Werke
innerste, heiligste Gemach im Tempel zu Sais, und da er sich als mein Schüler willig unter meiner Zuchtrute schmiegte, hielt ich es für billig, ihm manches unschuldige Spielzeug anzuvertrauen, das er triumphierend den Knaben vorwies und recht groß tat mit der Liebe des Meisters. – Als ich seinen Bitten nachgab und ihn auf seines Vaters Gut begleitete, fand ich in dem Baron, seinem Vater, einen störrischen Alten, umgeben von einem wunderlichen humoristischen alten Maler, der manchmal den weinerlichen moralischen Pagliasso macht. – Was ich Dir über den Eindruck, den Marie auf mich machte, früher gesagt habe, weiß ich nicht mehr; aber ich fühle es in diesem Augenblick, daß es schwer sein wird, mich so darüber auszusprechen, daß ich von Dir ganz verstanden werde. – In Wahrheit, ich muß mich darauf beziehen, daß Du mich kennst, ja daß Du von jeher mein ganzes Tun und Treiben in den höheren Tendenzen, die dem Volke ewig verschlossen, begriffen. Du bist daher überzeugt, daß eine schlanke Gestalt, die wie eine herrliche Pflanze, in zartem Wuchs üppige Blätter und Blüten treibend, aufgeschossen; ein blaues Auge, das emporblickend sich nach dem zu sehnen scheint, was die fernen Wolken verschleiern, – kurz, daß ein engelschönes Mädchen mich nicht in den süßlich schmachtenden Zustand des lächerlichen Amoroso versetzen kann. – Es war einzig und allein die augenblickliche Erkenntnis der geheimen geistigen Beziehung zwischen Marien und mir, die mich mit dem wunderbarsten Gefühl durchbebte. Der innigsten Wonne mischte sich ein schneidender, stechender Grimm bei, den die Opposition in Marien erzeugte – eine fremde feindliche Kraft widerstrebte meiner Einwirkung und hielt Mariens Geist befangen. Mit ganzer Macht meinen Geist darauf fixierend, wurde ich den Feind gewahr, und in vollem Kampf suchte ich alle Strahlen, die aus Mariens Innern mir zuströmten, wie in einem Brennspiegel aufzufangen. Der alte Maler beachtete mich mehr als die übrigen es taten; er schien die innere Spannung, die Marie in mir hervorgebracht, zu ahnen. Vielleicht war es mein Blick, der mich verriet, denn so zwängt der Körper den Geist ja ein, daß die leiseste seiner Bewegungen in den Nerven oszillierend nach außen wirkt und die Gesichtszüge – wenigstens den Blick des Auges verändert. Wie ergötzte es mich aber, daß er die Sache so gemein nahm; er sprach unaufhörlich von dem Grafen Hypolit, Mariens verlobtem Bräutigam, und daß er die bunte Musterkarte von allen seinen Tugenden recht mit Behagen vor mir ausbreitete, diente mir nur dazu, die läppischen Verhältnisse, welche die Menschen in einfältiger kindischer Tätigkeit anknüpfen, im Innersten zu belachen und mich meiner tiefern Erkenntnis jener Verbindungen, die die Natur knüpft, und der Kraft, diese zu hegen und zu pflegen, zu erfreuen. – – Marien ganz in mein Selbst zu ziehen, ihre ganze Existenz, ihr Sein so in dem meinigen zu verweben, daß die Trennung davon sie vernichten muß, das war der Gedanke, der, mich hoch beseligend, nur die Erfüllung dessen aussprach, was die Natur wollte. Diese innigste geistige Verbindung mit dem Weibe, im Seligkeitsgefühl jeden andern, als den höchsten ausgeschrieenen tierischen Genuß himmelhoch überflügelnd, ziemt dem Priester der Isis, und Du kennst mein System in diesem Punkt, ich darf nichts weiter darüber sagen. Die Natur organisierte das Weib in allen seinen Tendenzen passiv. – Es ist das willige Hingeben, das begierige Auffassen des Fremden, außerhalb Liegenden, das Anerkennen und Verehren des höheren Prinzips, worin das wahrhaft kindliche Gemüt besteht, das nur dem Weibe eigen und das ganz zu beherrschen, ganz in sich aufzunehmen, die höchste Wonne ist. – Von diesen Augenblicken an blieb ich, unerachtet ich mich wieder, wie Du weißt, von dem Gute des Barons entfernte, Marien geistig nah, und welcher Mittel ich mich bediente, insgeheim mich auch körperlich ihr zu nahen, um kräftiger zu wirken, mag ich Dir nicht sagen, da manches sich kleinlich ausnehmen würde, unerachtet es zu dem vorgesetzten Zweck führte. – Maria fiel bald darauf in einen phantastischen Zustand, den Ottmar natürlicherweise für eine Nervenkrankheit halten mußte, und ich kam wieder als Arzt in das Haus, wie ich es vorausgesehen. – Maria erkannte in mir den , der ihr schon oft in der Glorie der beherrschenden Macht als ihr Meister im Traume erschienen, und alles, was sie nur dunkel geahnet, sah sie nun hell und klar
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