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Wilhelm II.: Die Herrschaft des letzten deutschen Kaisers (German Edition)

Wilhelm II.: Die Herrschaft des letzten deutschen Kaisers (German Edition)

Titel: Wilhelm II.: Die Herrschaft des letzten deutschen Kaisers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Clark
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des Fachwissens weichen. Aber er übte einen direkteren, wenn auch weitgehend bremsenden Einfluss auf die Kriegsoperationen der deutschen Kriegsmarine aus. 18 Und der Kaiser blieb schließlich, dank seiner Stellung im Zentrum der Reichsverfassung, eine Figur von entscheidender Bedeutung. Vor allen Dingen hatte er weiterhin das Recht, »seine« Offiziere und Beamten zu ernennen und zu entlassen.
    In der überwältigenden Mehrheit der Personalentscheidungen hatte das wenig Einfluss auf die Praxis, aber die Ernennung des Generalstabschefs, des höchsten Amtes der operativen Leitung in Kriegszeiten, war eine andere Sache. Wilhelms Ansicht nach fiel die Besetzung dieses Postens seit jeher in seinen Zuständigkeitsbereich und er fühlte sich nicht unbedingt an die Rangfolge oder Empfehlungen des Militärkabinetts gebunden. Er war im Jahr 1906 an der Ernennung von Helmuth von Moltke maßgeblich beteiligt gewesen, eine Entscheidung, die viele kundige Beobachter überrascht hatte, weil Moltke zwar einen hohen Rang bekleidete, aber nie auf Korpsebene als Stabschef gedient hatte. 19 Aber die Auseinandersetzungen um die politische Linie während der Julikrise hatten die Beziehung zwischen den beiden Männern belastet, und bereits Mitte September 1914, als die ersten Meldungen von schweren Niederlagen für die deutschen Truppen an der Front das kaiserliche Hauptquartier erreichten, hatte Wilhelm sein Vertrauen zu Moltke verloren. Der Stabschef hatte stets zu emotionalen Schwankungen geneigt, und das Zusammentreffen der schlechten Meldungen mit dem Entzug des Vertrauens seines Monarchen löste bei ihm einen Nervenzusammenbruch aus. 20 Die Ernennung eines Nachfolgers machte deutlich, wie wichtig die verbliebenen Vollmachten des Souverän waren. Indem Wilhelm sich über die Präferenzen vieler hoher Militärs hinwegsetzte, wählte er General Erich von Falkenhayn aus, den er schon seit langem persönlich sehr schätzte. Falkenhayn war eine überaus umstrittene Wahl, und er sollte immer unbeliebter werden, weil es den deutschen Truppen an der Westfront im Winter 1914 nicht gelang, die alliierten Linien zu durchbrechen.
    Diese Sachlage unterstrich, dass Wilhelm weiterhin eine zentrale Stellung in der Machtstruktur inne hatte. In erster Linie akzentuierte schon allein die Tatsache, dass Falkenhayns weiteres Verbleiben im Amt ohne Wilhelms persönliche Unterstützung nicht möglich gewesen wäre, das Element der Abhängigkeit in der Beziehung. In diesem Sinn blieb der Generalstabschef, wie Falkenhayns Biograph Holger Afflerbach ausführt, ein »Günstling«. Er war außerdem ein ungewöhnlich begabter Kommunikator – ein wichtiges Merkmal in Wilhelms Augen -, dessen Vorträge sich durch ihre Brillanz und Klarheit auszeichneten. Das zähe Festhalten des Kaisers an diesem streitbaren Befehlshaber war eher auf den Widerwillen zurückzuführen, einen vertrauten und zuverlässigen Untergeben gehen zu lassen, als auf den Ehrgeiz, wiederum die operative Kontrolle zu übernehmen; Wilhelm versuchte so gut wie nie, etwas an Falkenhayns Vorbereitungen zu ändern. 21
    Gegen Ende des Jahres 1914 nahm der Druck innerhalb des Militärs zu, Falkenhayn zu entlassen. Die Wurzel der Agitation gegen Falkenhayn war – einmal abgesehen von beruflicher Eifersucht und Rivalität – die Polarisierung der Anschauungen zur besten Kriegführung. Falkenhayn war überzeugt, dass der Schlüssel zum Sieg im Westen lag, und dass Deutschland auch hier, wo es den vereinten Streitkräften Frankreichs und Großbritanniens gegenüber stand, den größten Teil seiner Ressourcen einsetzen musste. In einer langen Denkschrift vom Dezember 1915 erklärte er: Wenn das deutsche Heer sich ein Angriffsziel aussuchen und ganz darauf konzentrieren würde, ein Ziel, das die Franzosen um jeden Preis bis zum letzten verteidigen würden, dann wäre es möglich, allein durch Zermürbung, das französische Heer auszubluten. Das Ergebnis dieser Strategie war der gewaltige Ansturm, den das deutsche Heer im Februar 1916 gegen die Befestigungsanlagen rings um die Festung Verdun startete. Im Gegensatz dazu sahen Hindenburg und Ludendorff den Schlüssel zu einem deutschen Sieg in einer völligen Vernichtung der russischen Streitkräfte im Osten. Sie fühlten sich von dem relativ erfolgreichen Vorgehen der deutschen Truppen an der russischen Front bestätigt und beschwerten sich, dass man ihnen zu wenig Ressourcen liefere, weil weiterhin eine nach Westen ausgerichtete Linie unterstützt werde,

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