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Wie viel Mensch braucht ein Hund: Tierisch menschliche Geschichten (German Edition)

Wie viel Mensch braucht ein Hund: Tierisch menschliche Geschichten (German Edition)

Titel: Wie viel Mensch braucht ein Hund: Tierisch menschliche Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Maja Nowak
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die Schultern. »Meine Frau und ich bekamen wirklich Schmerzen davon. Wenn Henry einen Hund sieht, können wir ihn gar nicht mehr halten. Deshalb können wir auch nicht mehr mit ihm spazieren gehen. Er ist jetzt nur noch im Garten. Wir wissen nicht, warum er plötzlich so ist, denn laut Aussage der Tierschützer führte er in Spanien auf der Straße lange Zeit ein ganzes Hunderudel.«
    Das Ehepaar blickt mich nach diesem Bericht erwartungsvoll an. Ich habe Mühe, mir nicht die Augen zu reiben vor Unglauben. Ein erwachsener Leithund, der mit seinem Rudel frei lebte, gewohnt, Entscheidungen zu treffen, für eine ganze Gruppe zu sorgen, wird von Tierschützern prophylaktisch »gerettet«. Für ein Leben in einem winzigen Gartengefängnis in Berlin-Grunewald. Langsam bekomme ich ein Gefühl für die Teilnahmslosigkeit, die von dem Hund ausging, als ich den Garten betrat. Vielleicht gibt es für ihn hier einfach nichts zu beschützen. Außer seiner eigenen inneren Welt.
    Ich schlucke meine aufsteigende Fassungslosigkeit über die Situation des Hundes hinunter. Ich spüre, dass das Ehepaar und ich in unseren Auffassungen über den Hund noch an ganz verschiedenen Haltestellen stehen und ich mich zuerst auf sie zubewegen muss, um ihnen auch meinen Eindruck nahebringen zu können.
    »Möchten Sie den Hund denn behalten?«, frage ich.
    »Natürlich. Er gehört ja uns«, platzt es ungehalten aus dem Mann heraus. »Er hat dreihundertfünfzig Euro gekostet, plus die Trainerkosten und den Tierarzt. Zusammen ist das mehr als ein Hund vom Züchter.« Er hebt bedeutungsvoll die Augenbrauen.
    »Wie sah das Training mit dem Vibrationshalsband denn aus?«, frage ich weiter.
    »Das kann ich Ihnen zeigen, wir haben das schon für Sie vorbereitet.« Der Mann springt auf, geht zu einem DVD-Player und legt eine Disc ein: »Wir haben das Training mit dem Trainer gefilmt, damit wir danach alles richtig machen.«
    »Wir haben es aber gar nicht mehr benutzt. Wirklich, musst du das jetzt zeigen!«, fügt die alte Dame auffällig hastig hinzu.
    Der Film startet. Grunewald. Seekulisse. Ein ungefähr vierzigjähriger, großer Mann hält den Hund rechts an einer kurzen, straffen Leine. In der linken Hand hält er die Fernbedienung des Vibrationshalsbandes, das der Hund trägt. Einige frei laufende Hunde kommen den beiden entgegen. Der Mastin Español wedelt ihnen mit sehr weichen Bewegungen seines aufgerichteten, buschigen Schwanzes eine Begrüßung zu. Er beginnt zu ziehen, um mit der vorgestreckten Nase ihren Geruch besser aufnehmen zu können. Seine Körperhaltung ist aufgerichtet, ohne steif zu sein. Er zeigt die typische Haltung eines souveränen Leithundes, der eine natürliche Dominanz ausdrückt, die ganz frei ist von Aggression.
    In diesem Moment ruft der Trainer: »Wenn er zieht, sofort ›pfui‹ rufen und drücken!« Zeitgleich bedient er die Fernbedienung.
    Der Hund schreit auf, springt ruckartig in die Höhe und zur Seite weg. Mir wird aus mehreren Gründen ganz kalt. Einer davon ist, dass ein Vibrationshalsband eine solche Wirkung nicht hervorrufen kann.
    Der Hund zieht nun nicht nur nach vorn, sondern auch seitlich vom Trainer weg, um der Situation zu entkommen. Immer wieder drückt dieser deshalb die Fernbedienung, und Henry zuckt aufschreiend zusammen. Seine Augen sind aufgerissen, und er sieht fassungslos zu dem Gesicht des Mannes auf, der den Blick starr nach vorn gerichtet hält.
    Als jetzt ein neuer Hund auftaucht, senkt sich der Schwanz des Herdenschutzhundes bereits. Mit angelegten Ohren scheint er auf die Bestrafung zu warten, die ihn immer dann ereilt, wenn ein anderer Hund in Sicht kommt und er sich diesem zuwenden will. Auch das Verhalten der ihm entgegenkommenden Hunde hat sich schnell verändert. Während sie anfangs noch ruhig an Henry vorbeigelaufen waren oder sich ihm langsam und respektvoll näherten, reagieren die meisten Hunde jetzt unsicher und nervös auf den riesigen, angespannten Hund. Einige beginnen zu bellen, andere beschleunigen ihren Gang, um rasch an dem Rüden vorbeizukommen, der verdächtig steif läuft und ab und zu aufschreit, wenn ein neuer Stromschlag ihn trifft.
    Zwei Spaziergänger starren auf das Schauspiel. Eine Frau ruft empört: »Was machen Sie denn da? Hören Sie gefälligst auf damit!« Der Trainer ignoriert ihre Aufforderung und wendet seinen Blick nicht vom Weg ab. Aus dem Off ertönt die Stimme der alten Frau: »Sie können das nicht verstehen, er hat gerade Training.« Die empörte

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