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Wie man sie zum Schweigen bringt

Wie man sie zum Schweigen bringt

Titel: Wie man sie zum Schweigen bringt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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für eine Anklageerhebung aus, obwohl Rahnasto nach wie vor nichts zugab. Der Hausmeister der Schule in Suvela hatte sich inzwischen bei der Polizei gemeldet und gesagt, er habe Rahnasto und Väinölä vor knapp zwei Wochen auf dem Schulhof beobachtet.
    »Die Vorsitzende der Stadtverwaltung hat mir am Telefon gesagt, sie habe immer befürchtet, dass Rahnasto eines Tages zu weit geht. Sie will persönlich dafür sorgen, dass er sich aus der Politik zurückzieht - wenn er nicht freiwillig zurücktritt, wird er abgesetzt .  «
    »Einen Kameraden lässt man nicht im Stich - außer in einer politischen Notlage«, schnaubte ich. Ich hatte Taskinen noch nicht verziehen.
    »Komm morgen zum Kaffee nach oben«, bat er. »Du kannst wirklich stolz auf dich sein, denn du hast in allen Punkten Recht gehabt. Es ist Muukkonen und mir richtig peinlich, die Lorbeeren einzustreichen, die eigentlich du verdient hast .  «
    Ich sah keinen Anlass, stolz meine Federn zu spreizen. Puustjärvi war Marko Seppälä auf die Spur gekommen, und auch Suvi Seppälä, Eila Honkavuori und Kim Kajanus hatten zur Aufklärung der Fälle beigetragen. Und Mikke. Ohne das Eingreifen von Wang und Rasilainen hätte Väinölä kein Geständnis abgelegt. Ich hatte eigentlich gar nichts getan. Außerdem plagte mich etwas. Ich wurde das Gefühl nicht los, etwas Wichtiges vergessen zu haben.
    Am Freitagmorgen fühlte ich mich besser. Die Sonne schien seit Tagen ununterbrochen, die Erde und die Felsen hatten ihre Wärme bereits gespeichert. Ich drehte die letzten Heizkörper ab. Anttis Kollegen am Meteorologischen Institut hatten gemeint, das Meer würde nun auch rasch wärmer werden. Die Zeitungen brachten den Fall Rahnasto nach wie vor auf der ersten Seite. Ich war froh über jeden Bericht, in dem mein Name nicht erwähnt wurde.
    Mein Wagen hatte sich in der Sonne auf über vierzig Grad aufgeheizt, deshalb fuhr ich mit dem Rad zur Arbeit und war schneller am Ziel als mit dem Auto. Unterwegs sah ich drei verschiedene Schmetterlingsarten und einen Kleinspecht und sog den berauschenden Duft der jungen Kleeblumen ein. Es war Sommer. In bester Laune kettete ich mein Fahrrad an den Ständer und ging in mein Zimmer, um die vom Helm platt gedrückten Haare aufzubürsten und die Radlershorts mit einem Rock zu vertauschen. Verstieß es gegen die Etikette, ohne Strumpfhose zum Kaffee in die Chefetage zu gehen? Nein, entschied ich.
    Der Kaffeeraum war in Sonne gebadet, Ventilatoren kämpften gegen die Hitze an. Taskinen und der Leiter des Rauschgiftdezernats widmeten sich bereits den belegten Broten. Ich nahm ebenfalls eins, obwohl ich mit Iida Brei zum Frühstück gegessen hatte. Auch Laine schloss sich uns an, er hatte Segelschuhe an den Füßen, aber keine Socken. Es amüsierte mich, wie höflich alle zu mir waren. Ich war wieder »ein ganzer Kerl« oder »unser Mädchen«, dabei hätten alle Anwesenden es noch vor ein paar Tagen am liebsten gesehen, wenn ich Krankenurlaub eingereicht oder gekündigt hätte.
    »Ist für Rahnasto schon ein Haftbefehl ausgestellt? «, fragte ich Taskinen halblaut.
    »Ja, aber davon weiß bisher nur die Führungsriege. Mal sehen, wie sich die Dinge entwickeln. Offenbar haben wir, ohne es zu wollen, ein politisches Chaos ausgelöst .  «
    Kaartamo trug einen neuen hellblauen Sommeranzug und lächelte mir süßlich zu. »Maria, du hast sicher noch nicht gehört, dass du dir wegen Salo vorläufig keine Sorge mehr zu machen brauchst«, sagte er und legte mir väterlich die Hand auf die Schulter. »Salo hat einen Mithäftling schwer verletzt, der Mann hat einen schweren Hirnschaden erlitten, von dem er wohl nie genesen wird. Salo sitzt bis zum Prozess in einer Isolierzelle. Das Gefängnispersonal fordert seine Verlegung in eine Hochsicherheitsanstalt und wird sich damit vermutlich durchsetzen .  «
    Mir wurde schwarz vor den Augen. Ich hörte nur die wilden Schläge meines Herzens, das mir aus der Brust springen wollte. Nicht das. Bitte nein. Nicht Mikke.
    »Maria? « Taskinens Stimme kam von weither.
    »Weißt du den Namen des Opfers? «, fragte ich. Meine Stimme klang piepsend.
    »Irgendein Este, einer von Salos Vasallen .  «
    »Önnepalu? O Gott! « Ich beugte mich über den Tisch und schlug die Hände vors Gesicht. Zum Glück verstanden die anderen meine Reaktion falsch und versicherten mir, jetzt sei alles vorbei. Mir war zum Weinen. Nichts als Leichen, Beerdigungen, Körperverletzungen. Hochzeiten und Taufen wären mir lieber

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