndie löste sich aus der Umarmung und schüttelte den Kopf. „Ich brauche eine Auszeit.
Ich werde dir alles erzählen, wenn sich die Dinge ein wenig beruhigt haben. Hast du etwas dagegen, wenn ich auf mein Zimmer gehe und mich eine Weile hinlege?”
Hazel schien zu verstehen. Sie gab Ebby Anweisung, Erfrischungen ins Gästezimmer zu bringen, und begleitete Lyndie, um ihr beim Auspacken der Sachen zu helfen.
„Bruce war in New Orleans, um mich zu sehen”, brachte Lyndie endlich heraus, während sie ihre Kleidung aus dem Koffer in den Schrank räumte. „Ich war schon fast auf dem Weg zum Flughafen, als er in meinem Laden auftauchte. Vermutlich gab es dort unten eine Cowboyversammlung oder so etwas, die er besucht hat, denn für das, was er mir zu sagen hatte, konnte sich die Reise nicht gelohnt haben.”
„Was hat er denn gesagt?” wollte Hazel wissen, die wie üblich gleich zur Sache kam.
„Er hat mir dafür gedankt, dass ich ihm dabei geholfen habe, über Katherine hinwegzukommen.” Lyndie zuckte mit den Schultern. Sie war selbst erstaunt, wie hart und kalt sie innerlich geworden war. Inzwischen war ihr überhaupt nicht mehr nach Weinen zu Mute; sie fühlte sich, als wären ihre Gefühle abgestorben.
„Er liebt dich, Lyndie. Ich habe noch nie zwei Menschen gesehen, die so gut zusammenpassten wie ihr beide. Er war nicht wegen irgendeiner Versammlung in New Orleans. Er ist deinetwegen dort gewesen”, klärte Hazel sie auf.
„Weißt du das ganz sicher? Hat er dir das erzählt?”
Hazel zögerte. „Nun, um die Wahrheit zu sagen, habe ich nicht mehr viel mit ihm geredet, seit du abgereist bist. Er hat sich auf der Ranch verkrochen, und keiner kam mehr mit ihm aus. Die Cowboys sagten, er sei reizbar wie ein ausgehungerter Grizzly. Gestern rief er dann an und erkundigte sich, wo dein Laden ist, und ich sagte es ihm, weil ich dachte, er wolle dir vielleicht Blumen schicken.”
„Na bitte, du weißt also gar nicht, ob er mich liebt.” Lyndie legte einen Stapel Pullover hin, den sie gerade ausgepackt hatte. „Ich denke, er hat ziemlich deutlich gemacht, was für eine Art Beziehung wir seiner Meinung nach hatten. Er äußerte wortwörtlich, ihm tue alles Leid, was passiert sei, und das sagt ja wohl alles.”
„Ihr verdammten Jungen Leute! Ihr schafft es einfach nicht, vernünftig miteinander zu reden. Sobald Bruce wieder hier ist, werde ich die Wahrheit aus ihm herausbekommen und wenn ich sie aus ihm herausprügeln …”
„Nein”, unterbrach Lyndie sie mit solcher Bestimmtheit, dass Hazel sofort verstummte.
„Es ist sehr wichtig, dass er sich zu nichts gezwungen fühlt. So dringend brauche ich keinen Mann, dass ich ihn mit vorgehaltenem Gewehr zum Altar schleifen müsste.” Sie machte eine Pause, um die nächsten Worte sorgfältig zu wählen. „Ich glaube, eine Ehe kann nur mit Liebe funktionieren, und die lässt sich nun einmal nicht erzwingen.”
Hazel sagte einen Moment lang nichts, da diese Wahrheit kaum von der Hand zu weisen war. Dann meinte sie schließlich: „Er wird herkommen, um dich zu sehen. Das weißt du hoffentlich, oder?”
„Soll er ruhig. Es gibt keinen Grund, weshalb wir nicht Freunde sein sollten”, erwiderte sie, obwohl das Wort „Freunde” ihr das Herz zerriss. Sie sehnte sich so sehr danach, mit Bruce nicht nur befreundet zu sein. Sie wollte seine Partnerin
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