Wie wollen wir leben
ihrer Situation fertig geworden, wie sie es am Anfang selbst gar nicht für möglich gehalten haben. Schöpf daraus Zuversicht, dass ihr das auch schaffen werdet. Macht es ein bisschen wie wir. Steht nicht gleichgültig herum, sondern engagiert euch. Vieles wird anders sein, vieles wird auf der globalen Ebene gelöst werden müssen. Ihr werdet mit neuen Techniken zurechtkommen, und ihr werdet damit leben müssen, dass ihr Grenzen erreicht habt, die für uns noch in weiter Ferne lagen. Aber kämpft jetzt auf eure Weise. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.«
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Man kann sagen: Sie hatten nichts und konnten alles aufbauen, wir haben alles und werden abbauen müssen?
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Das wäre eine Ãbertreibung. Gesprochen habe ich davon, dass sich die heutigen Herausforderungen von denen der damaligen Zeit sehr unterscheiden. Doch mit denen kann man fertig werden. Auch dadurch, dass man auf hohem Niveau gewisse Einschränkungen akzeptiert. Aber es gibt keinen Anlass zur Verzweiflung. Es ist zu schaffen.
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Haben Deutsche eigentlich eine Unfähigkeit, sich über das zu freuen, was klappt?
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Das muss man fast vermuten. Es gibt ja ein bekanntes Buch des Analytikerehepaars Mitscherlich. Es trägt den Titel Die Unfähigkeit zu trauern und beschäftigt sich mit der Frage, wie wir mit den Opfern des NS-Gewaltregimes umgehen. Wie wir ihrer gedenken. Diese Unfähigkeit hat es jedenfalls längere Zeit gegeben. Aber es gibt auch bei uns eine ausgesprochene Unfähigkeit, uns zu freuen. Zu oft ist nur von Gefahren, von Angst, von Verschlechterungen die Rede. Und viel zu selten von dem, was gelungen ist.
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Woran liegt das? Woher kommt diese Unfähigkeit?
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Das ist eine Frage, die ich gern weitergebe. In den Medien zum Beispiel ist die Freude über etwas Gelungenes im Vergleich zu der Empörung über Misslungenes in aller Regel geringer. Und den Einfluss der Medien darf man nicht unterschätzen. Aber ansonsten
weià ich auch keine rechte Antwort. Wenn ich die Menschen auf diesen Mangel an Freude anspreche, dann sagen sie: »Eigentlich hast du recht.« Aber bis wir eine dauernde Fähigkeit entwickeln, uns über Gelungenes zu freuen â da muss noch eine Menge geschehen.
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Vielleicht nennen wir das Buch doch Eine Ode an die Freude . Vielen Dank, Herr Vogel.
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Der Dank gilt Ihnen, Frau Maischberger.
Lebenslauf von Dr. Hans-Jochen Vogel
1926
Am 3. Februar geboren in Göttingen (Bruder Bernhard Vogel kommt am 19. Dezember 1932 in Göttingen zur Welt)
1932 â 1943
Schulbesuch in Göttingen bis 1935; dann Schulbesuch und Abitur in GieÃen
1943 â 1945
Als Soldat der Wehrmacht in Frankreich und Italien, Verwundung, Kriegsgefangenschaft im Lager von Coltano (in der Nähe von Pisa)
1946 â 1948
Studium der Rechtswissenschaften in Marburg
1948
Erste Juristische Staatsprüfung
1950
Promotion zum Dr. jur. an der juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München mit einer Arbeit über ein strafrechtliches Problem des Widerstands gegen Staatsgewalt Eintritt in die SPD
1951
GroÃe Juristische Staatsprüfung
1952 â 1954
Assessor und Regierungsrat im Bayerischen Staatsministerium der Justiz
1954
Amtsgerichtsrat in Traunstein
1955
Berufung in die Bayerische Staatskanzlei durch den damaligen SPD-Ministerpräsidenten Dr. Wilhelm Hoegner
1958 â 1960
BerufsmäÃiger Stadtrat der Landeshauptstadt München und Leiter des Rechtsreferats
1960 â 1972
Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München
1966 â 1972
Vizepräsident des Organisationskomitees für die Olympischen Spiele 1972 in München und stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats der Olympia-Baugesellschaft
1970 â 1991
Mitglied des SPD-Bundesvorstands; ab 1972 auch Mitglied des Parteipräsidiums
1972 â 1977
Landesvorsitzender der bayerischen SPD
1972 â 1981 und 1983 â 1994
Abgeordneter des Deutschen Bundestags
1972 â 1974
Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau
1974 â 1981
Bundesminister der Justiz
1981
Von Januar bis Juni Regierender Bürgermeister von Berlin
1981 â 1983
Mitglied im Abgeordnetenhaus von Berlin und Vorsitzender der dortigen SPD-Fraktion
1983
Kanzlerkandidat der SPD
1983 â 1991
Vorsitzender der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag
1987 â 1991
Vorsitzender der SPD
1992 â
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