Wenn Liebe die Antwort ist, wie lautet die Frage? - Lilias Tagebuch
kitzelte. »Machen wir ihn zum vorletzten.« Und Tom küsste mich wieder.
Aber auch dieser Kuss eignete sich nicht dazu, der letzte zu sein, und der nächste auch nicht, und deswegen verpassten wir das Frühstück und fast auch noch das Boot. Wir schafften es gerade rechtzeitig, unsere Sachen in die Rucksäcke zu stopfen und das Zeug zum Bootssteg zu wuchten, wo die anderen schon warteten.
Der Rest der Rückreise ist schnell erzählt, obwohl er mir ewig vorkam. Als wir im Zug saßen, waren wir alle müde und schweigsam. Ich hielt Toms Hand, starrte aus dem Fenster auf die Landschaft, die mir langsam immer bekannter vorkam, und dachte darüber nach, ob Vicky Tom wirklich zugezwinkert hatte, als wir auf dem Inselsteg standen und auf das Motorboot warteten, das uns abholen sollte. Ja, ich glaube, das hat sie getan. Und vermutlich hatte das was mit der Nacht zu tun, in der Vicky und Tom so lange verschwunden waren. Saßen sie da vielleicht auf dem Steg? Hat sie deswegen geblinzelt? Das ist aber der Lilia-und-Tom-Steg! Da saß ich mit Tom und wir haben uns zum Schutz gegen die Nachtkälte eingekuschelt. Wenn hier jemand Tom zublinzelt, dann ich!
Aber vielleicht habe ich mich auch geirrt, vielleicht hatte Vicky nur was im Auge. Und wenn sie doch geblinzelt hat, dann bestimmt nur, um mich zu ärgern.
Ich ärgere mich aber nicht.
Mrmpf.
18.55 Uhr Wo war ich? Ach so, ja! Die Rückfahrt. Flocke hat mich vom Bahnhof abgeholt und erst mal war es toll, nach Hause zu kommen und alle wiederzusehen. Fast alle, Mama war natürlich nicht da, sie hat ja dieses Stipendium an der Nordsee und kommt erst nächsten Samstag zu Besuch zu uns.
Paps hat mich in den Arm genommen und Lillykind genannt. Rosalie hat gleichzeitig von hinten ihre Ärmchen um meine Taille gelegt und mich ganz fest gedrückt. Und Primel sauste herbei und wedelte so sehr mit dem Schwanz, dass ich Angst hatte, er könne abfallen. Und sie hat gelächelt! Ich wusste gar nicht, dass Hunde lächeln können, aber Primel kann wirklich ihre Mundwinkel hochziehen, wenn sie sich freut.
Paps und Rosalie hatten Pizza gebacken und wir haben uns gleich an den Tisch gesetzt und gegessen.
Aber danach fing der Ärger an: Ich hatte der Rosine ein paar Fundstücke von der Insel mitgebracht. Richtige Schätze. Und in meinem letzten Brief hatte ich diese Überraschungen schon geheimnisvoll angekündigt. Klar, dass Rosalie nach dem Essen sofort ihre Geschenke haben wollte. Ich leerte also im Flur meinen Rucksack aus, um die Schachtel zu finden, in der ich alles verstaut hatte.
Oh, oh! Gar nicht gut. Da war Sand in meinem Gepäck. Und Gras. Und Kekskrümel. Paps bekam Schnappatmung, als erdas sah, er hatte nämlich zur Feier des Tages gestaubsaugt und jetzt war alles hin.
»Mach das weg!«, brummte er.
»Gleich«, beruhigte ich ihn. Dann hatte ich die Schachtel endlich gefunden.
Innendrin hatte ich die Box mit Klopapier ausgepolstert, damit nichts zerbrechen konnte. Jetzt wickelte ich die Schätze aus und zeigte sie der Rosine. Ein echter Fuchszahn. Zwei Reihereier mit Loch, aus dem die Reiherküken geschlüpft waren. Und dann der Knaller: ein vollständiges Fledermausskelett. Das hatte ich auf dem Dachboden des Inselhauses gefunden.
Rosalie war begeistert. Sie konnte fast nicht mehr sprechen vor Glück.
»Salmonellen!«, brüllte Paps plötzlich. Auf dem Klopapier, das jetzt am Boden lag, krabbelten winzige schwarze Tiere. Hektisch trat er mit dem Fuß auf die laufenden Pünktchen.
Oh Mann, dieser Vater! Er kann locker eine ionische von einer korinthischen Tempelsäule unterscheiden, aber alles Lebendige ist ihm fremd. Ich wette, wenn in seinem Salat mal etwas kleines Schwarzes krabbelt, hält er es für ein Vitamin. Und bei Eierschale plus Kleinstlebewesen denkt er sofort an Salmonellen.
»Schmeiß das Zeug weg, Lilia!«, schimpfte er. »Sofort! Ich will das nicht im Haus haben.«
»Papilein«, sagte ich mit beruhigender Stimme. »Die Viecher sind harmlos, die hatten wir auf der Insel überall. Das sind so eine Art Obstfliegen ohne Flügel.«
»Obstfliegen«, sagte Paps. »Ohne Flügel. Wenn das so ist, bin ich ein Hai. Ohne Flossen.«
»Jep.« Ich wollte ihm da nicht widersprechen. »Komm, Rosalie, wir waschen die Sachen einfach ab und dann bauen wir dir ein Museum. Ein richtiges, echtes Naturkundemuseum.« Ich zog die Rosine Richtung Küche, bevor Paps sich weiter aufregen konnte.
»Könntest du vielleicht erst den Flur wieder bewohnbar machen?«, rief Paps mir
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