Zu viele Flueche
hatte. Sie sah zu Margle auf. Er war bereit, den Kern auf den Boden zu schmettern.
»Ich halt’s nicht mehr aus.« Sir Thedeus stürzte sich auf Margles Kehle. Trotz des dünnen Halses knabberte der Flughund lediglich erfolglos an dem Zauberer. Unbeeindruckt, aber verblüfft wich Margle zurück. Er rutschte auf dem glatten, gebohnerten Steinboden aus und stolperte. Der Nurgax-Kern brach auf, und ein riesiges, violettes Monster sprang heraus. Es hatte ein Auge und ein Horn, winzige Flügel und einen Körper, der nur aus einer riesigen Schnauze auf zwei kräftigen Beinen zu bestehen schien.
Nessy krabbelte hinter einen Tisch, um nicht mehr gesehen zu werden.
Das Nurgax knurrte neugierig.
»Nein! Bleib mir vom Leib!« All die selbstsichere Häme war aus Margles Stimme gewichen. »Bleib, wo du…«
Dann folgte ein Knirschen. Und ein zweites Knirschen. Und ein Schlürfen. Dann ein zufriedenes Schnurren.
Nessy streckte ihren Kopf vor. Das Nurgax stapfte zu ihr herüber. Es leckte sie einmal und durchnässte ihr Fell dabei mit seinem schleimigen Sabber.
Sie lachte. Es lachte.
»Hab ich was verpasst?«, fragte Echo, deren keuchender Atem plötzlich neben Nessy auftauchte.
Sir Thedeus schoss kreisend in der Luft herum. »Nicht viel, Mädel. Ich hab den Mistkerl nur gerade umgebracht!«
Nichts war mehr von Margle übrig. Nicht einmal ein Fetzen seiner Kleidung. Das Nurgax war nicht viel größer als sie, und es schien ihr nicht groß genug, um einen ganzen Menschen in seinen Bauch aufnehmen zu können, es sei denn, der Körper wäre ein einziger Magen gewesen. Eine Möglichkeit, die sie nicht von der Hand weisen wollte. Aber selbst wenn: Es hätten doch Stücke von dem Zauberer übrig sein müssen, ein Arm oder ein Bein, die ihm aus dem Maul hingen.
Nessy war nicht traurig, dass der Zauberer fort war, aber jetzt war sie nichts als ein arbeitsloser Kobold. Dies war nicht das erste Mal, dass sie einen Meister verlor. Die Zauberei war ein gefährlicher Beruf, fast so gefährlich, wie Zaubererassistentin zu sein.
»Wenn er tot ist, warum habe ich dann keinen Körper?«, fragte Echo. »Und warum bist du immer noch ein Flughund?«
Sir Thedeus landete und inspizierte seine Flügel. »Ich bin mir sicher, gleich ist es so weit, dass der Bann gebrochen wird.«
Ein Einweckglas mit Augen, Zähnen, etwas Gehirn und einer Zunge darin blubberte los. Alle waren zu abgelenkt, um es zu bemerken. Dreißig Sekunden vergingen, und der Flughund blieb ein Flughund, die Stimme blieb körperlos.
»Es ist jeden Augenblick so weit«, sagte Sir Thedeus ungeduldig.
Nessy ging zu Margles Stuhl hinüber. Sie hatte immer Lust gehabt, darauf zu sitzen, und sich gefragt, wie sich seine gepolsterte Sitzfläche wohl anfühlte. Bequemer als der geschliffene Stein, den sie normalerweise benutzte. Sie hielt sich an der Armlehne fest, um ihre zierliche, neun Fuß große Gestalt hinaufzuhieven, überlegte es sich dann aber doch anders. Margle war zwar tot, Zauberer waren das allerdings nicht immer dauerhaft. Wenn er aus der Kehle des Nurgax wiederkehrte, würde er sicherlich sehr zornig sein. Einen einfachen Kobold auf seinem Lieblingsstuhl sitzen zu sehen, würde ihn dann nur noch wütender machen. Sie setzte sich auf ihren Stein. Unbequem war das, aber sie hatte sich daran gewöhnt. Das Nurgax blieb an ihrer Seite. Sein dicker Stummelschwanz wedelte mit wilder Hingabe und schlug dabei gelegentlich auf den Boden.
Es jaulte. Nessy streichelte ihm die Schnauze, und sofort fing es zu schnurren an.
»Wir verändern uns nicht«, sagte Echo.
Sir Thedeus blinzelte an seinem pelzigen kleinen Körper entlang. »Meinst du, das hätt ich nicht gemerkt?«
»Er ist tot, oder?«
»Aye, wird gerade verdaut, während wir drüber reden.«
Das Nurgax hickste.
»Sollten wir uns dann nicht zurückverwandeln?«, fragte Echo.
»So läuft’s normalerweise, Mädchen. Kill den Zauberer, und seine Magie wird annulliert.«
»Woher weißt du das?«
»Ich habe auch vorher schon Zauberer umgebracht.«
Das Glas mit den Augen wallte auf, um jemandes Aufmerksamkeit zu erregen, jedoch vergeblich.
Nessy dachte über ihre nächste Arbeitsstelle nach. Sie konnte zurück in ihre Stammeshöhlen gehen, sich einen Ehemann suchen, ein neues Leben in der Mooslandwirtschaft beginnen und ein bis drei Würfe gebären. Es wäre kein schlechtes Leben, und sie war auch nicht vollkommen dagegen. Aber es schien ihr doch langweilig. Für Zauberer zu arbeiten war zwar ein sicherer Weg zu
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