WoW 13 - Sturmgrimm
essen, dann schlafen... bis der Traum sie wieder aufweckte und derart erschreckte, dass es besser war, weiterzugehen.
Auf eine merkwürdige Art begrüßte die Orcfrau das sogar. Denn neuerdings barg der Schlaf für jedermann Risiken. Davon abgesehen brachte sie jeder Schritt dem erklärten Ziel näher, ihren Blutsverwandten zu rächen.
Ihr war klar geworden, dass sie noch von etwas anderem angetrieben wurde: Sie musste eine Katastrophe verhindern, die nicht nur ihr eigenes Volk bedrohte, sondern die ganze Welt.
Broxigar, der Orc, war der Bruder ihres Vaters gewesen, obwohl ihre Väter nicht dieselben waren. Sie wusste von seinem legendären Kampf mit seinen Kameraden gegen die Brennende Legion. Ein Kampf, den Broxigar - oder Brox - als Einziger überlebt hatte. Selbst als Kind hatte Thura die Schuld spüren können, die ihn umtrieb, weil er lebte und seine Freunde nicht.
Und dann hatte Thrall, der große Führer der Orcs, den erfahrenen Krieger zusammen mit einem anderen Wesen auf eine geheimnisumwobene Mission geschickt. Keiner von beiden war zurückgekehrt, aber irgendwann war das Gerücht aufgekommen, ein alter Schamane habe die wundersame hölzerne Axt aus dem Traum zurückgebracht und sie bei Thrall gelassen.
Der Schamane hatte berichtet, dass Brox ein Held geworden sei. Dank seiner Hilfe waren nicht nur die Orcs, sondern auch alle anderen Völker gerettet worden. Es wurde erzählt, dass dem Schamanen Flügel gewachsen seien und er sich in einen riesigen Vogel oder Drachen verwandelt hätte, der in der Nacht verschwand.
Thura wusste nicht, ob das stimmte. Als sie selbst ins Kriegeralter gekommen war und ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen konnte, hatte ihr Thrall persönlich die sagenhafte Axt übergeben. Schließlich war Thura die einzige Überlebende aus Brox' Klan, abgesehen von ihrem Onkel Saurfang, der gerade selbst einen Sohn verloren hatte. Die Axt hätte genauso gut ihm zugestanden. Doch Thralls Schamane hatte geträumt, dass sie an Thura gehen sollte. Niemand wusste, warum. Aber Thrall war der Eingebung des Schamanen gefolgt.
Thura fühlte sich geehrt, eine solche Waffe führen zu dürfen. Die Ironie entging ihr dabei nicht. Vor vielen Jahren hatten die Orcs unter dem Kommando des legendären Grom Höllschrei die Wälder des Eschentals gestürmt und Cenarius getötet, der ihnen entgegengetreten war. Damals hatten sie unter dem Bann des Dämonenlords Mannoroth gestanden.
Das war geschehen, bevor Thrall seinem Volk wieder beigebracht hatte, die Natur zu achten. Cenarius' Tod war bedauerlich... doch Thura hatte nichts damit zu tun gehabt, und mit ihrem orcischen Sinn für das Praktische nahm sie einfach an, dass der Geist des Cenarius das genauso sah.
In dem Moment, da sie die Axt in die Hand genommen hatte, hatte es sich richtig angefühlt. Doch in der Waffe steckte noch etwas anderes. Es war nicht sofort offenbar geworden. Nicht einmal während der ersten Jahre. Nein, ihr Geheimnis hatte sie erst später enthüllt, und zunächst hatte Thura es ignoriert.
Ein Traum war schließlich nur ein Traum...
Oder auch nicht.
Thura hatte keinen Schamanen gebraucht, um schließlich die Wahrheit zu erkennen. Der Geist ihres verschollenen Ahnen hatte Rache verlangt. Der Traum offenbarte ihr die ganze Wahrheit, dessen war sie sich sicher. Sie hatte gesehen, wie Brox wirklich ums Leben gekommen war... verraten von jemandem, den er für einen Freund hielt.
Dem Nachtelf.
Und obwohl sie nicht sagen konnte, woher, wusste Thura dennoch, dass jener Nachtelf immer noch lebte und gefunden werden konnte. Sie musste nur auf ihre Träume achten. Jedes Mal, wenn sie daraus erwachte, ahnte sie die Richtung, in die sie gehen musste. Die Richtung, in der sie den verräterischen Mörder des tapferen Brox finden würde.
Brox hatte ihr dessen Namen genannt, der seit dem allerersten Traum in ihrem Kopf widerhallte, obwohl sie nie gehört hatte, wie er laut ausgesprochen wurde.
Malfurkm Sturmgrimm... Malfurion Sturmgrimm...
Sie verstaute ihre Axt - die einst Brox gehört hatte. Die Orcfrau hatte einen Schwur auf ihren toten Onkel geleistet. Sie würde Malfurion Sturmgrimm finden, ganz gleich, wie weit sie reisen musste und ganz gleich, was die Blutrache von ihr dafür verlangte.
Sie würde Malfurion Sturmgrimm finden... und eine seit langem überfällige Gerechtigkeit an ihm üben.
Vielleicht würde Thura sogar Azeroth noch retten können - bevor es dafür für immer zu spät war...
I
Teldrassil
Eine Vorahnung,
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