Wenn Liebe die Antwort ist, wie lautet die Frage? - Lilias Tagebuch
treffendes Wort. Es besteht aus »grrrrrr« und »au«. Und so fühlt sich dieses Alltagsgrau auch an. Es macht mich wütend und zwickt und piekt.
15.07 Uhr Ich bin mies drauf, falls es irgendjemand noch nicht bemerkt haben sollte.
15.08 Uhr Ich will keine Schlümpfe. ICH WILL TOM !!!
15.09 Uhr Wenn ich mich sehr darauf konzentriere, verspüre ich links hinten im Hals ein ungutes Kribbeln. Oh, oh. Ich könnte mich bei Florian angesteckt haben. Das könnte Halsweh werden. Oder Sommergrippe. Oder Scharlach!!!
Kino ist bestimmt nicht gut für mich. Viel lieber möchte ich mich mit einer Tasse Tee ins Bett verkriechen und das Buch lesen, das ich Paps gemopst habe. Die schönsten Texte über die Liebe aus drei Jahrtausenden. Da kann ich vielleicht waslernen. Genau. Das mach ich auch! Die sollen den Film ohne mich sehen!
15.35 Uhr Ähm. Das sind Werke von weltberühmten Geistesgrößen? Hammer!
15.36 Uhr SMS an Maiken: »Ach! Der mich liebt und kennt, ist in der Weite. Es schwindelt mir, es brennt mein Eingeweide. Nur wer die Sehnsucht kennt, weiß, was ich leide!«
15.38 Uhr SMS von Maiken: »Darmgrippe???«
15.39 Uhr SMS an Maiken: »Goethe!!!«
15.45 Uhr Na toll. Paps hat den Schlumpffilm mir zuliebe auf morgen verschoben. Dafür muss ich jetzt auf die Rosine aufpassen. Er murmelte irgendetwas von dringenden Besorgungen und war verschwunden, bevor ich Widerspruch einlegen konnte. Der Flokati ist auch weg, vermutlich bei Dana, trotz Halsweh. War ja wieder klar.
Okay. Ich hüte Vaters Nachwuchs, während er Spaß hat. Ich armes, armes Lilienputtel.
16.00 Uhr Rosalie hat mir Tee ans Bett gebracht. Weil sie kein Wasser kochen darf, hat sie kaltes aus der Leitung genommen. Der Inhalt meiner Tasse schmeckt daher nicht nach Tee, sondern nach Teebeutel. Aber er wirkt. Mir wird davon ganz warm ums Herz.
Die Rosine ist dann zu mir ins Bett gekrochen und hat mir Lieder vorgesummt. Ich las ihr dafür hin und wieder ein Liebesgedicht vor. Gemütlich war das.
»Hast du Tom geküsst?«, unterbrach sie mich, als ich ihr gerade ein mittelhochdeutsches Minnegedicht vortrug. Sie blickte mich nicht an, als sie das fragte, ich sah nur ihren Hinterkopf mit ihrem kleinen, dünnen Pferdeschwanz.
»Hmhm. Was dagegen?«
»Appetitlich find ich’s nicht gerade.« Jetzt grinste sie mich zahnlückig an.
»Hey, du küsst doch auch manchmal.«
»Jaaa. Aber nur Leute, die ich kenne.«
»Hör mal, ich kenne Tom!« Ich bohrte alle zehn Finger in ihre Rippen und sie quiekte. Dann wurde sie wieder ernst. Sie sah mich an und dabei wurde ihr sichtbares Auge hinter der Brille groß und rund. »Duhuuu? Hast du auch mit Tom geknuuutscht?« Man hörte deutlich, dass sie den Gedanken ebenfalls nicht appetitlich fand.
»Was ist denn der Unterschied zwischen Küssen und Knutschen?«, fragte ich zurück.
Jetzt drehte sie sich auf den Bauch und bohrte ihre Nase in die Matratze. »Das weißt du nicht?«, hörte ich ihre Stimme gedämpft. »Küssen ist mit Anziehsachen. Und Knutschen ohne.«
»Pfuuuh, Rosalie, du stellst ja Fragen! Eigentlich erzählt man so was doch keinem. Aber mal unter uns Mädels: Nein, ich hab nicht mit Tom geknuuutscht.«
»Guuut!« Sie drehte sich wieder zu mir um und kuschelte sich an mich, schnaubend vor Sauerstoffmangel oder vor Erleichterung. »Das habe ich mir schon gedacht.«
»Ähm, Rosinchen, mir fällt da gerade was auf. Hast du mirnicht neulich in einem Brief geschrieben, Flocke und Dana hätten geknutscht?«
Schwupp, schon lag sie wieder auf dem Bauch und ich konnte ihr Gesicht nicht mehr sehen. »Weiß nicht mehr so genau«, nuschelte sie.
»Rosalie Kirsch!«
»Hab’s vergessen.« Sie zappelte neben mir mit den Beinen. Boah, Bruder! Erst die Tür nicht abschließen, wenn Dana da ist, und dann das Kind bestechen!?
»Lilia, spielen wir Barbie?« Rosalie wollte dringend raus aus dieser Situation. »Ich habe einen neuen Ken.«
»Yes«, seufzte ich. »Yes, we Ken!«
19.09 Uhr Paps ist wieder da. Huschte heimlich mit einer Tüte in sein Arbeitszimmer. Hat sich eingeschlossen.
Was er da wohl macht? Ich werde es herausfinden!
Aber nicht jetzt, denn jetzt habe ich frei!!! Habe eben mit Tom geskypt. »Soll ich kommen?«, fragte er, als ich ihm die Sache mit dem grauenhaften Grau erklärt hatte.
»Jaaaa«, seufzte ich. Und jetzt ist er unterwegs. Yeah!
19.35 Uhr Hammer! Eben hat es geklingelt und ich wusste: Das ist Tom. Ich hörte unten Schritte, dann die Haustür und
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