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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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bestellt haben möge. Aber selbst ohne diesen Reiz hat das Sammeln etwas sehr Einnehmendes. Ich habe meine Marmore alle selber in den Gebirgen gesammelt, und habe ihren Bruch aus den Felsen, ihr Absägen, ihr Schleifen und ihre Einfügungen geleitet. Die Arbeit hat mir manche Freude gebracht, und ich glaube, daß mir nur darum diese Steine so lieb sind, weil ich sie selber gesucht habe.«
    »Habt Ihr alle Arten unsers Gebirges?« fragte ich.
    »Ich habe nicht alle,« antwortete er, »ich hätte sie vielleicht nach und nach erhalten können, wenn ich meine Besuche stettig hätte fortsetzen können. Aber seit ich alt werde, wird es mir immer schwieriger. Wenn ich jetzt zu seltnen Zeiten einmal an den Rand des Simmeises hinaufkomme, empfinde ich, daß es nicht mehr ist wie in der Jugend, wo man keine Grenze kennt als das Ende des Tages oder die bare Unmöglichkeit. Weil ich nun nicht mehr so große Strecken durchreisen kann, um etwa Marmor, der mir noch fehlt, in Blöcken aufzusuchen, so wird die Ausbeute immer geringer; sie wird auch aus dem Grunde geringer, weil ich bereits so viel habe, und die Stellen also seltener sind, wo ich ein noch Fehlendes finde. Da ich allen Marmor selber gesammelt habe, so kann ich wohl auch kein Stück an meinem Hause anbringen, das mir von fremder Hand käme.«
    »Ihr habt also wahrscheinlich das Haus selber gebaut, oder es sehr umgestaltet?« fragte ich.
    »Ich habe es selber gebaut«, antwortete er. »Das Wohnhaus, welches zu den umliegenden Gründen gehört, war früher der Meierhof, an dem Ihr gestern, da wir auf dem Bänkchen der Felderrast saßen, Leute Gras mähen gesehen habt. Ich habe ihn von dem früheren Besitzer samt allen Ländereien, die dazu gehören, gekauft, habe das Haus auf dem Hügel gebaut, und habe den Meierhof zum Wirtschaftsgebäude bestimmt.«
    »Aber den Garten könnt Ihr doch unmöglich neu angelegt haben?«
    »Das ist eine eigene Entstehungsgeschichte«, erwiderte er. »Ich muß sagen: ich habe ihn neu angelegt, und ich muß sagen: ich habe ihn nicht neu angelegt. Ich habe mir mein Wohnhaus für den Rest meiner Tage auf einen Platz gebaut, der mir entsprechend schien. Der Meierhof stand in dem Tale, wie meistens die Gebäude dieser Art, damit sie das fette Gras, das man häufig in den Wirtschaften braucht, um das Gehöfte herum haben; ich wollte aber mit meiner Wohnung auf die Anhöhe. Da sie nun fertig war, sollte der Garten, der an dem Meierhofe stand und nur mit vereinzelten Bäumen oder mit Gruppen von ihnen zu mir langte, heraufgezogen werden. Die Linde, unter welcher wir jetzt sitzen, so wie ihre Kameraden, die um sie herum stehen oder einen Gartenweg bilden, stehen da, wo sie gestanden sind. Der große alte Kirschbaum auf der Anhöhe stand mitten im Getreide. Ich zog die Anhöhe zu meinem Garten, legte einen Weg zu dem Kirschbaume hinauf an, und baute um ihn ein Bänklein herum. Und so ging es mit vielen andern Bäumen. Manche, und darunter sehr bedeutende, daß man es nicht glauben sollte, haben wir übersetzt. Wir haben sie im Winter mit einem großen Erdballen ausgegraben, sie mit Anwendung von Seilen umgelegt, hieher geführt, und mit Hilfe von Hebeln und Balken in die vorgerichteten, gut zubereiteten Gruben gesenkt. Waren die Zweige und Äste gehörig gekürzt, so schlugen sie im Frühlinge desto kräftiger an, gleichsam als wären die Bäume zu neuem Leben erwacht. Die Gesträuche und das Zwergobst ist alles neu gesetzt worden. In kürzerer Zeit, als man glauben sollte, hatten wir die Freude, zu sehen, daß der Garten so zusammengewachsen erschien, als wäre er nie an einem andern Platze gewesen. In der Nähe des Meierhofes habe ich manchen Rest von Bäumen fällen lassen, wenn er dem Getreidebau hinderlich war; denn ich legte dort Felder an, wo ich die Bäume genommen hatte, um an Boden auf jener Seite zu gewinnen, was ich auf dieser durch Anlegung des Gartens verloren hatte.«
    »Ihr habt da einen reizenden Sitz«, bemerkte ich.
    »Nicht der Sitz allein, das ganze Land ist reizend,« erwiderte er, »und es ist gut da wohnen, wenn man von den Menschen kömmt, wo sie ein wenig zu dicht an einander sind, und wenn man für die Kräfte seines Wesens Tätigkeit mitbringt. Zuweilen muß man auch einen Blick in sich selbst tun. Doch soll man nicht stettig mit sich allein auch in dem schönsten Lande sein; man muß zu Zeiten wieder zu seiner Gesellschaft zurückkehren, wäre es auch nur, um sich an mancher glänzenden Menschentrümmer, die aus unsrer

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