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Wer den Tod begruesst

Wer den Tod begruesst

Titel: Wer den Tod begruesst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cindy Gerard
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daran gesetzt, dass es auch so bleiben würde.
    Aber wenigstens war sie in Sicherheit.
    Sie war in Sicherheit.
    Herrgott, lass sie bitte immer in Sicherheit sein.
    Und lass mich bitte immer betrunken bleiben, damit ich den Ausdruck auf ihrem Gesicht vergessen kann. Den, der sagte, ich liebe dich. Den, der sagte, ich brauche dich.
    Den, der ihm diese gottverdammten Tränen in die Augen trieb und bewies, was für ein Waschlappen er war.

24
    Knapp dreißig Stunden später kam Nolan wieder zu sich. Die Sonne durchdrang unbarmherzig seine geschlossenen Lider. Geier kreisten über ihm. Vorsichtig öffnete er ein Auge einen Spaltbreit. Nun gut. Keine Geier. Möwen. Mit ein wenig Glück wären es Geier gewesen. Ein sicheres Zeichen dafür, dass er tot wäre. Dass das Elend vorbei wäre.
    Aber der Tod tat nicht so weh. Dessen war er sich ziemlich sicher.
    Er bewegte sich in dem Liegestuhl, stöhnte, weil er ganz steif war, rappelte sich hoch und trat an die Reling.
    Und spuckte prompt seinen gesamten Mageninhalt über Bord.
    Es war ein Fehler, sagte er entschuldigend zu sich selbst, als er den Niedergang hinuntertorkelte und in die Kajüte schwankte, dass er irgendwann im Verlauf der letzten beiden Tage zu trinken aufgehört hatte. Er beäugte die verbliebenen vollen Flaschen in der Kombüse und überlegte, ob er das Gleiche noch einmal von vorn durchexerzieren sollte. Einfach nur aus Spaß an der Freude.
    Aber irgendwie konnte er sich mit diesem Gedanken auch nicht mehr anfreunden als sein Magen. Also stieß er sich den Kopf, duschte sich den Gestank weg, rasierte seinen Zweitagebart ab und putzte sich den sauren Geschmack von den Zähnen.
    Und dachte die ganze Zeit über an Jillian.
    Würde er je aufhören, an Jillian zu denken?
    Mit mechanischen Bewegungen holte er die Hühnersuppe, die seine Mutter ihm gekocht hatte, aus dem Gefrierfach. Während sie in der Mikrowelle auftaute, kochte er Kaffee und zog sich an.
    Gegen Mittag hatte er das Essen und den Kaffee immer noch bei sich behalten, und während er seinen Riesenkater pflegte, dachte er über Smith nach, der jetzt im Gefängnis saß und sie nie wieder verwunden konnte.
    Smith. Es war so augenscheinlich. Und dennoch hatte er es übersehen.
    So augenscheinlich.
    Während er sich an der Reling des Achterdecks mit weiterem Kaffee stärkte, wurde ihm bewusst, dass ihn irgendwann im Verlauf seiner Sauforgie und dem anschließenden morgendlichen Fischefüttern etwas zu stören begonnen hatte.
    Etwas stimmte nicht. Etwas an Smith. Etwas passte einfach nicht.
    Sein Bauch – jedenfalls das, was noch übrig war – sagte ihm, dass mehr dahinter steckte. An dem Abend im Breakers, nachdem Smith Jillian angegriffen hatte, hätte er ihn befragen sollen. Aber bei ihm waren an dem Abend einige Zylinder ausgefallen, und er war nur mit halber Kraft gelaufen, eigentlich genau wie jetzt. Er hatte nur an Jillian denken können. An das Blut. Du lieber Himmel, das Blut.
    Er schüttelte die Erinnerung ab. Riss sich zusammen. Und spulte in der Erinnerung noch einmal zurück zu den verschiedenen Ereignissen, die vor der Attacke stattgefunden hatten. Er konnte es zwar nicht exakt bestimmen, aber außer den Nachwirkungen des Alkohols, mit dem er sich voll gedröhnt hatte, nagte noch etwas an ihm.
    Persönlich. Von Anfang an hatte er die Drohungen als etwas Persönliches betrachtet. Nachrichten auf Jillians Privattelefon – eine nicht eingetragene Nummer. Nachrichten in ihrer E-Mail – wieder musste es jemand aus ihrer nahen Umgebung sein, der ihre Adresse kannte. Und die Kinderreime. Wie zum Teufel passten die? Und wie passten sie zu Smith?
    Je länger er darüber nachdachte, desto mehr Fragen hatte er. Smith lebte in einem Loch von einem Motel. Hatte keinen Computer. Nur wenig Geld. Noch weniger Möglichkeiten. Mit dem, was er aus Jillians abgetippten Interviews und den Videos wusste, konnte der Kerl nicht mal einen Bibliotheksausweis kriegen. Seine Zugangsmöglichkeit zu einem Computer und einem Drucker war so gut wie gar nicht gegeben.
    Und woher wusste er immer, wo sie sich aufhielt – wie zum Beispiel bei der Pressekonferenz des Polizeichefs und im Mar-A-Lago?
    Nolan spürte, dass sich sein Pulsschlag beschleunigte. Persönlich. Er kam immer wieder darauf zurück. Von Anfang an hatte er geglaubt – zum Teufel, er hatte gewusst, dass diese Angriffe persönlicher Natur waren. Ihr Penthouse, das sie so liebevoll wieder neu eingerichtet und verschönert hatte, war zerstört worden. Ihre

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