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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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Wollzeile viele Schranken. An den Schranken wurde ein Gerüste mit Sitzen und Söllern gezimmert, und noch andere Gerüste wurden herum errichtet. Über die Gerüste wurden kostbare Tücher gebreitet, und über die Söller seidene Dächer gespannt. An dem Tage des Festes saßen der Markgraf und die Markgräfin auf dem höchsten Söller unter dem seidenen Dache, und auf den andern Söllern und Sitzen saßen die Herren und Frauen des Hofes und die hohen Männer und Frauen des Landes, und Ritter und Ritterfrauen und Jungfrauen. Außerhalb der Schranken war viel Volk. Auf einem sehr schön gezierten Gerüste erhoben Ritter in prächtigen Gewändern ihre Stimme zum Gesange, und übten die Fiedel. Der Ritter vom Kürenberge und Heinrich von Oftering waren unter den Männern. Hierauf wurden die Preise in Gold und in Seide und in Kleinodien ausgeteilt. Dann ritten die Männer zum Turniere. Witiko ritt auf seinem grauen Pferde und einem schönen Sattel, dessen Schemel Goldränder hatten, in die Schranken. Er trug einen Ringpanzer, einen Helm mit goldenen Zierden und an dem Arme einen weißen Schild, darauf eine Waldrose war, die fünf Blätter und die dunkelrote Farbe hatte. Er erstritt sich den Preis einer Binde aus Goldstoff mit edlen Steinen. Die Markgräfin reichte ihm die Binde. Der Ritter vom Kürenberge, Heinrich von Oftering, Wolftrigil von Stein, Udalrich von Marbach, Werinhard von Brun, Chunrad von Asparn und Erchambert von Mosebach erhielten Preise. Thiemo von der Aue ritt auf einem weißen Pferde in die Schranken. Er hatte eine weiße und eine grüne und eine rote Feder auf dem Helme. Sein Harnisch glänzte silbern, die Beinschienen waren blau und der Schild gelb. Über den Harnisch trug er eine veilchenblaue Schärpe, welches die Farbe des Fräuleins von Hartheim war. Er legte drei Ritter in den Sand, erhielt einen kostbaren Preis, und ritt zu den jungen Männern zurück, bei denen er seinen Stand hatte. Das Volk erhob großen Jubel über die Spiele, Zinken und Pfeifen ertönten zu Zeiten, und helle Rufe stiegen empor, da der Markgraf, die Markgräfinund die Herren und Ritter und die Frauen und Jungfrauen in die Stadt zurückkehrten.
    Als dreiunddreißig Tage vergangen waren, als Witiko und seine Mutter über alles geredet hatten, was sie im Sinne und Gedanken trugen, und als sie sich geeint hatten, was in ihrem Eigentume noch geschehen solle, rüstete sich Witiko zur Fortreise. Er ging zur Markgräfin Agnes, den Abschiedsdank zu sagen. Sie sprach zu ihm: »Witiko, ziehe mit Gottes Gnade, und bleibe gut. Denke an uns, und denke auch an meinen Vater, und bete einmal für ihn. Er ist schön an Gestalt gewesen, sein Geist hat viele Gaben gehabt, von seinen Lippen sind demütige Worte gegangen, und er hat so Herbes erdulden müssen.«
    »Ich werde an Euch und an Euern Vater und an alle hier gedenken, und mein Gebet für sie zu Gott richten«, antwortete Witiko.
    Sie gab ihm ein leuchtendes Gewand und eine schöne Helmzier zum Geschenke.
    Dann verabschiedete er sich von seiner Mutter. Sie gab ihm ein Sammetbeutelchen mit so viel Gold, als sie vermochte. Er nahm es im Danke an.
    Dann verabschiedete er sich von den Herren und Frauen der Burg.
    Dann sagte er Lutgart, dem Mädchen seiner Mutter, einen Scheidegruß.
    Dann ordnete er seine Habe, übergab sie Säumern, und ritt mit Raimund in die Stadt Wien.
    Dort verabschiedete er sich von allen seinen neuen Genossen, und noch besonders von dem Ritter vom Kürenberge, von Heinrich von Oftering und von Werinhard von Brun.
    Dann ritt er mit Raimund aus der Stadt Wien über die lange Donaubrücke hinaus, und schlug den Weg nach dem oberen Plane ein.

3
    Mit Waldschäften.
     
    Witiko ritt mit Raimund über die große Ebene, welche in Mitternacht der Stadt Wien an dem linken Ufer der Donau liegt. Er ritt einen Tag lang dem Wasser der Donau entgegen. Am Morgen des zweiten Tages ritt er über eine Anhöhe hinan, auf welcher dann das Waldland begann. Er ritt durch Gebiete der Herren von Chunring, durch die Stadt Horn, und übernachtete in einer Herberge des Waldes. Am dritten Tage ritt er über Hügel, durch Täler, an Büschen, Hütten und Gehöften vorüber, und kam darauf in den dichteren Wald, in dem größere und mächtigere Bäume standen. Am vierten Tage gelangte er in die krumme Au. Am fünften Tage ritt er an dem Turme Rownos vorüber, dann zwischen den Häusern von Horec hindurch, und kam am Mittage in dem oberen Plane an.
    Er ritt in den Hof des steinernen Hauses, und

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