Wolfsgesang - Handeland, L: Wolfsgesang
nach Crow Valley.
Ich machte mir nicht die Mühe, Mandenauer anzurufen, um mich anzukündigen. Er hatte von Anfang an gewusst, dass ich kommen würde. Ganz gleich, was er von mir verlangte, ich würde es tun. Nicht, weil ich ihn respektierte, auch wenn ich das tat, und zwar mehr als jeden anderen Menschen, den ich je gekannt hatte, sondern weil er mich tun ließ, was ich tun musste. Die Tiere, die Monster, die Werwölfe töten.
Es war das Einzige, wofür ich noch lebte.
2
Als ich die kleine Stadt in den nördlichen Wäldern endlich erreichte, ging gerade der Mond auf. Nicht dass ich mehr als den halben hätte sehen können.
Aber die Kugel war dort obe n – wartete, atmete, schwoll an. Ich wusste es, und die Werwölfe wussten es ebenfalls. Nur weil der Himmel nicht silbern erstrahlte, bedeutete das nicht, dass die Monster sich nicht verwandelten, jagten und töteten.
Als ich meinen Wage n – der, das schwöre ich, dieselbe vierzylindrige Mistkarre war, die ich am Flughafen in Kanada abgegeben hatt e – verlangsamte, erregte eine huschende Bewegung in einer Seitengasse meine Aufmerksamkeit. Ich hielt am Straßenrand und stieg aus.
Crow Valley verströmte diese typische unbelebte Atmosphäre, wie sie jeder kleinen Stadt ab dem frühen Abend anhaftet. Allerdings war ich mir nicht sicher, ob das hier der klassische Bürgersteige-Hochklapp-Effekt war, oder ob sich die Bevölkerung wegen der Wölfe angewöhnt hatte, nach Einbruch der Dunkelheit drinnen zu bleiben.
Edward musste mich aus einem schwerwiegenderen Grund als wegen einer schlichten Werwolf-Epidemie herzitiert haben. Auch wenn ich einen neuen Jägersucher trainieren sollte, musste es ein Motiv dafür geben, es ausgerechnet hier in Shit Heel zu tun. Ich meine Crow Valley.
Das Scharren eines Schuhs auf Zement drang an mein Ohr.
„Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste“, murmelte ich, während ich die Pistole aus dem Auto nahm.
Das Gewehr oder die Flinte wären besser gewesen, aber so gern ich es auch getan hätte, konnte ich nicht einfach mit einer Schusswaffe, die so lang war wie mein Bein, die Hauptstraße entlangspazieren. Ich hatte zwar den entsprechenden Ausweis, war aber nicht in Uniform. Jemand würde mich aufhalten; dann würde es Fragen gebe n – und Antworten. Dafür hatte ich keine Zeit. Und falls da wirklich ein Wolf in dieser Gasse war, wäre er nahe genug, um ihn mit meiner Glock zu erledigen.
Ich kroch zu der Öffnung und blickte die Gasse hinunter. Eine einsame Straßenlaterne zeichnete für einen kurzen Moment die Silhouette eines Mannes gegen die Mauer, bevor er am entlegenen Ende des Gebäudes verschwand.
Ich hätte es auf sich beruhen lassen, wäre da nicht dieses Heulen gewesen, das plötzlich die nächtliche Stille durchdrang. Meine Nackenhärchen kribbelten, und ich schüttelte den Kopf. Vor langer, langer Zeit hätte der dicke Zopf, der bis zu meiner Taille reichte, dieses Kribbeln vertrieben. Aber ich hatte meine Haare damals abgesäbelt und trug inzwischen einen fast schon militärischen Bürstenschnitt. Das Leben war auf diese Weise so viel einfacher.
Während ich an der Vorderseite des Gebäudes entlangschlich und dabei der Richtung folgte, die der Mann eingeschlagen hatte, ertönte aus den umliegenden Wäldern ein vielstimmiges Heulen als Antwort.
Ich spähte um die Ecke und sah, wie ein Wolf auf die Bäume zutrottete. Ich seufzte erleichtert. Ich würde nicht lange warten müssen. Nur ein Anfänger würde einen Werwolf mitten in der Verwandlung erschießen. Dann stand man mit einer Leiche da, die halb Mensch und halb Wolf war, was ein bisschen schwer zu erklären ist. Glaubt mir. Ich habe es versucht.
Obwohl ich die Leichen immer verbrannte, konnte ich nie wissen, wer meinen Weg kreuzen würde, während das Feuer noch im Gang war. Es war immer besser zu warten, bis sie vollständig zu Wölfen geworden waren, bevor man sie erledigte.
Allerdings kann zu langes Zögern gesundheitsgefährdend sein. Doch zum Glück hatte ich es in diesem Fall mit einem schnellen Gestaltwandler zu tu n – also entweder ein übereifriger oder ein sehr alter Werwolf. Dieser hier war nicht so groß wie das durchschnittliche Männchen, aber definitiv ein Wolf und kein Hund. Selbst riesige Hunde haben kleinere Köpfe als Timberwölfe, was einen der Hauptunterschiede zwischen dem Canis familiaris und dem Canis lupus darstellt.
Der Wolf sprang auf den Wald zu, während das Heulen in der Nacht verklang. Ich ließ ihn die Bäume
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