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Wir zwei allein

Wir zwei allein

Titel: Wir zwei allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Nawrat
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sie.
    Wir unterhalten uns doch, sage ich.
    Das Leben ist schön, sagt sie. Das wollte ich dir nur sagen.
    Wie meinst du das?
    Man kann eine Reise nach Rom machen und einen Cappuccino in einem Straßencafé trinken. Man kann ein klassisches Konzert besuchen. Man kann Kinder kriegen. Man kann alles Mögliche machen. Ich meine nur. Ich habe übrigens jemanden kennengelernt in Hamburg.
    Du hast jemanden kennengelernt?
    Sie senkt den Blick. Sie lächelt, wird jetzt richtig rot. Sie spielt an einem ihrer Ohrringe herum und kann mir nicht in die Augen schauen, wie ein junges Mädchen. So ist das: Die Zeit, in der sie ganz für einen da war, ist jetzt in einem Spiegel und entfernt sich immer weiter in die genau entgegengesetzte Richtung, und jetzt läuft alles rückwärts und mit vertauschten Rollen.
    Er arbeitet in einem Touristik-Büro, sagt sie. Ein Freund von Susanne und Eberhard. Er heißt Heinz. Wir fahren im Herbst nach Korsika. Er hat dort ein Haus. Er wandert gern.
    Aber du warst nur eine Woche weg. Geht das nicht ein bisschen schnell?
    Warum denn. Wenn es passt? Freust du dich denn nicht für mich?
    Doch, sage ich. Sicher freue ich mich.
    In drei Wochen fahre ich wieder nach Hamburg, sagt sie. Du kannst mitkommen, wenn du willst.
    Ich freue mich wirklich für dich, sage ich.

    10    Gestern hat es zu regnen begonnen. Das gelbe Gras auf den Weiden hat sich hingelegt. Ich halte kurz vor Hinterzarten an und kurble das Fenster runter. Das gleichmäßige Rauschen hüllt das Tal in eine Stille, kein Vogel ist zu hören. In den Baumwipfeln am gegenüberliegenden Hang der Nebel, der Gipfel des Feldbergs ist in Wolken getaucht. Um mich herum ein angenehmes Grau. Und auch die Stadt ist in dieses stille Grau gehüllt. Endlich kann man wieder frei atmen.
    Die Stühle im Hof vom Wächtle lehnen gegen die Tischchen, in den Aschenbechern schwimmt gelber Blütenstaub.
    Das wird alles aufgesaugt wie von einem Schwamm, sagt der junge Wächtle.
    Am Abend bei Rudi erzählt Niko von der ersten russischen Boygroup mit dem Namen Steklovata und ihrer Hitsingle Novi God.
    Die sind alle fünfzehn Jahre alt und tragen Adidas-Anzüge, sagt er.

    11    Eine Woche hat Theres sich nicht bei mir gemeldet, und ich mich nicht bei ihr. Ich stelle den Sprinter in der Mittagspause in zweiter Reihe vor ihrem Haus ab. Ich zünde mir eine Zigarette an, der Scheibenwischer klackt. Theres’ Vermieterin kommt aus dem Hauseingang, mit zwei Kindern in gelben Anoraks. Ich schalte die Warnblinker ein, steige aus und klingle. Kein Summen, keine Theres in der Gegensprechanlage. Ich sperre die Tür mit dem Schlüssel auf, den ich noch immer habe, steige hinauf, trete in die Wohnung. Im Innern fast kein Tageslicht, es riecht nach aufgestauter Luft.
    Theres?, sage ich laut, und das Wort klingt seltsam nach.
    In der Küche sind die Rollläden bis zur Hälfte heruntergelassen, ein Prasselgeräusch kommt aus dem Bad. Die Tür am Ende des Flurs steht offen, der Regen perlt gegen die Fensterscheibe.
    Theres?
    Die Tür zu ihrem Schlafzimmer ist zugezogen. Ich mache einen Schritt in den Flur, allmählich enthüllen sich mir Einzelheiten. Ich blicke nach links, in die Küche. In der Spüle stapeln sich Teller, auf dem Küchentisch liegen mehrere Hosen, BH s, Pullover, Socken, alles durcheinander, auf dem Boden liegt Theres’ Rollkoffer, die Klappe halb aufgerissen wie von einer Granate, daneben Schuhe, mehrere Paare, auch im Flur liegen Hosen, T-Shirts, Pullover. Neben dem Spiegel an der Garderobe ein weiterer Teller mit Resten von Nudeln, ich trete in die Küche und ziehe den Rollladen hoch, ich öffne das Fenster. Regentropfen ploppen auf einen Stapel Zeitungen, der einen Stuhl bedeckt.
    Theres!, rufe ich.
    Ich gehe zurück in den Flur, horche. Der Regen jetzt aus der Küche, das Haus knackt. Unten in der Straße rauscht langsam ein Auto vorbei, dann ist es wieder still. Ich trete an die Tür von Theres’ Schlafzimmer, presse mein Ohr gegen das Holz. Ich klopfe, keine Antwort. Ich klopfe noch einmal, dann drücke ich die Klinke und trete ein.
    Der Geruch überwältigt mich, lässt mich würgen. Der umgestürzte Mannequin in der Zimmerecke. Auf dem Teppich Korallen, weitere Schuhe, Jacken, Bücher, Geschirr, die Nähmaschine, Bettzeug, eine Blumenvase, die Blumen vertrocknet, über den Boden verteilt. Das alles kann nicht sein, denke ich. Auch das Bett nicht, mit dem zerwühlten Laken, auch Theres nicht, wie sie verdreht und quer über dem Bett liegt, mit

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