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Zornesblind

Zornesblind

Titel: Zornesblind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Slater
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wärmer erscheinen, als sie es in Wirklichkeit war.
    Das Nachbargrundstück, zwei Stockwerke unter ihm, war eine einzige Bauruine.
    Strikers Blick sondierte das Areal, auf dem sich bergeweise Bauschutt von einem Hausabriss türmte. Gerade als er sich wieder dem Zimmer zuwenden und Mandys persönliche Sachen durchgehen wollte, registrierte er aus dem Augenwinkel heraus eine Bewegung – von einem gleißenden Sonnenstrahl getroffen, blitzte da draußen irgendetwas metallisch glitzernd auf. Auf einem Mauervorsprung direkt vor dem Fenster stand ein kleiner Gegenstand mit einer kreisrunden Glasfront.
    Eine Videokamera.
    Das Objektiv fokussierte das Zimmer.
    Striker packte kurz entschlossen den Griff des Fensters und versuchte es zu öffnen, der alte Holzrahmen hatte sich jedoch im Laufe der Jahre verzogen und gab keinen Zentimeter nach. Null Chance, das Fenster zu öffnen.
    Wer auch immer die Kamera auf den Sims gestellt hatte, musste es von draußen getan haben.
    Automatisch drückte Striker die Stirn an die kalte Scheibe, als er ein weiches, leise ächzendes Geräusch hinter sich wahrnahm. Mit dem Schlimmsten rechnend, wirbelte er herum …
    Und entspannte sich wieder. Es war bloß die Luft, die aus der Toten entwich – ein ganz normales Phänomen, das mit beginnender Leichenstarre einsetzte. Erleichtert drehte er sich wieder zum Fenster. Und bekam einen mittleren Schock:
    Die Kamera war weg.

4
    Das Lucky Lodge war eine von den kleineren Pensionen. Auf jeder Etage befanden sich mehrere Einraumapartments, die ausschließlich an Einzelpersonen vermietet wurden. Im zweiten Stock waren es sechs Zimmer, drei davon auf der Westseite – und Mandy Gills Wohnung lag in der Mitte.
    Die Kamera hatte auf dem Mauervorsprung neben Zimmer 305 gestanden, folglich beschloss Striker, sich dieses Apartment mal intensiver vorzunehmen. Mit gezogener Pistole glitt er in den Flur.
    Hätte er doch nur Constable Wongs Taschenlampe gehabt. Zumal die Sonne eben hinter einer dunklen Wolkenbank verschwand und es in dem Flur mit einem Mal stockfinster wurde.
    Striker ging hinter dem Türrahmen in Deckung und knipste seine Mini-Maglite an. Keins von diesen Riesenteilen, wie die Streifenpolizisten sie benutzten, aber besser als gar nichts. Er stellte den schmalen Strahl heller und leuchtete den Gang aus.
    Alles war ruhig. Sämtliche Türen verschlossen.
    »Vancouver Police!«, brüllte er. »Zeigen Sie sich! Kommen Sie da raus!«
    Nichts als Totenstille.
    Für einen kurzen Moment erwog der Detective, Constable Wongs Rückkehr abzuwarten. Anfänger oder nicht: Zwei Cops konnten einander besser Deckung geben – immer vorausgesetzt, im Nachbarapartment war nur ein verdächtiges Subjekt.
    Ein Mörder? Mandys Mörder? Bei der Vorstellung lagen Strikers Nerven blank. Er entsicherte seine Waffe und glitt geräuschlos durch den Flur. Als er die Tür zu 305 erreichte, blieb er stehen. Lauschte.
    Nichts. Alles blieb ruhig.
    Er umschloss mit einer Hand den Türknauf. Das Metall schmiegte sich kühl an seine Haut. Der Knauf ließ sich jedoch nicht bewegen. Jemand hatte von innen abgeschlossen.
    »Vancouver Police!«, wiederholte Striker. »Ich weiß, dass Sie da drin sind. Ich muss mit Ihnen reden, über die Bewohnerin des Nachbarapartments. Öffnen Sie sofort die Tür.«
    Wieder folgte Schweigen. Und dann …
    Ein Geräusch.
    Der Detective brauchte nur Sekundenbruchteile, um zu realisieren: Es war das leise schabende Geräusch, das entsteht, wenn ein Fenster geöffnet wird.
    Er machte einen halben Schritt zurück, holte mit einem Bein aus und trat mit seinem Absatz zwischen Türknauf und Rahmen. Nach zwei Tritten gab die Tür nach. Das Schloss blieb zwar intakt, doch ein Stück des morschen Holzrahmens brach mit einem Knirschen nach innen. Die Tür sprang auf, knallte vor die Wand. Striker richtete automatisch die Mündung seine Pistole auf den Raum, während er mit der Maglite in sämtliche Ecken leuchtete.
    Nichts. Null. Es war niemand da.
    Er inspizierte hastig das Zimmer. Die Einrichtung war identisch mit der in Mandy Gills Apartment. Kochnische, Bett, Bad und Sitzecke, alles auf kleinstem Raum. Und weit und breit keine Menschenseele.
    Das Fenster stand weit offen.
    »Fuck«, stöhnte Striker.
    Er hetzte durch den Wohnraum zum Fenster und starrte nach unten auf das verlassene Grundstück. Die Sonne war hinter einer dunklen Wolke verschwunden, die Schatten wurden länger und tiefer. Keine Chance, da irgendwas Verdächtiges zu entdecken.
    Dort unten gab es

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