Wilde Wellen
Händen. Sie stöhnte leise auf, als das Blut wieder in ihren Fingern zirkulierte.
»Danke. Das ist sehr lieb von dir.« Sie bewegte ihre verkrampften Finger, die langsam wieder rosig wurden.
»Ich hab es nicht gewusst, aber ich liebe dich auch, Caspar. Ich bin froh, dass du mich gezwungen hast, mit dir zu kommen.« Ihre Worte klangen wie Engelsgesang in seinen Ohren. Sie liebte ihn. Sie hatte es endlich gesagt. Sie freute sich auf ein Leben mit ihm. Er küsste sie auf den Mund. Und wirklich, sie erwiderte seinen Kuss. Zum ersten Mal seit er sie kannte, küssten sie sich wie ein richtiges Liebespaar. Ihm wurde schwummrig vor den Augen. Hastig stand er auf. Hatte sie das beabsichtigt? Dass er weich wurde. Und sie ihm ihren Willen aufzwingen konnte. Das hatte seine Mutter schon nicht geschafft. Natürlich würde er sie irgendwann los binden. Aber das hatte noch Zeit. Erst wenn sie weit genug vom Festland entfernt waren, dass sie keine Chance hatte zurückzuschwimmen, würde er den nächsten Schritt machen.
»Geh nicht weg, Caspar. Bleib bei mir. Ich mag nicht allein sein hier unten.«
Er achtete nicht auf ihre Worte. Sondern ging zurück an Deck, wo ihm die Seeluft den erhitzten, verwirrten Kopf kühlen würde.
Paul kam an den Hafen und sah Caspars VW -Bus am Kai stehen. Aber das Auto war leer. Und von Caspar war nichts zu sehen.
»Er wird mit seiner Yacht rausgefahren sein«, sagte ein Fischer achselzuckend, als er ihn fragte, ob er Caspar gesehen habe. Sie hatten alle staunend die Luxusyacht gesehen, als Caspar sie vor ein paar Tagen in den Hafen gefahren hatte. Wie der Junge angegeben hatte. Ja, das war sein neues Schiff. Mit dem er auf Weltreise gehen würde, hatte er geprahlt. Und die Fischer hatten sich gewundert, wie er so kurz nach dem Tod seines Vaters so fröhlich sein konnte. Ernst genommen hatten sie ihn nicht. Weltreise? Wie konnte er auf Weltreise gehen, wenn er doch die Leitung der Firma übernehmen musste? Diese Idee würde ihm seine Mutter schon austreiben.
Ob jemand gesehen hatte, dass Marie mit ihm an Bord gegangen war? Nein, daran konnte sich keiner erinnern. Ãberhaupt hatte ihn sowieso niemand an Bord gehen sehen. Nicht mit und nicht ohne Marie. Aber die Yacht lag nicht mehr an ihrem Liegeplatz. Also musste er rausgefahren sein.
Paul sah ratlos auf das Meer. Wo war Marie? Wieso sollte sie mit Caspar weggefahren sein. Zum wiederholten Mal wählte er die Nummer ihres Handys. Und zuckte zusammen, als er den typischen Glockenton, den sie sich aufs Handy gespielt hatte, ganz in der Nähe hörte. Wo war sie? Er sah sich um. Sie war nicht zu sehen.
»Marie?« Er ging dem Ton nach. Und fand das Telefon im FuÃraum des Bullis. Sie war in Caspars Auto gewesen? Und jetzt war sie nicht mehr da. Also gab es nur eine Möglichkeit. Er musste sie mit auf seine Yacht genommen haben.
Ein Boot. Er brauchte jetzt ein schnelles Boot, mit dem er die Yacht einholen konnte.
»Ich brauche ein Boot. Ich zahle auch gut. Wem gehört dieses Rennboot, das dahinten liegt.« Marie hätte sich in seiner Situation nicht darum geschert, wem das Boot gehörte. Sie wäre hineingesprungen und damit losgebraust. Ein Schlüssel wurde ihm zugeworfen. Miguel, der Segelmacher, der in seiner Freizeit Bootsrennen fuhr, grinste ihn an.
»Hol sie dir zurück, die Kleine.« Als wenn es um einen Wettstreit um eine Frau ginge. Als wenn Caspar ihm die Liebste ausgespannt hätte. Aber war es jetzt nicht egal, was die Leute dachten? Paul sprang in das schnittige Aluboot und lieà den Motor an.
»Moment, ich komme mit.« Claire war am Hafen aufgetaucht. Sekundenschnell hatte sie begriffen, was vorgefallen sein musste. Und noch viel mehr. Im Gegensatz zu den Fischern, die Paul anfeuerten, sich die Frau seines Herzen wiederzuholen, und die das Ganze nur für ein lustiges Spiel hielten, war ihr sofort klar, was Caspar vorhatte. Und das würde sie vereiteln. Sie sprang zu Paul ins Boot.
»Fahren Sie los.«
Paul wusste, dass er keine Zeit dafür hatte, sie zu überreden, wieder an Land zu gehen. Diese Frau sah aus, als wäre sie zu allem entschlossen. Vielleicht wäre es ja sogar von Vorteil sie dabeizuhaben. Falls Caspar, wie er inzwischen befürchtete, Marie wirklich entführt hatte, würde seine Mutter vielleicht in der Lage sein, ihn zu überreden aufzugeben. Er startete den Motor, und das schnelle leichte Boot schoss
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