Wofür du stirbst
Oberseite wie eine Ziehharmonika öffnen ließ. Ich zog ihn aus dem Schrank, stellte ihn klirrend auf die Terrakottafliesen, zerrte an den verrosteten Scharnieren und klappte ihn auf. Das Werkzeug war alt und verrostet, doch ich fand genau das, was ich brauchte – einen großen, flachen Schraubenzieher. Ich ging wieder in die Speisekammer zur verschlossenen Tür zurück, steckte den Schraubenzieher in den Spalt neben dem Schloss und zog. Ich hatte gehofft, die Tür würde sich öffnen, doch stattdessen zersplitterte das Holz. Dann hörte ich irgendwo hinter der Tür ein Jammern und Weinen und schließlich ein einzelnes, verzweifeltes »NEIN!«.
Ich arbeitete weiter und schabte so lange am Holz, bis ich auf Metall stieß. Ich schob den Schraubenzieher darunter und drückte, bis die Tür plötzlich ruckartig aufsprang.
Dahinter war alles dunkel, eine Treppe führte nach unten.
»Audrey?«, sagte ich.
Stille, dann hörte ich eine gedämpfte, heisere Stimme. »Wer sind Sie?«
Ich sah mich nach einem Lichtschalter um – da musste doch einer sein, oder? Schließlich fand ich ihn hinter einem Regal voller Kübel und Geschirrspülmittel. Ich knipste das Licht an, das auf eine Treppe fiel, von unten hörte ich einen weiteren Schrei.
Mit dem Schraubenzieher in der Hand ging ich die Stufen hinunter – nur für den Fall, dass Colin aus dem Nichts auftauchte.
Der Raum war klein, die Ziegelwand weiß gekalkt, oben links an der Wand ein Fenster, das allerdings von Unkraut überwuchert war und kein Licht spendete. Im Raum standen ein Tisch und ein altes Sofa mit Matratze, eine Teekiste und ein paar leere Kisten – auf dem Bett lag zusammengerollt und mit den Händen vor dem Gesicht eine dunkelhaarige Frau in einem kurzen Satinrock.
Erleichterung ergriff mich. Sie war es, sie lag genau vor mir.
Der Raum stank.
»Ich heiße Annabel«, sagte ich. »Ich werde dich hier rausholen. Alles in Ordnung?«
»Wasser«, sagte sie.
Ich ging wieder die Treppe hinauf in die Abstellkammer. Dort war ein kleines Waschbecken, und als ich den Wasserhahn aufdrehte, rumpelte es zunächst ein wenig, doch dann strömte kaltes Wasser in das Becken. Ich ließ es laufen und suchte unterdessen nach etwas, in das ich es füllen konnte. Schließlich entdeckte ich in der Speisekammer eine Keramikvase. Ich füllte sie und drehte den Hahn wieder zu.
Noch während ich das tat, hörte ich ein Geräusch, einen plötzlichen Knall von der Eingangstür her.
Ich erstarrte, dann rannte ich in die Speisekammer zurück, machte das Licht aus, lief zur Kellertür, schaltete auch dort das Licht ab und tastete mich, ohne etwas zu sehen, die Treppe hinunter. Er würde die offenen Türen bemerken. Ich hatte fast alle Türen im Haus geöffnet, die Tür zum Keller hatte ich sogar aufgebrochen. Meine einzige Hoffnung war, dass er dachte, wir wären durch die Hintertür entkommen.
»Wir müssen uns verstecken«, flüsterte ich. Mein Herz hämmerte bereits vor Anstrengung, weil ich die Treppe hinauf-und wieder hinuntergelaufen war. Ich packte sie am Oberarm, doch sie riss sich los und rollte sich wieder zusammen.
»Ich habe Wasser«, sagte ich. »Komm jetzt, du musst mitkommen!« Ich stellte die Vase auf die unterste Stufe, tastete mich in der Dunkelheit wieder zu ihr vor, zog und hievte sie halb vom Bett herunter und in einen Winkel neben der Treppe. Sie jammerte. Hier unten konnte man sich nirgends verstecken. Meine einzige Chance war, dass Colin annehmen würde, wir seien geflohen, wenn er uns hier unten nicht fand …
»Psst«, flüsterte ich und versuchte sie dazu zu bringen, mich anzusehen. »Du musst jetzt still sein. Bitte sei still.«
Einen Augenblick herrschte Schweigen, das nur von meinen und Audreys keuchenden Atemzügen unterbrochen wurde. Wenn sie husten musste, würde sie uns verraten.
Plötzlich hörte ich von oben Schritte, und dann brüllte jemand: »NEIN!«
Colin stürzte in die Speisekammer, hin zur Tür oben an der Treppe, das Licht ging an und durchflutete den Raum. Ich schloss meine Augen, und obwohl Audrey wieder zu wimmern begann, begriff ich, dass er sich fast augenblicklich wieder umgedreht hatte. Kurz darauf hörte ich ihn im Garten schreien. »Wo bist du? Audrey! Komm zurück!«
Und jetzt? Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen. Sollte ich versuchen, Audrey irgendwie die Treppe hinaufzuzerren? Sollte ich versuchen, durch die Haustür zu entkommen – in der Annahme, dass er sie nicht abgesperrt hatte? Bis dahin wäre er längst
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