Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt
neblig gewesen, fast wie ein Traum. Deshalb wurde ihr auch erst jetzt klar, dass die Regenwildhändler den Satrapen und Kekki zu ihrem eigenen Schutz hier versteckt hatten.
Oder vielleicht doch nicht? Ihr Blick glitt kurz über Kekki, die sich im Bug zusammenrollte. Waren sie gut beschützte Gäste gewesen oder Geiseln? Vermutlich beides. Und Maltas Sympathien galten vollkommen den Regenwildhändlern. Je eher sie Satrap Cosgo und seine Gefährtin Kekki wieder ihrer Obhut übergab, desto besser. Sie waren wertvolle Tauschgüter, die man gegen den jamaillianischen Adel, die Neuen Händler und gegen die Chalcedeaner einsetzen konnte. Als sie dem Satrapen auf dem Ball das erste Mal begegnet war, hatte sie sich kurz von dem äußerlichen Glanz seiner Macht blenden lassen.
Jetzt jedoch wusste sie, dass seine elegante Kleidung und seine aristokratischen Manieren nur Tünche über einem nutzlosen, korrupten Jungen waren. Je eher sie ihn loswurde, desto besser.
Sie konzentrierte sich auf die Lichter vor sich. Als sie den Satrapen und seine Gefährtin aus der versunkenen Stadt der Altvorderen herausgeführt hatte, waren sie an einer Stelle an die Oberfläche gelangt, die weit von der entfernt war, an der Malta ursprünglich die unterirdischen Ruinen betreten hatte.
Ein breiter Streifen aus Morast und sumpfigen Untiefen des Flusses trennte sie noch von der Stadt. Malta hatte die Dunkelheit abgewartet, um sich von den Lichtern Trehaugs leiten zu lassen, bevor sie sich in dem uralten Boot der Altvorderen auf den Weg machten. Jetzt ging die Sonne auf, und sie paddelte immer noch auf die lockenden Laternen Trehaugs zu. Sie konnte nur hoffen, dass ihr missglücktes Abenteuer bald zu Ende war.
Die Stadt Trehaug lag in den Zweigen der riesigen Bäume.
Kleinere Kammern hingen schwankend in den obersten Ästen, während sich die größeren Familiensäle von Stamm zu Stamm spannten. An ihnen wanden sich gewaltige Treppen hinauf, deren Absätze genügend Platz für Händler, Spielleute und Bettler boten. Der Boden unter der Stadt war zweifach verflucht:
einmal aufgrund seiner Sumpfigkeit, und dann wegen der Labilität dieser erdbebengeplagten Region. Die wenigen vollkommen trockenen Flecken waren zumeist kleine Inseln rund um den Fuß der Bäume.
Diese gewaltigen Bäume, um die herum Malta das Boot auf die Stadt zusteuerte, glichen Säulen des vorzeitlichen Tempels eines vergessenen Gottes. Jetzt blieb das Boot wieder an einem Hindernis hängen. Wasser klatschte dagegen. Es fühlte sich jedoch nicht wie eine Wurzel an. »Was hält uns diesmal auf?«, fragte Malta und spähte nach vorn.
Kekki wagte es nicht einmal, sich umzudrehen und hinzusehen, sondern blieb zusammengekauert liegen. Sie schien sogar Angst zu haben, ihre Füße auf die Bohlen des Bootes zu setzen.
Malta seufzte. Allmählich glaubte sie, dass mit dem Verstand der Gefährtin etwas nicht stimmte. Entweder haben die Ereignisse des vergangenen Tages ihre Sinne verwirrt, dachte Malta bissig, oder sie ist immer schon dumm gewesen. Es hatten jedenfalls bereits einige Widrigkeiten genügt, um dieses Verhalten zu Tage zu fördern. Malta legte die Planke weg und kroch vorsichtig nach vorn. Das Boot schwankte, und sowohl der Satrap als auch Kekki schrien ängstlich auf. Malta ignorierte sie. Als sie den Bug erreichte, sah sie, dass der Kahn auf ein dichtes Gewirr aus Zweigen, Ästen und anderem Flussabfall aufgelaufen war. Aber in dem dämmrigen Licht konnte sie nicht erkennen, wie weit sich dieses Hindernis erstreckte. Vermutlich hatte die Strömung den Abfall hierher getrieben und zu diesem schwimmenden Morast verdichtet. Die Schicht war zu dick, als dass sie mit dem Boot hätten hindurchrudern können.
»Wir müssen es umfahren«, verkündete sie und kaute nervös auf der Unterlippe. Das bedeutete, sie mussten näher an die Hauptströmung des Flusses heran. Der Satrap hatte bereits angemerkt, dass jede Strömung sie flussabwärts nach Trehaug tragen würde. Vielleicht erleichterte ihr das ja ihre undankbare Aufgabe. Also setzte sie sich über ihre Ängste hinweg und ruderte das Boot von der Barriere weg und auf den Hauptkanal zu.
»Das ist unerträglich!«, rief Satrap Cosgo plötzlich. »Ich bin schmutzig, werde von Insekten gepeinigt, bin hungrig und durstig. Und das alles ist die Schuld dieser elenden Regenwildsiedler. Die sich hier übrigens niedergelassen haben, ohne eine offizielle Anerkennung ihres Status zu haben! Sie haben keinerlei rechtmäßigen Anspruch auf
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