Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt
Es interessiert mich nicht, welche Farbe eure Haut hat oder wie ihr euch nennt, solange die Arbeit getan wird.«
Sie sah Jani Khuprus an. »Du kannst Ingenieure und Arbeiter in Bingtown finden. Du hast hier ein Arbeitsheer. Ich werde morgen losfliegen, den Kendry befreien, die anderen Lebensschiffe suchen und sie zu euch schicken. Ich erkläre weiterhin, dass ich die Gewässer zwischen Trehaug und Bingtown von allen feindlichen Schiffen freihalten werde, solange ihr diese Arbeit ausführt. Damit dürfte ja wohl endlich alles geregelt sein.«
Der Himmel war schwarz. Die Drachenkönigin glänzte silbern und blau, und ihr Kopf schwang langsam hin und her, während sie auf die Zustimmung wartete. Das flackernde Licht der Fackeln ließ Lichtreflexe über ihre wundersame Gestalt zucken. Ronica hatte das Gefühl, sie befände sich in einem Märchen und würde Zeugin eines großen Wunders. Die kleinen Probleme schienen plötzlich nicht einmal einer Diskussion würdig. Hatte Tintaglia nicht gesagt, das sie nur sehr kurzlebige Geschöpfe wären? Sicher konnte es keine besondere Rolle spielen, was in dieser kurzen Zeitspanne geschah, die sie erlebten. Tintaglia dabei zu dienen, die Drachen wieder in die Welt zu bringen, bot ihnen eine Möglichkeit, sicherzustellen, dass ihr Leben eine Spur in einem weit größeren Zusammenhang hinterließ.
Ein Seufzer der Zustimmung schwoll in der Menge an, und Ronica merkte, wie sie selbst langsam nickte.
»Malta.« Dieses Wort, das Keffria leise neben ihr äußerte, störte Ronica. Es war so ruhig in der Halle geworden, dass die beiden Silben wie ein Kieselstein wirkten, den man in einen stillen Weiher warf. Einige blickten in ihre Richtung. Ihre Tochter holte tief Luft und wiederholte den Namen lauter.
»Malta.«
Die Drachenkönigin sah sie an, und ihr Blick war alles andere als erfreut. »Was war das?«, wollte sie wissen.
Keffria trat kämpferisch auf den Drachen zu. »Malta!« Jetzt schrie sie den Namen. »Malta war meine Tochter. Mir wurde gesagt, dass du sie in ihren Tod gelockt hättest. Und jetzt steht aufgrund irgendeiner verruchten Magie mein Sohn, mein letztes Kind, vor dir und lobpreist dich. Mein Volk murmelt und lächelt dich an wie Kleinkinder, die von einem glänzenden Spielzeug geblendet werden.«
Ronica war wütend über Keffrias Worte. Wie konnte sie es wagen, zu dieser glorreichen und wohlwollenden Kreatur so zu sprechen? Zu diesem Geschöpf, das ganz Bingtown gerettet hatte. Diese Geschöpf sollte für Maltas Tod verantwortlich sein? Ronica war benommen, als sie wie aus einem tiefen Schlaf erwachte.
»Aber Mutter…!«, flehte Selden und packte ihren Arm. Keffria schob ihren Sohn entschlossen zur Seite und redete weiter. Ihre Wut darüber, wie die Drachenkönigin die Menschen manipulierte, hatte endlich den Eispanzer um ihr Herz zum Schmelzen gebracht. Zorn und Schmerz sprudelten nur so über ihre Lippen.
»Ich falle nicht auf deinen Glanz herein! Ich denke nur darüber nach, wie ich mich an dir rächen könnte. Wenn es so undenkbar ist, dass ich nicht das Wesen verehre, das meine Tochter dem Tod überantwortet hat, solltest du mich am besten sofort abschlachten. Hauch mich an, und schmelze mein Fleisch von meinen Knochen. Das ist es mir wert, wenn es dafür meinem Sohn die Augen öffnet und auch den anderen, die bereit sind, vor dir zu kriechen.«
Sie spie die letzten Worte förmlich aus und musterte die Menschen in der Halle. »Ihr wolltet nicht auf die Worte von Reyn Khuprus hören. Dann seht jetzt hin und erkennt ihre wahre Natur!«
Die Drachenkönigin warf den Kopf zurück. Das schwache Schimmern ihrer silbernen Augen ließ sie wie Sterne aussehen.
Sie riss ihr gewaltiges Maul auf, aber Keffria hatte endlich ihren Mut wieder gefunden. Selden stand vor Entsetzen erstarrt da, und sein Blick schoss zwischen dem Drachen und seiner Mutter hin und her. Es schmerzte Keffria tief, dass er anscheinend nicht in der Lage war, sich zwischen ihnen zu entscheiden, aber trotzdem wankte sie nicht. Die anderen wichen zurück, schufen Distanz zu Keffria, als die Drachenkönigin sichtbar Luft holte. In dem Moment drängt sich ihre Mutter durch die Menge und stellte sich neben sie. Ronica packte ihren Arm, und sie starrten zusammen trotzig das Geschöpf an, das Malta ihr Leben und Selden sein Herz geraubt hatte. Keffria fand ihre Stimme wieder. »Gib mir meine Kinder wieder! Oder töte mich!«
Von irgendwoher stieß Reyn gegen sie und schob sie einfach zur Seite.
Keffria
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