Zwischen Himmel und Liebe
etwas zu dem kleinen Mädchen sagen, als sie merkte, dass die Kleine mit sich selbst sprach. Ein sehr ernsthaftes Gespräch – sie machte sich nämlich mit einer Stelle in der Luft vor sich bekannt.
Aufmerksam sah Elizabeth sich um, atmete tief ein und versuchte den typischen Ivan-Duft zu erspüren. »Danke«, flüsterte sie, schloss die Augen und stellte sich vor, er wäre bei ihr.
Das kleine Mädchen plapperte weiter. Beim Reden sah sie nach rechts, machte dann eine Pause, lauschte und antwortete schließlich. Nach einer Weile begann sie leise zu summen, die vertraute Melodie, den Ohrwurm, den Elizabeth nicht mehr losgeworden war.
Sie konnte nicht anders, sie legte den Kopf in den Nacken und lachte.
Ich stand an der hinteren Wand des Spielzimmers im neuen Hotel, mit Tränen in den Augen und einem Kloß im Hals, so groß, dass ich ziemlich sicher war, nie wieder einen normalen Ton herauszubekommen. Ich konnte mich nicht satt sehen an den Wandgemälden, an dem Fotoalbum all dessen, was ich mit Elizabeth und Luke in den letzten Monaten erlebt hatte. Fast so, als hätte jemand uns von Ferne zugesehen und uns auf ein perfektes Bild gebannt.
Während ich die Wände betrachtete, die Farben und die Augen der Figuren, da wusste ich, dass sie begriffen hatte, und ich wusste, dass ich nicht vergessen werden würde. Neben mir standen in einer Reihe meine Freunde; sie waren gekommen, um mir an diesem besonderen Tag zur Seite zu stehen.
Opal legte mir die Hand auf den Arm und drückte ihn ermutigend.
»Ich bin sehr stolz auf dich, Ivan«, flüsterte sie und verpasste mir einen Kuss auf die Wange, der zweifelsohne einen dicken purpurroten Fleck auf meiner Haut hinterließ. »Wir sind alle für dich da, weißt du. Wir werden immer füreinander da sein.«
»Danke, Opal, das weiß ich«, antwortete ich tief gerührt und sah zu Calendula, die rechts von mir stand, zu Olivia neben ihr, zu Tommy, der fasziniert auf die Malereien starrte, zu Jamie-Lynn, die sich zu einem kleinen Mädchen gebeugt hatte, das auf dem Boden saß, und mit ihr spielte, und schließlich zu Bobby, der auf die Szenen vor ihm deutete und kicherte. Alle streckten sie den Daumen für mich in die Höhe, und ich wusste, dass ich nie allein sein würde, weil ich meine Freunde hatte.
Imaginäre Freunde, unsichtbare Freunde, nennen Sie uns, wie Sie wollen. Vielleicht glauben Sie an uns, vielleicht auch nicht. Aber das ist vollkommen unwichtig. Wie die meisten Leute, die wirklich gute Arbeit machen, existieren wir nicht, damit man über uns spricht und unser Loblied singt, wir sind einfach da für diejenigen, die uns brauchen. Vielleicht existieren wir überhaupt nicht, vielleicht sind wir nur Fantasiegebilde, vielleicht ist es purer Zufall, dass zweijährige Kinder, die kaum sprechen können, so häufig auf die Idee kommen, Freundschaften mit Leuten zu schließen, die Erwachsene nicht sehen können. Vielleicht haben all die Ärzte und Psychologen Recht, wenn sie meinen, dass diese Kinder nur ihre Fantasie ausprobieren und entwickeln.
Aber schenken Sie mir noch eine Sekunde Geduld. Gibt es vielleicht noch eine andere Erklärung, an die Sie in meiner ganzen Geschichte nicht gedacht haben?
Nämlich die Möglichkeit, dass wir tatsächlich existieren. Dass wir da sind, um denen zu helfen und die zu unterstützen, die uns brauchen, all diejenigen, die an uns glauben und uns deshalb sehen können.
Ich konzentriere mich bekanntlich gern auf die positive Seite der Dinge, ich sage immer, dass gleich nach dem Regen ein Silberstreif am Horizont erscheint, aber um die Wahrheit zu sagen, und ich glaube fest an die Wahrheit: An meinem Erlebnis mit Elizabeth hatte ich eine ganze Weile zu knabbern. Mir wollte einfach nichts einfallen, was ich dabei gewonnen hatte, ich konnte nur sehen, dass ich sie verloren hatte, und das war wie eine riesige schwarze Gewitterwolke über meinem Kopf. Aber während die Tage verstrichen und ich jede Sekunde an sie dachte und lächelte, da wurde mir allmählich klar, dass sie zu kennen und vor allem zu lieben der dickste Silberstreif war, den man sich überhaupt denken kann.
Sie war besser als Pizza, besser als Oliven, besser als Freitage und besser als Drehstuhlkarussellfahren, und selbst jetzt, wo sie nicht mehr bei uns ist, ist Elizabeth Egan – auch wenn ich das eigentlich gar nicht sagen dürfte – immer noch
mit Abstand
meine Lieblingsfreundin.
Über Cecelia Ahern
Cecelia Ahern, geboren 1981, ist in Dublin zu Hause. Schon
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