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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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Mal, daß ich mich irre, wenn der äußere Anschein gegen mich ist, wie oft sie auch durch den Erfolg belehrt worden sein mögen. Und so werden sie gewiß auch gestern geglaubt haben, daß Regen komme. Sie begossen die Gewächse, weil ich es angeordnet habe, und weil es bei uns eingeführt ist, daß der, welcher wiederholt den Anordnungen nicht nachkömmt, des Dienstes entlassen wird. Es sind aber endlich auch noch andere Dinge außer den Tieren, welche das Wetter vorhersagen, nämlich die Pflanzen.«

    »Von den Pflanzen wußte ich es schon, und zwar besser als von den Tieren«, erwiderte ich.
    »In meinem Garten und in meinem Gewächshause sind Pflanzen,« sagte er, »welche einen auffallenden Zusammenhang mit dem Luftkreise zeigen, besonders gegen das Nahen der Sonne, wenn sie lange in Wolken gewesen war. Aus dem Geruche der Blumen kann man dem kommenden Regen entgegen sehen, ja sogar aus dem Grase riecht man ihn beinahe. Mir kommen diese Dinge so zufällig in den Garten und in das Haus; Ihr aber werdet sie weit besser und weit gründlicher kennen lernen, wenn Ihr die Wege der neuen Wissenschaftlichkeit wandelt und die Hilfsmittel benützt, die es jetzt gibt, besonders die Rechnung. Wenn Ihr namentlich eine einzelne Richtung einschlagt, so werdet Ihr in derselben ungewöhnlich große Fortschritte machen.«
    »Woher schließt Ihr denn das?« fragte ich.
    »Aus Eurem Aussehen,« erwiderte er, »und schon aus der sehr bestimmten Aussage, die Ihr gestern in Hinsicht des Wetters gemacht habt.«
    »Diese Aussage war aber falsch,« antwortete ich, »und aus ihr hättet Ihr gerade das Gegenteil schließen können.«
    »Nein, das nicht,« sagte er, »Eure Äußerung zeigte, weil sie so bestimmt war, daß Ihr den Gegenstand genau beobachtet habt, und weil sie so warm war, daß Ihr ihn mit Liebe und mit Eifer umfaßt; daß Eure Meinung desohngeachtet irrig war, kam nur daher, weil Ihr einen Umstand, der auf sie Einfluß hatte, nicht kanntet, und ihn auch nicht leicht kennen konntet; sonst würdet Ihr anders geurteilt haben.«
    »Ja, Ihr redet wahr, ich würde anders geurteilt haben,« antwortete ich, »und ich werde nicht wieder so voreilig urteilen.«
    »Ihr habt gestern gesagt, daß Ihr Euch mit Naturdingen beschäftiget,« fuhr er fort, »darf ich wohl fragen, ob Ihr eine bestimmte Richtung gewählt habt, und welche?«
    Ich war durch die Frage ein wenig in Verwirrung gebracht, und antwortete: »Ich bin doch im Grunde nur ein gewöhnlicher Fußreisender. Ich besitze gerade so viel Vermögen, um unabhängig leben zu können, und gehe in der Welt herum, um sie anzusehen. Ich habe wohl vor kurzem alle Wissenschaften angefangen; aber davon bin ich zurückgekommen, und habe mir nur hauptsächlich die einzelne Wissenschaft der Erdbildung zur Aufgabe gemacht. Um die Werke, welche ich hierin lese, zu ergänzen, suche ich auf den Reisen, die ich in verschiedene Landesteile mache, zu beobachten, schreibe meine Erfahrungen auf, und verfertige Zeichnungen. Da die Werke vorzüglich von Gebirgen handeln, so suche ich auch vorzüglich die Gebirge auf. Sie enthalten sonst auch vieles, das mir lieb ist.«
    »Diese Wissenschaft ist eine sehr weite,« entgegnete mein Gastfreund, »wenn sie in der Bedeutung der Erdgeschichte genommen wird. Sie schließt manche Wissenschaften ein, und setzt manche voraus. Die Berge sind wohl jetzt, wo diese Wissenschaft noch jung ist, und wo man ihre ersten und greifbarsten Züge sammelt, von der größten Bedeutung; aber es wird auch die Ebene an die Reihe kommen, und ihre einfache und schwerer zu entziffernde Frage wird gewiß nicht von geringerer Wichtigkeit sein.« »Sie wird gewiß wichtig sein«, antwortete ich. »Ich habe die Ebene und ihre Sprache, die sie damals zu mir sprach, schon geliebt, ehe ich meine jetzige Aufgabe betrieb, und ehe ich die Gebirge kannte.«
    »Ich glaube,« entgegnete mein Begleiter, »daß in der gegenwärtigen Zeit der Standpunkt der Wissenschaft, von welcher wir sprechen, der des Sammelns ist. Entfernte Zeiten werden aus dem Stoffe etwas bauen, das wir noch nicht kennen. Das Sammeln geht der Wissenschaft immer voraus; das ist nicht merkwürdig; denn das Sammeln muß ja vor der Wissenschaft sein; aber das ist merkwürdig, daß der Drang des Sammelns in die Geister kömmt, wenn eine Wissenschaft erscheinen soll, wenn sie auch noch nicht wissen, was diese Wissenschaft enthalten wird. Es geht gleichsam der Reiz der Ahnung in die Herzen, wozu etwas da sein könne, und wozu es Gott

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