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Wir zwei allein

Wir zwei allein

Titel: Wir zwei allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Nawrat
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füllt jetzt die Küche aus, blendet mich.

    3    Die Enge der Täler in unserem Schwarzwald schafft die Bedingungen einer alchemistischen Küche. Nur deshalb können sich die schweren Gerüche entwickeln, wenn die Hitze sich über den südlichsten Zipfel des Landes senkt. Der Atem der Bäche, die auf dem Grund der Canyons plätschern, der lethargische Duft von Indischem Springkraut, von Fliegenpilzen, von Schattenlilien. Und in den Höhen, aufgeheizt durch die Sonne, der Duft von Tannennadeln, von frischem Holz. Schafft man es über die Baumgrenze, dann öffnen sich die Weiden, und dort stehen zwischen umgestürzten Baumstämmen Fingerhut, Felder der kanadischen Goldrute, Ginster, wilder Rosmarin.
    Man muss schon unterwegs sein, bevor die Sonne im Osten über dem Schwarzwald aufgestiegen ist: der Schwarzwald als aufeinandergestapelte Halbkreise, so wie ein Kind Gebirge malt. Die Kühle in den Wiesen dringt durchs offene Fenster des Sprinters. Das sanfte Licht, der Nebel, der sich aus den Läufen der Flüsschen der Ravenna-Schlucht oder des Münstertals erhebt. Der Geruch von Kuhdung und Wiesenblumen. Die Stille bei der ersten Zigarettenpause am Wiedener Eck mit Blick über das Wiesental. Noch sind nicht einmal Bienen zu sehen.
    Lauch, Kohlrabi und Feldsalat für das Sonneneck in Wieden. Drei Kisten Tomaten für das Rössle in Bad Krozingen. Eine gemischte Salatkiste für den Löwen in Bollschweil. Danach rüber nach Gottenheim.
    In diesem Jahr geht’s nach Frankreich, sagt der junge Wächtle. Atlantikküste, sagt er und bietet mir eine silberne Marlboro an.
    Wir rauchen, der Kaffeegeruch steigt aus meiner Tasse hinauf in die Krone der Linde. Jung-Wächtle wischt mit der Hand die Lindenblüten vom Plastiktischtuch.
    Atlantikküste, ja?, sage ich.
    Ja, sagt er.

    4    Mittagszeit. Draußen steht alles still, die Hitze überwacht die leeren Straßen, Ecki hat Resa und die Töchter für zwei Tage nach Stuttgart gefahren, zu seinen Eltern. Er will sich in Kroatien um die Häuser kümmern. Hast du schon einen Geschäftsführer gefunden?, habe ich ihn gefragt. Nein, noch nicht, sagte er. Gestern war ich in der Stadt, und es wimmelte von Studenten. Wie sie an den Kaffeetischen sitzen und über Aufsätze diskutieren. Diese Weltverbesserer.
    Jetzt sitze ich allein in der Halle, ein Ventilator kühlt mir in wiederkehrenden Abständen die Stirn und die Oberarme. Vor mir auf Eckis Tisch ein kaum angerührtes Käse-Sandwich und eine angebissene Tomate, die ausgelaufen ist.
    Das Tor scheppert, und Theres tritt ein. Ich dachte, ich besuche dich mal. Sie nähert sich vorsichtig, sie mustert mich, als hätte sie Angst, ich könnte sie fortjagen. Ich will dich nicht stören, sagt sie.
    Du störst mich nicht, sage ich.
    Ich stehe auf, gehe um den Schreibtisch, umarme sie. Die Schmächtigkeit ihres Körpers, halb fremd, halb vertraut. Wir stehen eine Minute so da, um uns Stille, nur der Ventilator, der rauschend Luftschichten bewegt.
    Es riecht nach Benzin, flüstert Theres in mein Ohr.
    Ich habe vorhin den Vergaser gereinigt, sage ich.
    Kannst du mich mitnehmen?
    Wohin?
    In den Schwarzwald.
    Klar, sage ich.
    Drei Monate. Wo warst du? Was hast du gemacht? Mit wem warst du unterwegs? Warst du allein? War Stefano bei dir?
    Heute habe ich nur Tomaten, sage ich.
    Ich könnte zweiter Tomatenmaat sein, sagt Theres. Sie lacht. Der Kapitän und sein zweiter Tomatenmaat. Wir stechen in See, Kapitän. Keine Wolke am Himmel. Wind von Südwest. Kandel und Schauinsland in Sicht. Die Segel sind gesetzt.
    Was hast du heute gemacht, Theres?
    Nichts.
    Nichts?
    Ich habe lange geschlafen. Soll ich dir mit den Kisten helfen?
    Die sind schon verladen, sage ich.
    Was ist meine Aufgabe?
    Du kannst die Listen abgleichen.
    Aye aye, Sir.
    Wir fahren in Richtung Kirchzarten, das Fenster offen, Theres’ Haar im Föhn aufgestellt, die Sonne heizt Arme und Knie auf. Von draußen der Geruch von Feldern. Tomaten für den Birklihof in Hinterzarten. Tomaten für den Hirschen in Neustadt. Tomaten für den Löwen in Titisee. Am Nachmittag halten wir in einem Waldstück, am höchsten Punkt der Tour, am Fuß des Feldbergs. Ich habe im Schatten geparkt, es riecht nach aufgeheiztem Harz. Theres ist ausgestiegen, ich habe den Sitz nach hinten gekippt, tue so, als würde ich dösen. Ich beobachte sie. Sie balanciert auf einem Baumstamm, sie stöbert im Unterholz, sie köpft mit einem Stock Brennnesseln. Sieht sie glücklich aus? Sie sieht aus wie immer. Die kurzen Haare

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