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Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Titel: Zwölf Wasser Zu den Anfängen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Greiff
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die Gesellschaft von jemandem, der mich nicht ausnutzt, weil ernicht erfassen kann,
wie
reich ich bin. In Pram ist so jemand nicht zu finden. Pram ist verdorben, korrupt und verlogen   … Pram ist kaum zu ertragen. Wir beide aber sind nicht so verschieden, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Glaubt Ihr, ich bemerke den Hass in Euren schönen, großen grünen Augen nicht? Ihr verachtet die Pramer, Ihr verachtet mich   – und Ihr habt recht, mir geht es genauso. Dennoch: Wir haben beide keine Wahl. Ich muss nach Pram zurück. Und Ihr könnt hier auch nicht bleiben. Was hindert Euch also, mit mir zu kommen?«
    Gleichzeitig die Wahrheit zu sagen und sie zu verschweigen, daran würde Estrid sich gewöhnen müssen, das war die pramsche Art, durchs Leben zu gehen.
    »Warum ich?«, fragte Estrid.
    »Weil Ihr einsam seid. Ich hätte nicht für möglich gehalten, dass es das gibt   – einen Menschen, der noch einsamer ist als ich. Weil Ihr enttäuscht seid   – noch tiefer als ich. Ich bin nicht so verrückt, mir eine Frau ins Haus zu holen, die glücklicher ist als ich.«
    Belendra trat nah an Estrid heran.
    »Wir beide haben uns viel zu erzählen.«
    Sie wandte sich ab und lachte ihr tiefes, wohlklingendes Lachen.
    »Und wir werden
keinen
Spaß haben, das verspreche ich Euch!«
     
    Was es letztendlich war, das Estrid dazu bewog mitzugehen, wusste Wigo nicht. Vielleicht war es die Art, in der der kleine Junge Belendra anstrahlte, vielleicht das übertrieben erwachsen klingende »Tarsi, lässt du das jetzt
bitte
sein«, mit dem das Mädchen geduldig den Dayak tadelte, der ihr immer wieder seine puschelige Schwanzspitze ins Ohr ringelte. Vielleicht hatte Estrid aber auch erkannt, dass sie besser freiwillig folgte,bevor sie gezwungen wurde. Sie verabschiedete sich denkbar knapp von den anderen Welsen   – keine Umarmungen, kein Handschlag, kein Wort, nur ein Blick aus den Augenwinkeln, ein Nicken   – und Wigo sah, dass dies das Äußerste war, das Estrid tun konnte, ohne in Tränen auszubrechen. Sie hielt Ristra so fest an der Hand, dass das Mädchen das Gesicht verzog. Belendra ging voraus und schaukelte den freudig quiekenden Strem auf ihrer Hüfte. Das Lachen des Kindes hallte durch den frühmorgendlichen Dunst der Lagerstadt wie ein Versprechen, das zu groß war, als dass man es glauben konnte.
    Der Jüngling, der Belendras eleganten Zweispänner lenkte, sprang vom Bock und half Estrid und Ristra in die Kutsche. Belendra reichte Estrid den Jungen. Dann drehte sie ihr Gesicht ins Licht der aufgehenden Sonne, schloss die Augen und sog die Morgenluft ein. Ein leiser, noch geheimer Triumph legte sich auf ihre Züge. Wie oft hatte Kandor versucht, Wigo auf seine Seite zu ziehen? Seine Angebote waren verlockend gewesen, aber Wigo war standhaft geblieben   – erst aus Freundschaft zu Belendra, später aus Mitleid. Als er nun in Belendras Gesicht blickte, überkamen ihn Zweifel an seinen Beweggründen. Vielleicht hatte er zu ihr gehalten, weil sein Instinkt ihm gesagt hatte, dass in dieser Frau mehr Kraft und mehr Willensstärke verborgen waren, als ihr Benehmen vermuten ließ?
    Sie lächelte ihn wissend an, sie hatte seine Gedanken erraten.
    »Wigo, beeile dich. Mendron kommt nicht vor Mittag aus dem Bett, nicht, wenn Kremlid ist. Du kannst es also noch zur Audienz schaffen, und das willst du doch, oder? Du willst doch nichts verpassen, du willst den Mann dieser Frau hier nicht aus den Augen lassen. Du willst ihn begleiten, du willst immer und überall dabei sein und etwas
erleben
. Tu es. Reite. Wir kommen schon zurecht.«

 
    SECHSTES KAPITEL
WAFFENGANG
     
    Zum Frühstück wurden die Welsen in einen Raum geführt, der sicher nicht dazu gedacht war, Staatsgäste zu empfangen, der aber dennoch mehr als doppelt so groß war wie die Lorded daheim. Und doppelt so hell. Die Strahlen der Morgensonne sprangen durchs bunte Glas und streuten farbiges Licht über Boden, Holztische und mit Leder bezogene Stühle. Alle hatten ihre Schwerter zurückerhalten und nicht nur Felt war neu eingekleidet worden, auch Marken und Kersted trugen feines Leder, schwarz glänzendes Tuch und dunkle, wattierte Westen. Den Rangniederen hatte man zwar schlichtere Kleidung gegeben, aber die Welsen waren noch nie so gut ausgestattet gewesen.
    »Was macht die Hand?«, fragte Felt.
    Gerder zeigte einen frischen weißen Verband.
    »Alles bestens«, sagte er, »ich kann schon wieder zwei Finger bewegen.«
    Er verzog sich zu Strommed und Fander

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