Zoe und der mächtige Tycoon
hob er eine dunkle Braue und bedachte sie mit seinem gewinnendsten Lächeln. „Wenn man was bedenkt, Letitia?“
Es folgte eine Pause, in der sie seine Hand freigab. „Oh, Max!“ Das sagte sie fast vorwurfsvoll, doch er behielt sein Lächeln bei und wartete. „Einfach jeder hat sich schreckliche Sorgen um dich gemacht, seit diesem Unfall. “
Augenblicklich schwand sein Anflug von Galgenhumor. Er mochte diese Situation provoziert haben, wollte aber trotzdem nicht an den Unfall erinnert werden. Der Rauch, die plötzliche Dunkelheit … der Fall ins absolute Nichts, die qualvolle Erkenntnis dessen, was gerade passiert war. Der Schmerz und die Erinnerung …
Nein, er wollte sich nicht erinnern!
Max straffte sich und nahm die Schultern zurück. Das war eine Haltung, die wie ein Schutzpanzer funktionierte. Nicht erst seit seiner Zeit bei der Armee, sondern schon in seiner Kindheit.
Steh gerade! Nimm es hin wie ein Mann!
„Danke für deine Besorgnis.“ Er sagte es in Form einer höflichen Entlassung, und Letitia bewies – vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben – genügend Klugheit, um es als eine solche zu akzeptieren. Fast war er froh darüber, den mörderischen Blick nicht sehen zu können, den sie ihm ohne Zweifel vor ihrem Abgang zuwarf, zusammen mit einem zuckersüßen Lächeln.
Endlich allein stürzte er den restlichen Champagner auf einmal herunter und dachte an Rückzug. Allerdings war es gerade erst einundzwanzig Uhr, und es stand noch eine Rede der Organisatorin dieser Vernissage aus – einer glamourösen Society-Lady mit dem klangvollen Namen Karen Buongornimo –, in der sie besonders ihm publikumswirksam danken wollte.
Also musste er wohl noch ein Weilchen ausharren.
Alles, was er bisher von seiner Gastgeberin gesehen hatte, waren ihre dunkel glänzende Haarflut und ein strahlend weißes Lächeln, das sie unter Garantie einem kunstvollen Bleichen verdankte.
Max ergab sich in sein Schicksal, lehnte sich erneut gegen den Stahlpfeiler, und hielt sein Glas auffordernd in der ausgestreckten Hand, um noch etwas Champagner zu ergattern. Auf jeden Fall würde das hier sein letztes Event dieser Art sein, schwor er sich innerlich.
Zoe umklammerte ihr Champagnerglas, vermied jegliche Konversation und zog sich immer weiter in den Hintergrund zurück. Sie beobachtete immer noch, wie Karen die Aufmerksamkeit der Gäste einforderte, und hörte ihrer blumigen Dankesrede nur mit halbem Ohr zu. Karen betonte, wie wichtig es sei, junge, aufstrebende Künstler zu unterstützen. Ein lobenswertes Engagement, das Monroe Consulting auf geradezu vorbildliche und außerordentlich großzügige Weise erfüllt hätte.
Monroe Consulting . Das musste die Firma von diesem Max Monroe sein, dem Mann mit der Gewitterwolke über dem Kopf.
Ein kleiner Anflug von Neugier regte sich in Zoe. Aus einem plötzlichen Impuls heraus stürzte sie ihren restlichen Champagner herunter. Heute war kein Abend zum Grübeln. Sie wollte vergessen und Spaß haben. Und darin war sie wirklich gut!
„Ich bin sicher, Max Monroe möchte selbst noch etwas sagen …“
Es waren nicht so sehr Karens Worte, die ihre Aufmerksamkeit weckten, sondern die anschließende lastende Stille. Köpfe wandten sich um oder wurden gereckt, während jeder darauf wartete, dass der Angesprochene der Aufforderung folgte. Doch er tat es nicht.
Auch Zoe bemühte sich, wenigstens irgendetwas zu sehen. Trotz ihrer schwindelerregend hohen Absätze versuchte sie, sich auf die Zehenspitzen zu stellen. Doch es waren zu viele Menschen im Weg, ganz zu schweigen von dem massiven Pfeiler, hinter den sie sich eben noch freiwillig geflüchtet hatte.
Als das Schweigen langsam peinlich zu werden drohte und Karens Miene immer angestrengter wirkte, ergriff er endlich das Wort.
„Ich habe nur eines zu sagen …“ Seine Stimme war tief und wohlklingend, der Ton trocken und – wie Zoe überrascht feststellte – eine Spur bitter. „Cheers.“
Erneutes Schweigen. Dann tönte es aus einer Ecke: „Hört, hört!“
Vereinzeltes Gelächter erklang, in das nach einer weiteren Schrecksekunde alle erleichtert einstimmten. Die spürbare Anspannung unter den Gästen löste sich, man begann wieder zu plaudern. Offensichtlich war niemand bereit, sich die Party so einfach vermiesen zu lassen.
„Cheers!“, sagte Zoe laut und tauschte geschickt ihr leeres Champagnerglas gegen ein volles aus, als einer der Kellner nahe genug an ihr vorbeiging. Sie mochte vielleicht keine Balfour mehr
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