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Wofür du stirbst

Wofür du stirbst

Titel: Wofür du stirbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haynes
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Herzschlag verlangsamte sich, ich spürte, wie das Hämmern nachließ. Er sagte noch irgendwas anderes, aber ich hörte es nicht mehr.
    »Schlaf jetzt«, sagte er. »Es ist leichter, wenn du schläfst. Du darfst schlafen, Annabel.«
    Ich setzte mich auf das Bett. »Bleibst du hier, im Haus?«
    »Eine Weile«, sagte er.
    »Ich bin müde.«
    »Das ist gut. Dann leg dich doch hin.«
    Ich legte mich auf das muffige, verstaubte Bett. Das Handy verschob sich ein wenig, und ich fürchtete, es könne sich unter der Bluse abzeichnen, also drehte ich mich mit dem Rücken zur Tür auf die Seite, wandte mich von ihm ab.
    Eine Zeit lang hörte ich nichts, nur seinen Atem und meinen. Ich fragte mich, was er von mir dachte, als ich so auf diesem seltsamen Bett in diesem seltsamen Haus lag, in dem vermutlich eine Leiche war und noch eine weitere Person, die wahrscheinlich zwischen Leben und Tod schwebte. Ich hatte sie schreien gehört. Das war das Geräusch, das ich wahrgenommen hatte – das hieß aber auch, dass sie noch am Leben war und sich irgendwo hier befand.
    Mein Herz schlug schnell, der Staub in meiner Kehle verursachte mir Hustenreiz. Ich hatte die Augen geschlossen, eine Träne drang aus meinem Augenwinkel, rann meine Schläfe hinunter und tropfte auf die Tagesdecke. Hilf mir, dachte ich. Mom, bitte hilf mir .
    Gerade als ich dachte, er würde hierbleiben, hörte ich, wie er sich leise entfernte und die Tür hinter sich schloss. Ich wartete darauf, dass er den Schlüssel im Schloss drehte, aber nichts war zu hören.
    Ich blieb eine Weile regungslos auf dem Bett liegen, weil ich fürchtete, er könne im Flur lauern und abwarten, was ich tun würde. Ich zog mein Handy aus seinem Versteck und suchte erneut nach einem Signal. Nichts. Ich schrieb noch eine Nachricht an Sam, falls sie doch irgendwann gesendet würde.
    Bitte beeil dich. A
    Ich wartete gut zehn Minuten, spielte mit dem unnützen Handy herum und stand dann auf. Wieder hörte ich ein Geräusch im Haus – einen Schlag. Ich ging zur Tür, drückte vorsichtig und lautlos die Klinke herunter, öffnete sie einen Spaltbreit und ging fast davon aus, dass er im Flur stünde und mich beobachtete.
    Ich schob sie noch ein Stück weiter auf. Der Flur war leer, die anderen Türen waren wie vorhin alle geschlossen. Ich trat vorsichtig auf den Teppich hinaus und achtete darauf, dass die Dielen nicht knarrten, doch alles war irgendwie gedämpft, als würde eine Decke aus Schnee und nicht aus Staub den Boden bedecken. Jetzt erst fiel mir auf, dass tote Fliegen den Teppich übersäten. Ein paar summten noch in der muffigen Luft herum.
    Ich blieb am oberen Treppenabsatz stehen und spähte um die Ecke. Er war nirgends zu sehen. Das Haus schien darauf zu warten, dass ich mich in Bewegung setzte.
    Als ich unten an der Treppe ankam, war ich mir ziemlich sicher, dass er gegangen war. Die Fenster an beiden Seiten der Eingangstür waren verdreckt, ich konnte aber trotzdem die Einfahrt erkennen; sie war leer. Der Fiesta war verschwunden. Ich versuchte die Haustür zu öffnen, doch sie war natürlich wie erwartet verschlossen. Ich prüfte erneut mein Handy, und diesmal hatte ich Empfang. Zwar nur zwei Balken, aber die sollten reichen. Ich wählte Sams Nummer. Es klingelte und klingelte, dann ging er dran.
    »Hallo?«, flüsterte ich eindringlich. »Sam, hörst du mich?«
    Das Telefon piepte, der Anruf wurde getrennt. Ich schickte ihm noch eine Nachricht.
    Bin in großem Haus in der Grayswood Lane. Eibenhecke. Er ist weg, kommt aber zurück. Beeil dich. A
    Unten war der Gestank viel schlimmer. Ich wollte mich hier nicht umsehen, andererseits musste ich einen Fluchtweg finden, denn er kam bestimmt bald zurück, und da wollte ich auf keinen Fall mehr hier sein.
    Hinter mir hörte ich ein Geräusch, dasselbe wie vorhin – es war ein Stöhnen, das zu einem Jammern wurde. Es schien etwas näher, aber immer noch ziemlich weit entfernt. Die Türen waren alle geschlossen, dennoch versuchte ich die erstbeste und gelangte in eine große Küche, in der ein großer Bauerntisch aus Holz stand. Dahinter führten große Verandatüren in den weitläufigen Garten hinaus. Die Küche war ordentlich aufgeräumt, aber nicht sauber, und der unangenehme Geruch wurde stärker. Ich kam also der Sache näher.
    »Audrey?«, sagte ich, und dann ein wenig lauter. »Audrey? Hörst du mich?«
    Ich wartete und lauschte. Nichts. Meine Schuhe knirschten auf den toten Fliegen – hier lagen noch viel mehr herum. Am anderen

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