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Wir wollen nicht unsere Eltern wählen: Warum Politik heute anders funktioniert (German Edition)

Wir wollen nicht unsere Eltern wählen: Warum Politik heute anders funktioniert (German Edition)

Titel: Wir wollen nicht unsere Eltern wählen: Warum Politik heute anders funktioniert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Beitzer
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Bei uns Kindern verstärkte diese Wandlung der politischen Elterngeneration das Gefühl, dass Revolutionsaufrufe ohnehin nichts bringen, weil den einen irgendwann die Ideale verloren gehen und die anderen als schrullige Berufsdemonstranten zurückbleiben, die fortan von den ehemaligen Weggefährten verspottet werden. Kein Wunder also, dass wir uns von eben diesen Machtzentralen – den Parteien zum Beispiel – lieber fernhielten.
    Tatsächlich passt das alles zu einem Trend, der nicht nur bei jungen Politikinteressierten auszumachen ist: dem Trend zur Einzelaktion anstelle des parteipolitischen Engagements oder gar der festen Bindung an eine Partei. Stuttgart  21 , die Proteste gegen den Münchner Flughafen – hier zeigte sich, dass die Leute durchaus bereit sind, auf die Straße zu gehen. Schon war überall von einer neuen, starken Zivilgesellschaft die Rede – manche verhöhnten die Engagierten als «Wutbürger», manche bejubelten das bürgerliche Engagement, das immer einen ganz bestimmten Beigeschmack hatte: Wir zeigen es «denen da oben». Die Systemfrage stellen die wütenden Bürger allerdings kaum, es geht tatsächlich meistens um einzelne Dinge, die stören – das unterscheidet sie dann doch wesentlich von früheren Protestformen.
    Junge Aktivisten sind allerdings in den deutschen Bürgerprotesten eher unterrepräsentiert. Zu dieser Erkenntnis kommt Franz Walter, der sich in der BP -Gesellschaftsstudie
Die neue Macht der Bürger – Was motiviert die Protestbewegung?
mit den verschiedenen Bürgerinitiativen beschäftigt hat. Er spricht von «rüstigen Rentnern», deren Engagement einen großen Vorteil hat: Sie haben Zeit. Ganz anders die Jungen, die sich ja schließlich auf die eine oder andere Art um ihren Lebensunterhalt kümmern müssen: also arbeiten oder zumindest einen Beruf lernen, studieren.
    Die Jungen jedenfalls hielten sich bis vor kurzem auch aus der Parteienpolitik weitgehend heraus, probierten stattdessen das Leben in fremden Ländern aus und fühlten sich bald mehr als Weltbürger denn als Deutsche. In den Studentenküchen wurde, so schien es, mit größerer Leichtigkeit über die politische Entwicklung in China, die Autokratien im postsowjetischen Ostblock und die wirtschaftliche Entwicklung in Brasilien diskutiert als über die politische Situation vor der eigenen Haustür. Die Jungen drohten Deutschland zu verlassen – nicht nur räumlich, sondern auch gedanklich.
    Währenddessen verwässerten die Alten erst fröhlich die soziale Marktwirtschaft in Deutschland, und dann ging auch noch die Idee eines vereinten Europas den Bach runter – plötzlich stritten alle nur noch darüber, wer für wen zahlen müsse und wer auf dem Kontinent dafür die Kontrolle habe. Vom «Weltfrieden» redeten da längst nur noch dümmliche Schönheitsköniginnen, alle anderen hatten längst kapiert: Wenn es um Geld geht, dann hört der Spaß auf.
    Es war also höchste Zeit, dass die Jungen endlich aus ihrer Schockstarre aufwachen. Denn wer soll denn bitte die Welt von morgen gestalten, wenn nicht diejenigen, die darin leben werden?

Wer sind «wir» eigentlich?
    Aber wer ist das überhaupt, die junge Generation, die da jetzt übernehmen soll, wer sind wir?
    Eigentlich fand ich sie immer total bescheuert, diese Bücher über irgendeine Generation, die angeblich soundso war – sei es nun die «Generation Porno» («Alle jungen Leute sind verdorben durch Online-Sexvideos»), die weinerliche «Generation Praktikum» (Wer will da schon dazugehören?) oder gar Absonderlichkeiten wie die «Generation Umhängetasche» (was auch immer das heißen mag). Mir schien es schwierig bis unmöglich, Erlebnisse oder Einstellungen, die einzelne Leute betrafen, auf eine ganze Altersgruppe zu übertragen, um eine wie auch immer geartete These zu untermauern.
    Vielleicht liegt das auch an den romantischen Geschichten meiner Eltern. Es fiel einfach verdammt leicht, aus ihnen das Lebensgefühl und die Ideale einer ganzen Generation herauszulesen, sodass ich mich als Teenager oft fragte, was ich eigentlich irgendwann mal meinen Kindern über meine Generation erzählen könnte, das ansatzweise so bedeutungsschwer ist wie die Erlebnisse meiner Eltern.
    Meine Mutter zum Beispiel erzählt gern die Geschichte von dem Tag, an dem sie erfahren hat, dass sie mit mir schwanger ist. Es war im Frühjahr 1982 , die Verhandlungen über den Nato-Doppelbeschluss erreichten gerade ihren Höhepunkt, meine Eltern und ihre Freunde waren natürlich

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