Die Krieger 5 - Das Labyrinth der Götter
Die Krieger: Das Labyrinth der Götter
Ich heiße Yan. Yan aus Eza, nach der im Matriarchat üblichen Namensgebung, bei der das Heimatdorf an die Stelle des Familiennamens tritt. Oder auch Yan der Neugierige, denn unter Magiern ist es üblich, sich einen mehr oder minder offiziellen Beinamen zuzulegen. Dabei habe ich seit über zwanzig Jahren nicht mehr von meinem magischen Willen Gebrauch gemacht – seit jenem Tag, an dem meine Freunde und ich dem Hexer Saat von Angesicht zu Angesicht gegenüberstanden.
Bei diesem Kampf ergriff ich die Flucht, um mich unserem Feind, der meinen Körper kontrollieren wollte, zu entziehen, und wagte mich in Sombres Mausoleum vor. Ein finsteres, verpestetes Labyrinth, das eigens für den Dämon errichtet worden war, damit er dort seine Mordlust ausleben konnte. Und Sombre bereitete mir den zu erwartenden Empfang: Er spielte ein grausames Spiel mit mir. Wie eine Katze, die sich über eine Maus hermacht, schlug er mit unsichtbaren Krallen nach mir, immer und immer wieder, ohne sich mir zu zeigen. Ich hätte meine Kühnheit beinahe mit dem Leben bezahlt, aber der Letztgeborene des Kam hörte mich schließlich doch an. Was ich ihm sagte, fand er in meinen Gedanken bestätigt, in denen er las wie in einem offenen Buch, und so erfuhr er endlich von den wahren Absichten jenes Mannes, den er irrtümlich für seinen Vater, seinen Bruder, seinen einzigen Freund gehalten hatte. Als er daraufhin dem Hexer seine Kraft verweigerte, war Saat zum Tode verdammt.
Sombre verkroch sich in den Tiefen seines Mausoleums, und seine Wutschreie hallten von den Mauern wider. Nach einigen Dezillen hatte ich mich so weit erholt, dass ich mich ins Freie schleppen konnte, getrieben von der Angst, plötzlich den heißen Atem des Dämons im Nacken zu spüren. Doch nichts dergleichen geschah, und so stand ich schließlich wieder unter dem sternenklaren Himmel im Reich der Wallatten, wo die arkischen Klans Saats Heer gerade vernichtend geschlagen hatten. So schnell ich konnte, eilte ich zu meinen Freunden zurück. Sie waren allesamt schwer verletzt, aber sie lebten, und die Erleichterung, mit der wir uns in die Arme fielen, ließ uns die erlittenen Qualen vergessen.
Saat war tot, erfuhr ich, gefallen von der Hand meiner geliebten Leti, derentwegen ich mich den Erben angeschlossen hatte. Unser Leben auf der Flucht schien endlich zu Ende.
Dennoch wanderte mein Blick unwillkürlich zu dem Mausoleum hinüber, in dem der furchterregendste aller Dämonen in seinem Zorn und grenzenlosen Schmerz zurückgeblieben war. Nein, es war noch nicht vorbei, dachte ich, sosehr ich mir das auch wünschte. Ich brachte es nicht übers Herz, meinen Freunden in den folgenden Dekaden, die wir in heiterer Glückseligkeit verbrachten, von meinen Ängsten zu berichten. Und ich schwieg weiter, während Mond für Mond verstrich, ohne dass Sombre ein Lebenszeichen von sich gab. Schließlich wagte ich zu hoffen, dass er uns für immer in Frieden lassen würde.
Doch nach der Geburt unseres Sohnes Cael erwachte meine Angst von neuem.
Am ersten Tag sah ich noch keinen Grund zur Sorge. Es ist ja nicht ungewöhnlich, dass ein Neugeborenes erst einmal weint und schreit. Aber als Cael einfach nicht aufhören wollte und sich von nichts und niemandem beruhigen ließ, begannen Leti und ich zu verzweifeln. Nachdem wir uns vergewissert hatten, dass er keinen Hunger hatte und es ihm auch sonst an nichts fehlte, suchten wir nach anderen Erklärungen. War dem kleinen Cael womöglich ein Fluch in die Wiege gelegt, der auf seine Ahnen mütterlicherseits zurückging – der Fluch der Erben von Ji?
Da wir sonst keinen Rat wussten, legten wir unserem herzzerreißend schreienden Kind Letis Gwelom auf die Brust.
Es beruhigte sich augenblicklich.
Unsere Erleichterung schlug jedoch bald in die Befürchtung um, von unserer Vergangenheit eingeholt zu werden, obwohl wir Saat besiegt hatten. Die Götter und Dämonen hatten uns offenbar nicht vergessen. Was auch immer Caels Peiniger im Schilde führte, es musste sich um einen Unsterblichen handeln, denn der Stein aus dem Dara schützte Caels Geist vor seinem Zugriff. Wie lange dieser Schutz währen würde, wussten wir allerdings nicht.
Viele Jahre gingen ins Land, in denen wir nichts als die Freuden und Nöte des Alltags kannten. Unser Sohn war unser ganzer Stolz; er wuchs zu einem liebevollen, klugen und energiegeladenen Jungen heran. Nur manchmal wurde er von rätselhaften Wutanfällen gepackt, an die er sich
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