WoW 13 - Sturmgrimm
wie die anmutige Priesterin der Nachtelfen sie seit dem Fall von Zin-Azshari nicht mehr gespürt hatte, erschütterte sie bis ins Mark.
Tyrande Wisperwind versuchte, sich ihrer Meditation hinzugeben. Darnassus, die neue Hauptstadt der Nachtelfen, war als Zeugnis für das Überleben ihres Volkes erbaut worden. Und nicht, um eine verrückte Königin zu ehren.
Obwohl viel kleiner als ihre Vorgängerin, war die Stadt Darnassus auf ihre eigene Weise nicht weniger spektakulär. Das lag auch an ihrer Lage hoch in den westlichen Ästen von Teldrassil... dem Weltenbaum. Er war so groß und mächtig, dass die Nachtelfen darauf imposante Bauten hatten errichten können wie etwa den Tempel des Mondes. Die dazu benötigten Steine stammten vom Festland und waren mittels Magie in die unglaublichen Höhen geschafft worden. Noch beeindruckender als die Tatsache, dass die Hauptstadt auf Teldrassils Ästen stand, war, dass sie nur die größte von etlichen Siedlungen im Laubwerk war.
Dabei hatte sie viel den Druiden zu verdanken, die den Baum aufgezogen hatten.
Tyrande versuchte, ihr Bedürfnis nach Frieden nicht von den Gedanken an die Druiden beeinflussen zu lassen. Sie respektierte die Druiden, weil die Natur immer ein zentraler Teil der Existenz der Nachtelfen gewesen war und auch weiterhin sein würde.
Doch selbst, wenn sie nur flüchtig an die Druiden dachte, wurden Erinnerungen wach, die gleichsam wundervoll und sehr schmerzhaft waren. Erinnerungen an ihren Freund aus Kindertagen, ihren Geliebten, Malfurion Sturmgrimm.
Das sanfte Licht der Mondgöttin schien durch das runde Dachfenster aus Buntglas in die große zentrale Kammer. Zeitweilig verwandelte es sich von silbern zu einem sanften Purpur, so wie momentan. Doch es wurde wieder silbern, als es auf den glitzernden Teich traf, der die Statue von Haidene umgab - die erste Hohepriesterin, die als Kind die gesegnete Stimme von Elune gehört hatte.
Wie üblich saß Tyrande im Schneidersitz am Teich auf den riesigen Steinstufen vor Haidenes emporgereckten Armen und versuchte verzweifelt, von ihren Vorgängerinnen und der Göttin Trost und Führung zu erhalten. Sie brauchte Hilfe, um das wachsende Gefühl der Angst loszuwerden. Obwohl Priesterinnen und Novizinnen oft zum Meditieren und um Frieden zu finden hierherkamen, war Tyrande zu dieser Stunde allein.
Sie hatte die Augen zugepresst und versuchte erfolglos, jeden Gedanken an Malfurion aus ihrem Geist zu verbannen. Das Band ihrer stürmischen Beziehung reichte zurück bis an den Anfang des Kriegs der Ahnen, als sie, Malfurion und sein Zwillingsbruder Illidan die Unschuld der Jugend verloren hatten und erfahrene Krieger geworden waren. Sie erinnerte sich noch lebhaft an Illidans Verrat und ihre Gefangenschaft in Azsharas Palast. Und obwohl sie bewusstlos gewesen war, als man sie dorthin gebracht hatte, durchlebte Tyrande den Transport in ihrer Erinnerung so, wie sie ihn sich vorstellte. Gefangen von Xavius' Dienern, dem bösen Berater der Königin, der vom Herrn der Brennenden Legion in einen Satyr verwandelt worden war. Auch der Beinaheverlust ihres geliebten Malfurion war ihr ins Gedächtnis gebrannt, nachdem er es eben erst geschafft hatte, die Dämonen von ihrer Welt zu verbannen. Ihr Herz schmerzte bei der Erinnerung daran, wie er den letzten Rest seiner Macht beschworen hatte, um sie zu retten.
Doch am nachhaltigsten erinnerte sie sich an all die Hoffnungen und Träume, die sie beide nach dem Krieg geteilt hatten. Sie planten ein gemeinsames Leben zu beginnen. Wollten, dass Azeroth keine weiteren Opfer mehr von ihnen beiden verlangen konnte.
Doch zu Tyrandes großer Enttäuschung führte Malfurions Berufung ihn wieder fort. Er begann, andere Druiden auszubilden, weil Azeroth selbst so viel Heilung benötigte, und sie gehörten zu den eifrigsten Helfern. Als Malfurion sich dazu entschloss, Tyrande jahrelang zu verlassen, um durch den Smaragdgrünen Traum zu wandeln, hatte sie sich manchmal gefragt, ob er sie jemals wirklich geliebt hatte.
Tyrande war mittlerweile in die Rolle der Hohepriesterin der Elune gedrängt worden. Und praktisch gegen ihren Willen war sie zur Herrscherin ihres Volkes aufgestiegen. Erst in dieser Position hatte sie die Gesellschaft der Nachtelfen nachhaltig ändern können. Etwa indem sie das traditionelle - und oftmals fehlerhafte - System der militärischen Befehlskette auflöste, das allein auf Abstammung basierte. Stattdessen gründete sie die Schildwache, deren Offiziere nur durch
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