Werke
hatte, kniete Ademar von Monteil, der Bischof von Puy, vor ihm nieder, und bat, daß er bei dem heiligen Zuge sein dürfe, dann kniete Wilhelm, der Bischof von Orange, nieder, und bat auch so, und dann knieten viele, und baten, und die meisten der Versammelten riefen auf, und gelobten den Zug. Man riß plötzlich, wo irgend ein rotes Tuch oder rote Seide oder rotes Linnen auf einem Kleide war, dasselbeherab, und schnitt Kreuze daraus, und heftete sich die Kreuze auf die Schultern. Alte Männer, welche zu jener Zeit gelebt haben, erzählen, daß sich die Kunde von dem, was zu Clermont geschehen ist, in allen Ländern der Christenheit zu der gleichen Zeit verbreitet hat. Die Bischöfe und die Priester predigten nun das Kreuz, und die Pilger riefen zum Zuge. Der Mann trennte sich von dem Weibe, das Weib von dem Manne, die Eltern von den Kindern, die Kinder von den Eltern, der Bruder von der Schwester, die Schwester von dem Bruder, der Landmann vergaß den Acker, der Hirt die Herde, Mönche und Nonnen verließen ihre Zellen, und alle, Männer und Weiber, Hohe und Niedere wollten nicht ausgeschlossen sein von der Wanderung der Völker nach dem Heiligen Lande. Es war nicht mehr Frist, das auszuschließen, was nicht tauglich war, und wie ein brausendes Gewässer lief alles vorwärts. Unzählbare Menschen zogen sogleich mit dem Ritter Walter und mit dem Einsiedler Peter dahin; aber sie gingen zu Grunde. Dann zogen andere mit dem Grafen Emiko; aber sie gingen auch zu Grunde. Da zog der edle Herzog von Lothringen, Gottfried von Bouillon mit Ratschluß und Besinnung aus. Es zogen mit ihm seine Brüder Balduin und Eustathius. Es zogen mit ihm Robert, der Graf von der Normandie, der Bruder des Königs von England, dann Robert, der Graf von Flandern, es zogen mit ihmHugo, der Graf von Vermandois, der Bruder des Königs von Frankreich, dann der Graf Stephan von Blois, der Burgen hatte, wie Tage im Jahre sind, dann Raimund, der Graf von Toulouse, welcher der reichste unter den Rittern war, dann Boemund, der Sohn des Normannen Robert Guiskard, der Enkel des Mannes Tankred, und mit ihm war sein Neffe Tankred, der in jungen Jahren schon hohes Lob gewonnen hatte, es zog mit ihm noch eine große Zahl von Herren, Rittern und Edlen. Sie gingen durch das Land Ungarn und durch das Reich der Griechen, und waren, als sie auf den Boden des Erdteiles Asien stiegen, eine halbe Million und hunderttausend Menschen. Darunter waren dreihunderttausend gewappnete Fußgänger und hunderttausend Reiter. Sie gingen in dem Erdteile Asien vorwärts, und waren Leute aller Zungen und Völker. Sie litten durch Hunger und Durst, durch Feinde und Zank, durch Krankheit und Erschöpfung, durch Kämpfe und Aufenthalt, weil sie nicht ganz reinen Herzens waren. Und als sie sich gereiniget hatten, eroberten sie Nicäa, Edessa, und Antiochia, und am sechsten Tage des Brachmonates des Jahres 1099 hatten sie die Gnade, Jerusalem zu sehen. Sie fielen auf die Knie, sangen Loblieder, und weinten vor Freude. Dann näherten sie sich der Stadt, und rüsteten sich zur Belagerung, und am neununddreißigsten Tage nach ihrer Ankunft, am fünfzehnten des Heumonateserstiegen sie im Sturme die Stadt Jerusalem. Alle hatten die größte Anstrengung erwiesen, und man hatte diejenigen, welche auf dem Zuge gestorben waren, wieder unter den Kämpfern erblickt. Sie küßten den Erdboden, berührten alles mit ihren Händen, feierten in der heiligen Kirche den Gottesdienst, taten Buße, und gelobten mit lauter Stimme Besserung. Dann errichteten sie, da sie riefen: Gott will es, ein christliches Reich, und erwählten Gottfried zum ersten Könige von Jerusalem. Dieses ist im dritten Jahre, nachdem sie die Heimat verlassen hatten, geschehen. Siehe, mein Bruder Zdik, das ist das Wunder, das von Gott durch gebrechliche Menschen gewirkt worden ist, wie du gesagt hast. Es ist nichts Größeres seit dem Leben und Sterben des Heilandes auf der Welt gewesen. Eine Freude war in der ganzen Christenheit.«
»Es ist nichts Größeres gewesen«, sagte Zdik, »und ich halte es mir immer vor die Seele.«
»Aber die Menschen in Jerusalem sind nicht fortan reinen Herzens geblieben«, erwiderte der Bischof Regimbert.
»Nein, sie sind nicht reinen Herzens geblieben«, sagte Zdik, »und ich habe es selber in Jerusalem gesehen, daß sie nicht solchen Herzens geblieben sind.«
»Darum mußte auch wieder die Heimsuchung kommen«, antwortete Regimbert. »Der fromme König Gottfried hat nur kurz geherrscht. Dann
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