Werke
die quer durch das Herzogtum gingen. Er hieß Slawnik. Vor ihm waren schon viele Slawnik. Als seit dem Heile der Welt noch nicht das tausendste Jahr angebrochen war, wurde ein Sohn von ihm, der Woytech hieß, Bischof von Prag. Er war in der Reihe der Bischöfe der zweite, und nannte sich Adalbert. Cosmas lobt ihn, und hat von ihm auf das Pergament geschrieben, daß er reich an Geburt war, schön an Gestalt, leutselig an Benehmen, geistlich im Wandel, und daß er von allen geliebt wurde. Und da lebte auch vor alten Zeiten ein Mann namens Wrs, von dem die Wrse stammten. Da geschah es einmal, daß das Weib eines Wrsen im Ehebruche gefunden wurde. Es war eine Sitte, daß das Weib, das sich dessen schuldig gemacht, von der Hand des Gatten sterben sollte. Sie floh aber zu Adalbert, und gelobte Buße, und daß sie Buße tun könnte, sandte sie Adalbert zu den Frauen des heiligen Georg. Die Wrse rannten zu Adalbert, und suchten das Weib. Da sie es nicht fanden, schmähten sie Adalbert als Verbrecher und Beschützer des Ehebruches. Er aber sagte: ›Nicht den Ehebruch schütze ich, sondern einen schrecklichen Brauch hindere ich, der gegen das Christentum ist, das nicht den Tod des Sünders will, sondern, daß er sich bessere‹, da sprang das Haupt der Wrse zu Adalbert, und rief: ›Dich will ich nicht töten, daß du nicht ein Märtyrer wirst, aber deinen Brüdern und deinem Hause will ich es gedenken bis in das letzte Glied.‹ Dann liefen sie fort, und als man ihnen den Aufenthalt der Schuldigen verraten hatte, drängten sie das Kloster, bis ihnen die Frau herausgegeben wurde. Und als ihr Ehegatte sich entsetzte, sie zu töten, ließen ihr die Wrse durch einen gemeinen Dienerden Kopf abschlagen. Adalbert zürnte, weinte, verfluchte die Wrse, verließ sogleich Prag, und eilte nach Rom. Die Wrse begannen die Fehde gegen die Brüder Adalberts, deren noch fünf im Lande waren, das ungeteilte Erbe Slawniks besaßen, und in der Burg Libic hausten. Der Kampf dauerte lange, er ruhte, er fing wieder an, ruhte wieder, und begann wieder, und da die Slawnike alles bis auf Libic verloren hatten, wurde auch Libic belagert. Anastasius der Abt von Brewnow, der ein Freund des Geschlechtes der Slawnike war, befand sich in der Burg, und riet, als die tapfere Gegenwehr vergeblich war, sie sollen sich in die Kirche flüchten. Alle Nachkommen Slawniks gingen in die Kirche und zu dem Altare, und da die Wrse in die Burg kamen, und die Flüchtigen aus der Kirche durch Versprechungen gelockt hatten, ermordeten sie alle ohne Unterschied, Männer, Weiber, Kinder und Jungfrauen. Was sie von Dienern und Mannen der Ermordeten in der Burg fanden, führten sie in die Leibeigenschaft ab. Der Abt Anastasius floh nach Ungarn, und ist nie wieder zurückgekehrt. Die Wrse nahmen die Güter der Slawnike, und das Haupt derselben wohnte nun öfter in Libic. Drei der Slawnike waren dem Untergange ihres Geschlechtes entronnen: Adalbert, welcher in Rom war, Radim, sein jüngster Bruder, welcher ihn begleitet hatte, und Sobebor, der älteste, welcher, da einmal die Fehde ruhte,in einem böhmischen Heere mit dem Kaiser Otto gegen die mitternächtlichen Slawen gezogen war, den polnischen König Boleslaw kennen gelernt, in Polen geblieben war, und dort Besitz und Ansehen erworben hatte. Aber das Geschlecht erhob sich nie wieder, und blieb erloschen.«
»Und warum haben denn die Herzoge solches nicht gewehrt?« fragte Witiko.
»Ja, da war ein Prinz«, antwortete der Scharlachreiter, »der Boleslaw Rothaar hieß, und der mit seinem ganzen Anhange die Wrse begünstigte, und sogar mit ihnen gegen die Slawnike kämpfte. Und als er den Herzogstuhl bestiegen hatte, gab er einem Wrsen seine Tochter zum Weibe, und die Wrse waren die Nächsten an ihm. Aber Boleslaw verlor alle Nebenländer des Reiches, und war wütig gegen Hohe und Niedere. Da brach die Empörung aus, und die Wrse waren die ersten gegen ihn. Er mußte entfliehen. Dann kam er wieder zur Macht, und lud in der Fastnacht, in der alle sich erlustigten, die vornehmsten Männer des Landes und auch Wrse zu sich, und da er sie durch Freundlichkeit getäuscht hatte, überfiel er sie mit seinen Häschern, stieß seinem Schwiegersohne zuerst selber den Dolch in den Leib, und tötete alle, die er fürchtete. Er wurde aber noch in dem nämlichen Monate von dem polnischen Herzoge Boleslaw geblendet, und starb nach Jahren unbeklagt in einer entfernten polnischen Burg. Als der Herzog Wratislaw als König in diesem Lande
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