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Zero Day

Zero Day

Titel: Zero Day Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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die Gärten über von Müll und verdrecktem Plastikspielzeug. Verrostete alte Fords und Dodges standen auf Betonklötze aufgebockt. Putz bröckelte von den rissigen Hauswänden. Sämtliche Holzflächen hätten frisch gestrichen werden müssen, und Dächer sackten ein, als übte Gott selbst von oben Druck auf sie aus. Das war so traurig, so erbarmungswürdig, dass Reed sich umso mehr nach einem Bier sehnte, denn in seiner Wohngegend sah es genauso aus. Er wusste, dass einige Privilegierte dank der Kohleflöze ein Vermögen verdienten, aber keiner von ihnen wohnte in einer Gegend wie dieser.
    Reed nahm das Päckchen aus dem Postkorb und schlurfte zum Haus. Das heruntergekommene zweistöckige Gebäude hatte eine Seitenwandung aus Kunststoff. Die weiße, verkratzte Eingangstür bestand aus Leichtbauplatten; davor war eine Ganzglastür angebracht. An der Veranda gab es eine Rollstuhlrampe aus Sperrholz. Die Sträucher vor dem Haus waren verwildert und im Absterben begriffen; ihre Zweige hatten sich gegen die Außenwandung gedrückt und sie eingebeult. Vor Reeds schwarzem Ford parkten zwei Autos auf dem Kies: ein Chrysler Minivan und ein brandneuer Lexus.
    Reed ließ sich einen Moment Zeit, um das japanische Auto zu bewundern. So ein Schlitten würde ihn wohl mehr als ein Jahresgehalt kosten. Andächtig berührte Reed den blauen Metalliclack. Am Innenspiegel sah er eine Fliegerbrille hängen. Auf der Rückbank lagen eine Aktentasche und ein grünes Jackett. Die Nummernschilder beider Fahrzeuge gehörten zu Virginia.
    Reed ging weiter, umrundete die Rampe, betrat die unterste Stufe der Eingangstreppe, schleppte sich drei Blöcke Gussbeton hinauf und klingelte. Er hörte das Bimmeln aus dem Haus hallen.
    Er wartete zehn Sekunden lang. Zwanzig. Seine Gereiztheit wuchs. Er läutete ein zweites Mal. »Hallo? Hier ist die Post. Ich bringe ein Einschreibepäckchen.« Seine Stimme, die er sonst während des gesamten Arbeitstages kaum benutzte, klang in seinen eigenen Ohren fremd, als spräche ein anderer. Reed senkte den Blick auf das flache Päckchen im DIN-A4-Format. Daran befestigt war das Formular, das unterschrieben werden musste.
    Nun komm schon, es ist tierisch heiß, und die Dollar Bar wartet auf mich.
    Reed schaute auf den Paketschein. »Mr. Halverson?«, rief er.
    Er kannte den Mann nicht, aber der Name war ihm von früheren Zustellungen geläufig. In ländlichen Gegenden freundeten manche Postzusteller sich sogar mit den Empfängern an. Reed gehörte nicht zu der Sorte. Er wollte sein Bier, keinen Small Talk.
    Er klingelte ein drittes Mal und klopfte mit den Fingerknöcheln zweimal kurz an die Glastür. Mit der Hand wischte er sich einen Schweißtropfen fort, der ihm in den von der Sonne geröteten Nacken rann. Sonnenbrand war sein Berufsrisiko, weil er sich den ganzen Tag bei offenem Wagenfenster heißem Sonnenschein aussetzte. In seinen Achselhöhlen sammelte sich Schweiß und tränkte das Hemd. Er fuhr das Auto nie mit geschlossenen Fenstern, sondern verzichtete auf die Klimatisierung. Sprit war teuer genug, ohne dass man ihn verschwendete.
    Nun hob er die Stimme. »Hallo, hier ist Ihr Postzusteller. Ich brauche eine Unterschrift. Wenn die Sendung retourniert wird, können Sie wahrscheinlich ewig darauf warten.« Er konnte die Hitze in der Luft flimmern sehen. Ihm war ein bisschen schwindlig. Allmählich wurde er zu alt für diese Scheiße.
    Erneut streifte sein Blick die beiden Fahrzeuge. Jemand musste im Haus sein. Er trat von der Tür zurück und legte den Kopf in den Nacken. Aus den Dachfenstern schaute niemand herunter. Ein Fenster allerdings stand offen.
    Reed klopfte nochmals an.
    Endlich hörte er, dass jemand kam. Die Holztür war einen Spaltbreit geöffnet, wie er jetzt erst bemerkte. Die Geräusche näherten sich und verstummten. Wegen seiner Schwerhörigkeit bemerkte Reed nicht den sonderbaren Klang der Schritte.
    »Post«, rief er. »Ich brauche eine Unterschrift.« Er leckte sich über die trockenen Lippen. Er sah schon einen Halbliterkrug Bier in seiner Hand, konnte es sogar schon schmecken.
    Mach die verdammte Tür auf.
    »Möchten Sie das Päckchen entgegennehmen?«, erkundigte er sich. Mir soll es egal sein. Ich kann es auch in den Hohlweg schmeißen. Wäre nicht das erste Mal.
    Endlich öffnete sich die Tür ein paar Zentimeter weiter. Reed zog die Glastür auf und streckte die Hand mit dem Päckchen aus. »Haben Sie einen Kuli?«, fragte er.
    Als die Holztür noch weiter aufschwang, blinzelte er

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