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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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Leben, sei es Begebenheit oder Tat, noch so ungeheuer im ersten Augenblick erscheinend, sehr bald Glanz und Farbe verliert, so geschah es auch, daß das, was in der Residenz und vorzüglich am Hofe Schauer und Entsetzen erregt hatte, herabsank bis zur ärgerlichen Klatscherei. Jene Hypothese, daß Aureliens entflohener Bräutigam Graf Viktorin gewesen, brachte die Geschichte der Italienerin in frisches Andenken, selbst die früher nicht Unterrichteten wurden von denen, die nun nicht mehr schweigen zu dürfen glaubten, aufgeklärt, und jeder, der den Medardus gesehen, fand es natürlich, daß seine Gesichtszüge vollkommen denen des Grafen Viktorin glichen, da sie Söhne eines Vaters waren. Der Leibarzt war überzeugt, daß die Sache sich so verhalten mußte, und sprach zum Fürsten: ›Wir wollen froh sein, gnädigster Herr, daß beide unheimliche Gesellen fort sind, und es bei der ersten vergeblich gebliebenen Verfolgung bewenden lassen.‹ – Dieser Meinung trat der Fürst aus dem Grunde seines Herzens bei, denn er fühlte wohl, wie der doppelte Medardus ihn von einem Mißgriff zum andern verleitet hatte. ›Die Sache wird geheimnisvoll bleiben‹, sagte der Fürst, ›wir wollen nicht mehr an dem Schleier zupfen, den ein wunderbares Geschick wohltätig darüber geworfen hat.‹ – Nur Aurelie...«- »Aurelie,« unterbrach ich den Prior mit Heftigkeit, »um Gott, mein ehrwürdiger Vater, sagt mir, wie ward es mit Aurelien?« – »Ei, Bruder Medardus,« sprach der Prior sanft lächelnd, »noch ist das gefährliche Feuer in deinem Innern nicht verdampft? – noch lodert die Flamme empor bei leiser Berührung? – So bist du noch nicht frei von den sündlichen Trieben, denen du dich hingabst. – Und ich soll der Wahrheit deiner Buße trauen; ich soll überzeugt sein, daß der Geist der Lüge dich ganz verlassen? – Wisse, Medardus, daß ich deine Reue für wahrhaft nur dann anerkennen würde, wenn du jene Frevel, deren du dich anklagst, wirklich begingst. Denn nur in diesem Fall könnt’ ich glauben, daß jene Untaten so dein Inneres zerrütteten, daß du, meiner Lehren, alles dessen, was ich dir über äußere und innere Buße sagte, uneingedenk, wie der Schiffbrüchige nach dem leichten unsichern Brett, nach jenen trügerischen Mitteln, dein Verbrechen zu sühnen, haschtest, die dich nicht allein einem verworfenen Papst, sondern jedem wahrhaft frommen Mann als einen eitlen Gaukler erscheinen ließen. – Sage, Medardus, war deine Andacht, deine Erhebung zu der ewigen Macht ganz makellos, wenn du Aurelien gedenken mußtest?« – Ich schlug, im Innern vernichtet, die Augen nieder. – »Du bist aufrichtig, Medardus,« fuhr der Prior fort, »dein Schweigen sagt mir alles. – Ich wußte mit der vollsten Überzeugung, daß du es warst, der in der Residenz die Rolle eines polnischen Edelmanns spielte und die Baronesse Aurelie heiraten wollte. Ich hatte den Weg, den du genommen, ziemlich genau verfolgt, ein seltsamer Mensch (er nannte sich den Haarkünstler Belcampo), den du zuletzt in Rom sahst, gab mir Nachrichten; ich war überzeugt, daß du auf verruchte Weise Hermogen und Euphemien mordetest, und um so gräßlicher war es mir, daß du Aurelien so in Teufelsbanden verstricken wolltest. Ich hätte dich verderben können, doch weit entfernt, mich zum Rächeramt erkoren zu glauben, überließ ich dich und dein Schicksal der ewigen Macht des Himmels. Du bist erhalten worden auf wunderbare Weise, und schon dieses überzeugt mich, daß dein irdischer Untergang noch nicht beschlossen war. – Höre, welches besonderen Umstandes halber ich später glauben mußte, daß es in der Tat Graf Viktorin war, der als Kapuziner auf dem Schlosse des Barons von F. erschien! – Nicht gar zu lange ist es her, als Bruder Sebastianus, der Pförtner, durch ein Ächzen und Stöhnen, das den Seufzern eines Sterbenden glich, geweckt wurde. Der Morgen war schon angebrochen, er stand auf, öffnete die Klosterpforte und fand einen Menschen, der dicht vor derselben, halb erstarrt vor Kälte, lag und mühsam die Worte herausbrachte, er sei Medardus, der aus unserm Kloster entflohene Mönch. – Sebastianus meldete mir ganz erschrocken, was sich unten zugetragen; ich stieg mit den Brüdern hinab, wir brachten den ohnmächtigen Mann in das Refektorium. Trotz des bis zum Grausen entstellten Gesichts des Mannes glaubten wir doch deine Züge zu erkennen, und mehrere meinten, daß wohl nur die veränderte Tracht den wohlbekannten Medardus so

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