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Wohin das Herz uns trägt

Wohin das Herz uns trägt

Titel: Wohin das Herz uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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ihre Arbeit liebte. Sie war ein einsames Kind voller Hemmungen und Komplexe gewesen und erinnerte sich an diese schreckliche Zeit nur allzu genau. Aber letztlich hatten ihre Kindheit und Jugend sie zu einer außergewöhnlichen Psychologin gemacht.
    Natürlich war dieser Aspekt der Geschichte nie von der Presse aufgegriffen worden. Genauso wenig wie jemals eine Liste all der Kinder veröffentlicht worden war, denen Julia geholfen hatte.
    Als Richterin Carol Myerson ihren Platz einnahm, wurde es still im Saal. Sie war eine streng wirkende Frau mit kastanienrot gefärbten Haaren und einer altmodischen Lesebrille.
    Der Gerichtsdiener kündigte den Fall an.
    Auf einmal wünschte sich Julia, sie hätte außer ihrer offiziellen Begleitung noch jemanden bei sich, eine Freundin oder eine Verwandte, die ihr beistand und vielleicht ihre Hand hielt, wenn alles vorbei war. Aber für sie war die Arbeit immer vor dem Privatleben gekommen. Und deshalb hatte sie auch nie Zeit für ihre Freunde gehabt. Ihr eigener Therapeut hatte sie des Öfteren auf dieses Manko hingewiesen, sie hatte jedoch seine Meinung nicht geteilt. Bis heute.
    Neben ihr stand Frank, ihr Anwalt. Ein beeindruckender Mann, groß und auf elegante Weise schmal, mit dunklen Haaren, die, beginnend bei den Koteletten, in angemessener Reihenfolge ergrauten. Sie hatte ihn wegen seiner brillanten Intelligenz ausgesucht, aber möglicherweise spielte sein Auftreten sogar noch eine größere Rolle. In einer Umgebung wie dieser hatte die äußere Form oft mehr Gewicht als die Substanz.
    »Euer Ehren«, begann er mit seiner unvergleichlich sanften und dennoch überzeugenden Stimme, »eigentlich ist es doch vollkommen absurd, dass Julia Cates bei diesem Prozess auf der Anklagebank sitzt. Obgleich die Debatte über die Grenzen der Vertraulichkeit im psychiatrischen Bereich immer wieder aufflammt, liegen doch einige Präzedenzfälle vor, von denen ich Tarasoff gegen Regents of University of California anführen möchte. Dr. Cates wusste nichts von der Gewaltbereitschaft ihrer Patientin, und es gab auch keine Hinweise, dass sie eventuell eine Gefahr für ihre Mitmenschen darstellen könnte. Daher möchten wir mit allem gebührenden Respekt beantragen, die Anklage gegen sie fallen zu lassen. Danke.« Er setzte sich wieder.
    Am Tisch der Anklage erhob sich nun ein Mann in einem pechschwarzen Anzug. »Vier junge Menschen sind tot, Euer Ehren. Sie werden nie heranwachsen, sich nie auf die Suche nach einem passenden College begeben, nie eigene Kinder haben. Dr. Cates war Amber Zunigas Psychotherapeutin. Drei Jahre lang hat Dr. Cates zwei Stunden die Woche mit Amber verbracht, hat sich ihre Probleme angehört und Medikamente für die immer stärker werdende Depression verschrieben. Doch bei all dieser Vertrautheit soll uns jetzt glauben gemacht werden, Dr. Cates hätte nicht gewusst, dass Amber zunehmend aggressiver und depressiver wurde. Es wird behauptet, es habe keinerlei Hinweis darauf gegeben, dass die Patientin eine automatische Schusswaffe erstehen und die Tat begehen würde, aufgrund derer wir alle heute hier sind und in deren Verlauf Amber mehrere Mitglieder ihrer kirchlichen Jugendgruppe erschossen hat.« Der Anwalt kam hinter dem Tisch hervor und stellte sich mitten in den Raum.
    Dann drehte er sich langsam zu Julia um. Das war der Moment, der um die Welt gehen, den jeder anwesende Gerichtszeichner auf seinem Skizzenblock festhalten würde. »Dr. Cates ist Expertin auf ihrem Fachgebiet, Euer Ehren. Sie hätte die Tragödie vorhersehen und verhindern, die Opfer warnen oder Miss Zuniga einweisen lassen müssen. Wenn sie tatsächlich nichts von Ambers Gewalttendenzen gewusst hat, hätte sie diese doch zumindest ahnen sollen! Daher ersuchen wir Sie mit allem Respekt, die Anklage gegen Dr. Cates unbedingt aufrechtzuerhalten. Es geht hier um Gerechtigkeit. Die Familien der ermordeten Jugendlichen haben es verdient, dass diejenige Person Wiedergutmachung leistet, die am ehesten den Mord hätte vorhersehen und verhindern müssen.« Damit ging er zurück an seinen Tisch und nahm wieder Platz.
    »Das ist nicht wahr«, flüsterte Julia. Obwohl sie wusste, dass niemand sie hörte, musste sie es aussprechen. Bei Amber war nie etwas von einer gewalttätigen Neigung zu spüren gewesen. Alle Teenager, die mit einer Depression zu kämpfen hatten, redeten gelegentlich darüber, dass sie ihre Mitschüler hassten. Zwischen einer solchen Äußerung und dem Kauf oder gar Gebrauch einer Waffe

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