Worm
Tag. Wie um alles in der Welt sollten sie das hinbekommen?
»F&*king Hell« , postete Rodney Joffe von seinem Büro in Phoenix aus.
Dave Dagon von der Georgia Tech stellte sich vor, was es hieße, sollten sie die Sache irgendwie hinbekommen:
Haben wir den Mumm, die Blockierung von 50 000 Domains pro Tag in Angriff zu nehmen? Wenn es klappt, würde das dem Botmaster signalisieren, dass diese Organisation das nicht mit Geld, sondern mit politischen Mitteln macht. Das könnte dieses Katz-und-Maus-Spiel beenden – oder die Sache weiter eskalieren lassen … Leute, wir leben in aufregenden Zeiten.
Gleich darauf stellte Rodney eine weitere Nachricht online, in der er alles ansprach, was ihm in dem Moment in den Sinn kam. Zumindest ein paar der betroffenen TLD s könnten beschließen, einfach einen Schlussstrich zu ziehen – denn selbst wenn es der »Kabale« gelang, Conficker C einzupferchen, was sollte den Botmaster davon abhalten, eine D-Variante nachzuschieben? Dann E? Und F?
Ich vermute, einige TLD s werden wohl sagen: »Da es völlig ausgeschlossen ist, dass wir D in den Griff bekommen [wie absurd viele Domains der Botmaster Conficker als Nächstes auch immer ausspucken lässt], sind wir nicht bereit, Zeit und Geld auf C zu verschwenden, solange es keine Exit-Strategie gibt.« Wir wussten, dass so etwas passieren kann. Nun ist es passiert. Was ist unser Plan C?
Von seinem Büro in Redmond aus berief T. J. Campana eine sofortige Telefonkonferenz ein und versuchte, den demoralisierten Truppen mit einer E-Mail wieder Hoffnung zu machen:
Entweder tragen wir jetzt den Kampf zu unseren Gegenspielern oder wir gehen nach Hause. Ich bin dafür, es zu versuchen … und wenn sie auf 100 000 erhöhen, versuchen wir eben das … Wir werden auf die Probe gestellt, Leute. Die DNS -Infrastruktur wird auf die Probe gestellt … Lasst uns den Spieß umdrehen und es wenigstens versuchen.
Als Einzelheiten über die neue Variante bekannt wurden – Phil und sein Team in Menlo Park arbeiteten das gesamte Wochenende hindurch und sezierten den neuen Wurm in Rekordzeit – , fielen die Reaktionen noch bestürzter aus.
Rodney zum Beispiel klagte:
Die hier eingesetzten Techniken repräsentieren den nächsten evolutionären Schritt und sollten uns deshalb eine Heidenangst einjagen. Uns war schon sehr früh klar, dass unsere Eindämmungsstrategie für A/B eine Ebene höher nicht mehr funktionieren würde, und genau das wird uns gerade demonstriert. (Ich habe wenig Hoffnung, dass uns die [ TLD -] Betreiber zuhören werden, viel weniger noch, dass sie uns vertrauen und auch noch diese Zusatzbelastung schultern werden – und schon gar nicht, dass sie das auf fehlerfreie Weise machen können.)
Zum ersten Mal zweifelten die X-Men an sich selbst.
»So langsam stinkt das gewaltig nach einem Insiderjob«, schrieb ein Sicherheitsexperte von der kanadischen Telekommunikationsgesellschaft Bell Aliant.
»Ich wiederhole jetzt hier, was ich schon unter vier Augen gesagt habe«, blies Rodney ins selbe Horn. »Die Leute hinter dem Ding sind wir.«
Diese etwas kryptische Nachricht ließ einige der wortgetreuen Auslegung zugeneigte Mitglieder der »Kabale« vermuten, der Conficker-Autor könnte in der Tat einer von ihnen sein. Woraufhin Rodney klarstellte, wie er das gemeint hatte: dass die Leute, die hinter dem Wurm steckten, zum selben Schlag gehörten wie sie selbst. Dass sie gleichermaßen talentierte, erfahrene und hart arbeitende Mutanten waren – und mehr noch, dass der Vorteil in diesem Spiel auf ihrer Seite lag. Die anderen waren in der Offensive. Der Botmaster hatte einfach gewartet, bis die Gruppe ihren Zug machte. Als sie alle 250 Domains blockierten, die der Wurm Tag für Tag generierte, hatte er einfach den Algorithmus des Wurms potenziert und den Schwierigkeitsgrad des Spiels in die Stratosphäre gejagt.
»W ie können wir in diesem Spiel für Chancengleichheit sorgen?«, wollte Rodney wissen.
Worauf Paul Vixie, zuversichtlich wie immer, erwiderte:
Das können wir nicht. Wir verlieren. Nun, da wir VERLOREN haben bzw. wissen, dass WIR VERLIEREN WERDEN , sollten wir darüber nachdenken, wie wir ein paar sichere Viertel im Internet erschaffen. Den Rest überlassen wir den Drogenbaronen. Es wird wie in dem Film Escape from New York [ Die Klapperschlange ] sein, nur mit dem Unterschied, dass unsere geschützte Wohnanlage mittendrin und nicht außerhalb liegt.
Angesichts des allgemeinen Schockzustands, der die
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