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Wer braucht schon Zauberfarben?

Wer braucht schon Zauberfarben?

Titel: Wer braucht schon Zauberfarben? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu Pera
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Innere führt.
    Niemand scheint mich zu bemerken. Seien wir uns mal ehrlich, eine Frau mit kurzen Haaren würde hier auffallen, wie ein bunter Hund.
    In der großen Halle, in der ich sie vermutet habe, ist niemand, aber ich vernehme Beliars Stimme aus dem Nebenraum. Schnell schlüpfe ich durchs Fenster, das durch einen schmalen Vorsprung mit dem nebenliegenden Raum verbunden ist und trete hinaus.
    Den kurzen Weg an der Fassade entlang überwinde ich in null Komma nichts – Scheiße ist das hoch. Kuck bloß nicht runter, sage ich mir immer wieder.
    Beliar sitzt am Schreibtisch – wendet mir also den Rücken zu. Vor ihm kniet eine Frau mit rabenschwarzem Haar und gesenktem Haupt auf dem Boden. Mein Herz macht einen Satz. Ist das die Frau, die der Seher in seinen Visionen gesehen hat? Er will Beliar doch nicht allen Ernstes weißmachen, das sei die Ador-Hexe?
    Sie hält den Kopf so tief gesenkt, dass ich ihr Gesicht nicht erkennen kann. Ihre Mähne ist lang und kunstvoll hochgesteckt. Ich starte erneut einen Lauschangriff.
    „Steh auf“, fordert Beliar. Sogleich erhebt sie sich, hält den Blick aber gen Fußboden gerichtet. Ich halte den Atem an, denn sie ist wunderschön. Das Gesicht der Frau ist blass, weist aber erstaunlich feine Züge auf. Ihr Körper ist sehr schlank und wohlproportioniert. Ich würde sagen, sie ist die schönste Frau, die ich je gesehen habe. Natürlich setzt ihm der Seher diese Schönheit vor. Was für ein Schlitzohr. Ich frage mich, wo er die Hexe her hat, mit der er Beliar hier offensichtlich täuschen will.
    „Wie ist dein Name?“, fragt sie Beliar.
    „ Hailey Olivia Prudence Enya Dewitt beau Ador, Herr.“
Was
? Nein. Warte mal. Das bin ich. Das kauft ihr Beliar nie ab.
    „Was ist deine früheste Erinnerung?“, will er von ihr wissen. Moment mal. Er testet sie, obwohl er weiß, dass er gerade getäuscht wird? Ich halts nicht aus.
    „Das Feuer, Herr“, haucht sie ängstlich. Ihre Stimme ist sehr weiblich, sie ist kaum älter als ich. Ihren Blick lässt sie immer noch die ganze Zeit über zu Boden gerichtet.
    „Was siehst du darauf?“ Jetzt hält er ihr sogar die blöde Karte hin. Ich fass es nicht.
    „Einen Raben, Herr“, flüstert sie.
    „Setz dich“, verlangt Beliar. Hey, wieso bietet er ihr denn jetzt einen Sitzplatz an? Jetzt wäre doch der richtige Zeitpunkt, um sie aus der Burg zu jagen.
    Natürlich kommt sie seiner Bitte ruckzuck nach, sprintet förmlich auf den Stuhl zu. Keine Sekunde später sitzt sie ihm gegenüber – immer noch mit gesenktem Blick. Wieso schrillt in meinem Kopf andauernd das Wort ‚devotes Weibchen‘ auf?
    „Zeig mir dein Handgelenk“, verlangt er.
    Ihre Hand schnellt vor. Ich kann das Symbol nicht erkennen, nehme aber an, es ist der Lebensbaum, passend zur Vision des Sehers. Natürlich würde er für seinen Plan nur solch eine Hexe auswählen.
    „Welches Tierzeichen trägst du am Körper?“, will Beliar wissen.
    „Einen Hirsch, Herr.“ Was auch immer das bedeutet.
    „Nimm die Haare zurück“, befiehlt Beliar. Sie tut sofort, wonach er verlangt. Hey, was zum Teufel soll das? Oh, ich weiß. Sie hat leicht abstehende Ohren – ebenfalls Volltreffer. Was für ein Zufall – spotte ich in Gedanken.
    „Zeig mir die Innenseite deines Schenkels“, verlangt er. Moment mal Freundchen. Hast du sie noch alle? Das Püppchen reißt sich förmlich den Rock hoch und stellt ein Bein auf den Stuhl. Er will prüfen, ob sie die Narbe hat. Beliar steht sogar auf und beugt sich vor, um es aus nächster Nähe zu betrachten. Jetzt geht er zu weit. Bleib ruhig Hope. Atme. Du sprengst jetzt nicht diese verdammte Burg vor Zorn. Er hat genug gesehen und zeigt wieder auf den Stuhl. Sie lässt sich förmlich darauf fallen.
    „Wie alt bist du?“, will er nun wissen.
    „Sechzehn.“ Toll, genauso wie ich.
    „Wo hast du die letzten Jahre über gelebt?“, fährt er seine Befragung fort.
    „Man hat mich in einer Familie aufgenommen. An der nördlichen Küste. Ein kleines Cottage. Jemand hat mich meinem Bruder Junus aus den Armen entrissen und mich dorthin gebracht. In der Nacht als …“ Sie ist den Tränen nahe, hält sich theatralisch an die Brust. Sie ist echt gut. Ich glaube ihr aufs Wort. Würde ich nicht wissen, dass dies meine Erinnerung ist, die sie nur gestohlen hat, wär die Vorstellung echt Oscar reif.
    Beliar steht auf. Verdammt, hoffentlich bemerkt er meinen Zauber nicht, sonst braucht er nur den Kopf zu heben und sieht mich. Vorsichtshalber trete

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