Wir kommen von der Presse
dazu aufmerksam, um festzustellen, warum die Aufnahmen so und nicht anders geknipst worden waren.
Als er das Geld für einen neuen Film zusammengespart hatte, zog er an einem sonnigen Nachmittag los, um die Gegend mit den scharfen Augen eines angehenden Fotografen zu betrachten. Schußbereit hing ihm die Kamera an der Brust.
Er knipste eine große Straßenkreuzung, die mit Autos verstopft war. Er knipste vom Dachcafe eines Kaufhauses aus hinunter auf den Marktplatz. Er knipste in einer Grünanlage etliche Tauben vor einem Springbrunnen und einen Pudel, der gerade an einem Baum stand und ein Hinterbein hob. Klaus richtete seine Kamera auf einen schmuddeligen Stadtstreicher und auf einen Zeitungsverkäufer, aber auch auf einen kleinen Jungen am Straßenrand, der gerade hingebungsvoll in der Nase bohrte.
Herr Möllmann entwickelte den Film, und danach wurden die Bilder wieder von der Familie begutachtet. Klaus wurde vom Vater für mehrere Aufnahmen gelobt, und das wollte etwas heißen, denn er war ein ausgezeichneter Fotograf, der schon einige Amateurwettbewerbe gewonnen hatte.
Selbst der überpingelige Olaf meinte anerkennend: »Tatsächlich, du hast Fortschritte gemacht, Kleiner!« Als Klaus später mit Olaf allein war, rückte er endlich mit dem Einfall heraus, der ihm schon seit einiger Zeit durch den Kopf ging. »Olaf«, sagte er, »du bist Chefredakteur unserer Schülerzeitung ,Knallbonbon’.«
»Allerdings. Worum geht’s denn?«
Klaus trat aufgeregt von einem Bein aufs andere. »Weißt du noch, was du gesagt hast, als du mein Foto mit dir und den andern Zeitungsmachern anschautest?«
»Du meinst: mit meinen Redakteuren. Nein, genau weiß ich’s nicht mehr.«
»Du hast gesagt«, erinnerte ihn Klaus, »irgendwann könntest du das Foto vielleicht verwenden. Und da bin ich auf eine Idee gekommen. Ich hab’ mir gedacht, daß doch ganz gut einmal eine Aufnahme, die ich geknipst habe, in der Schülerzeitung abgedruckt werden könnte. Und jetzt, wo ich das Knipsen schon einigermaßen gelernt habe, könnte ich doch einfach als Fotoreporter bei deiner Zeitung anfangen!«
Zunächst antwortete der große Bruder nur mit lautem Lachen, so als ob Klaus einen Witz erzählt hätte. Dann rief er amüsiert: »Kleiner, du hast vielleicht Ideen! Ich muß sagen, du traust dir ja reichlich viel zu in deinem zarten Alter. Womöglich willst du auch gleich Redakteur unserer Zeitung werden.«
»Warum nicht?« meinte Klaus unbekümmert.
Olaf hörte auf zu lachen. Es sei üblich, daß man allermindestens vierzehn sein müsse, um in die Redaktion vom »Knallbonbon« aufgenommen zu werden. »Wer unter vierzehn ist«, erklärte der Chefredakteur, »bringt noch nicht den nötigen Ernst für die Mitarbeit auf.« Klaus schaute ihn verständnislos an. »Ich will ja auch gar keinen Ernst aufbringen. Ich will bloß tolle Fotos für die Zeitung knipsen.«
»Hör mal zu, Kleiner«, entgegnete Olaf ungeduldig. »Mit tollen Fotos allein ist es nicht getan. Zu einem Bild muß meistens auch ein passender und mitreißender Text geschrieben werden. Traust du dir das etwa zu? Denk bloß mal an deine Aufsätze. Die sind doch ausgesprochen mickrig.«
Klaus machte nur noch »Pah!« und schwieg. Er merkte, daß er gegen Olaf nicht ankam. Aber eins stand für ihn fest: Seinen Reporterplan ließ er sich nicht ausreden! So leicht jedenfalls nicht!
Immer, wenn er nichts anderes zu tun hatte, grübelte er über seinen Plan nach. Drei Tage lang. Dann kam ihm auf einmal ein prima Einfall. Er mußte sich einfach mit jemandem zusammentun! Und er wußte auch sofort, mit wem. Dafür kam nur Ute Krauß in Frage.
Ute, überlegte er, ist im Aufsatz hundertmal besser als ich. Und sie ist echt ein klasse Mädchen, nicht so eine alberne Gans, die dauernd mit ihren Freundinnen tuschelt und kichert.
Gleich am nächsten Morgen fragte er sie in der großen Pause, ob sie Lust hätte, Zeitungsreporterin zu werden. Und er erzählte ihr von seinem Plan.
Ute hörte ihm aufmerksam zu, fuhr sich mit der Hand nachdenklich durch ihr kurzgeschnittenes braunes Haar und sagte schließlich: »Klingt interessant. Okay, ich mach’ mit!«
Nach Schulschluß gingen sie zusammen heim. Ute war froh, daß ihre Mutter sie an diesem Tag nicht mit dem Auto abholte. »Ich finde«, sagte sie, »ein Auto ist manchmal richtig lästig. Man kann dann gar nicht so gemütlich miteinander nach Hause gehen und noch ein bißchen quatschen.« Sie erzählte dann noch, daß sie einen kleinen,
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