Wir kommen von der Presse
aus der ,Felizitas’?« Ute zitterte vor Ungeduld. »Erzähl doch weiter!«
»Das wollte ich ja gerade sagen«, beschwichtigte sie der Vater. »Herr Dorsch hat unter anderem erfahren, daß der Rat der Stadt heute um genau fünfzehn Uhr dreißig folgendes beschlossen hat: Die Arbeiterkolonie Felizitas’ wird unter Denkmalschutz gestellt und darf deshalb nicht abgebrochen werden. Die alten Häuser werden renoviert, innen und außen. Die Bewohner sollen finanziell unterstützt werden, um die Häuser, in denen sie wohnen, als Eigentum erwerben zu können. Herr Dorsch hat noch hinzugefügt, daß morgen ein ausführlicher Bericht in der ,Allgemeinen Tageszeitung’ zu lesen sein würde. Und zwar vorn auf der ersten Seite.«
»Hurra! Wir haben’s geschafft!« jubelte Ute und umarmte ihren Vater stürmisch. »Wir haben’s geschafft! Ich muß sofort Klaus anrufen!«
Ute lief zum Telefon. Gerade als sie den Hörer abnehmen wollte, klingelte der Apparat. Es war Klaus. »Ute!« rief er atemlos vor Aufregung. »Herr Dorsch hat vorhin bei uns — «
»Ja, Klaus, bei uns auch!« unterbrach sie ihn und zappelte dabei vor Freude. »Die ,Felizitas’ ist gerettet! Ehrlich gesagt, zum Schluß hab’ ich manchmal gar nicht mehr damit gerechnet.«
»Ich schon«, sagte Klaus selbstbewußt. »Das heißt, ab und zu hab’ ich auch mal ein bißchen daran gezweifelt. So abends im Bett kurz vor dem Einschlafen, weißt du? Oder überhaupt, wenn ich dazwischen mal Zeit zum Nachdenken hatte. Aber jetzt haben wir es doch rundherum geschafft! Mein Papa meinte, nun könnten wir ruhig mal ein wenig stolz auf uns sein.«
»Und Olaf?« fragte Ute. »Was hat der gesagt?«
»Ach, der! ,Sieh mal an, unser Kleiner!’ hat er gesagt. ,Ich hab’s ja schon immer gewußt, aus dem kann man noch was machen.’ Na, du kennst ihn ja. Aber von meiner Mama krieg’ ich heute abend eine Schüssel Apfelkompott mit Schlagsahne, für mich ganz allein. Ist das nicht toll?«
»Du, Klaus«, sagte Ute, »weißt du, was mein Vater wie nebenbei gesagt hat?«
»War er etwa wieder sauer?«
»Ha! Im Gegenteil! Er hat gesagt, unsere Reportagen seien ausgezeichnet. Und er könne sich vorstellen, daß uns das Spaß macht. Was sagst du nun?«
Klaus überlegte. Dann erwiderte er nachdenklich: »Ute, du, das ist eigentlich noch viel toller als Apfelkompott mit Schlagsahne.«
Am Abend, als Ute sich wieder ein wenig beruhigt hatte, fragte sie die Eltern vorsichtig, ob sie vielleicht ihren letzten Deutschaufsatz gesehen hätten.
Die Mutter nickte. »Ein bißchen schade ist das schon mit der danebengegangenen Arbeit«, meinte sie. »Aber ich glaube, man darf nicht alles auf einmal erwarten: Erfolg und Spaß und dazu noch gute Noten. Das wär’ doch etwas zu viel verlangt.«
»Gute Noten schaffst du auch wieder«, sagte der Vater. Ute war sehr beruhigt. »Ich finde jedenfalls, daß alles ganz toll gelaufen ist. Wir sind ein prima Team, der Klaus und ich. Vielleicht werden wir später mal wirklich Reporter.«
»Wir kommen von der Presse und möchten mal was fragen...«, sagte die Mutter lächelnd.
ENDE
Weitere Kostenlose Bücher