Wofuer wir kaempfen
spielen können – so wie seine zwei Jungen zu Hause in Garmisch-Partenkirchen es tun, so wie er Fußball spielen konnte ohne Angst vor Gewalt, als er selbst jung war. Tino und Stefan wundern sich, dass in den deutschen Medien nie über solche positiven Ereignisse berichtet wird, darüber, dass der Einsatz auch Fortschritte zeigt. Warum immer wieder nur diese Schreckensbilder über Anschläge und Todesopfer?
Oberstleutnant Armin Franz
Das Team von Stefan Deuschl trifft sich nach der Rückkehr ins Lager zum Mittagessen mit Oberstleutnant Armin Franz. Franz ist zwar Reservist, meldet sich aber jedes Jahr freiwillig zu einem mehrmonatigen Auslandseinsatz. In Kabul ist er zuständig für die Betreuung der Besuchergruppen und Delegationen, die dort ins deutsche Camp kommen. Für das kommende Wochenende steht wieder Besuch an, der mit den örtlichen Sicherheitskräften und der Botschaft koordiniert werden muss. Angeblich soll es der deutsche Generalbundesanwalt Kay Nehm sein, der mit afghanischen Regierungsstellen über Ermittlungsersuchen und einen Ausbau bei der Strafverfolgung sprechen will. Nehm wäre ein äußerst gefährdetes Anschlagsziel.
Franz ist nicht verheiratet und hat keine Kinder. Die Bundeswehr ist seine Familie, sagen Stefan und Tino später. Nach dem Ende seiner aktiven Zeit als Zeitsoldat Anfang der Achtzigerjahre nimmt der gelernte Maschinenbauingenieur freiwillig an über 40 Wehrübungen teil. Anfang 2001 wird er zum Oberstleutnant befördert. Achtmal meldet sich der Offizier freiwillig zu gefährlichen Auslandseinsätzen. Insgesamt 737 Tage dient er im Kosovo. Franz ist schon seit Mitte Juni in Kabul und zuständiger Besuchsoffizier des 8. deutschen Einsatzkontingents ISAF, als Tino und Stefan auf dem Kabul International Airport landen.
Die Feldjäger arbeiten gerne mit Franz zusammen. Das Vorteam, das Stefan und Tino jetzt abgelöst haben, berichtet über die guten Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit ihm. Sie mögen seine ruhige und geradlinige Art. Ein Pfundskerl, professionell, mit fast skurrilen Zügen. Im Camp Warehouse erlangt Franz eine gewisse Berühmtheit wegen seines Morgenrituals: Täglich Punkt sieben steht er im Morgenmantel vor
seinem Wohncontainer und raucht für alle sichtbar seine erste Zigarette. Die Soldaten im Lager könnten ihre Uhren danach stellen. Franz nimmt an fast allen Einsatzbesprechungen der VIP-Personenschützer teil. Er hat die streng vertraulichen Informationen über die Reisedaten der Besucher, ihre Termine und Gesprächspartner direkt vom Einsatzführungskommando in Potsdam. Nichts davon darf nach außen dringen, wenn jede mögliche Vorbereitung von Anschlägen der Taliban verhindert werden soll. Die Zusammenarbeit ist diskret und vertrauensvoll. Franz ist kein typischer Reservist. Er pocht nicht auf seinen Rang oder sein Dienstalter und macht sich nicht wichtig, sondern er hört zu und erwirbt sich wegen seiner Professionalität schnell den Respekt der Berufssoldaten. Seine Einwände sind fundiert und überzeugend. Er spricht nicht viel über seine vergangenen Auslandseinsätze, schon gar nicht über Persönliches. Aber die Männer spüren seine Erfahrung und die Personenschützer schätzen seine schnörkellose Art. Sie wissen, dass Franz genau deshalb dieser schwierige Job anvertraut wurde und er wegen seiner Umsichtigkeit in den vorangegangenen Auslandseinsätzen mit der NATO-Medaille KOSOVO und ISAF, der KFOR-Einsatzmedaille in Gold sowie der ISAF-Einsatzmedaille in Bronze ausgezeichnet worden ist.
Gegen 13 Uhr 45 beenden die Soldaten ihre Mittagspause und machen sich zur Abfahrt fertig. Vor dem Essen hatten die Soldaten ihre Geländewagen in die »Inst« – das Bundeswehrkürzel für die »Instandsetzungseinheit« – gebracht. Wegen des allgegenwärtigen Sandstaubs auf den Straßen Kabuls müssen die Luftfilter der Wagen nach jeder Fahrt kontrolliert werden. Auch die Waffen werden gereinigt und geprüft. Der Wolf von Kommandoführer Stefan Deuschl ist noch in der Instandsetzung und nicht einsatzbereit. Er fragt in die Runde: »Wer fährt?« Ohne zu zögern meldet sich Tino. »Okay, abfahrbereit
14 Uhr – dann holen wir den Franz ab und fahren nach Kabul rein.« Ab da lief der Countdown.
Gegen 14 Uhr 35 passiert der Wolf mit Stefan, Tino und Armin Franz das schwer bewachte Tor von Camp Warehouse Richtung Kabul City. Tino sitzt am Steuer, Stefan auf dem Beifahrersitz, Armin Franz hinten rechts. Der gepanzerte Wolf biegt auf die Route Violet ein,
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