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001 - Das Grauen schleicht durch Bonnards Haus

001 - Das Grauen schleicht durch Bonnards Haus

Titel: 001 - Das Grauen schleicht durch Bonnards Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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neun.
    Für einen Augenblick gelang es ihm, zu lächeln und den schmerzhaften
Ausdruck aus seinem Gesicht zu vertreiben. Die Voraussetzungen waren denkbar
günstig. Es war dunkler als sonst. Dichte Wolkenmassen, die rasch über ihn
hinwegzogen, schluckten das Mond- und Sternenlicht. Dieser plötzliche
Wetterumschwung kam ihm gerade recht. Er erleichterte in der augenblicklichen
körperlichen Verfassung, in der er sich befand, sein Vorgehen gewaltig.
    Henry Parker bückte sich. Er schlich in der Hocke unter den niedrigen
Fensterbänken vorbei, um nicht das Risiko einzugehen, im letzten Augenblick vom
Haus aus wahrgenommen zu werden.
    Er war sich nicht ganz sicher, ob Canol nicht doch von Fall zu Fall fremde
Gäste oder Besucher bewirtete.
    Da fiel ein breiter Lichtstreifen vor seine Füße ...
    Henry Parker fuhr wie unter einem heftigen Peitschenschlag zusammen.
    Canol stand am Fenster und zog den schweren Vorhang zurück.
    Henry Parker sah den Schatten schräg über sich auftauchen wie einen
riesigen Pilz, der aus dem Boden wuchs. Wäre eine Bombe in seiner unmittelbaren
Nähe explodiert, er hätte sich nicht mehr erschrocken.
    Pfeifend entwich die Luft seinen Lungen. Er drückte sich an die warme
Steinwand und nutzte den Kernschatten des hinter ihm liegenden Balkons, um sich
den Blicken des Franzosen zu entziehen.
    Henry Parker atmete flach. Seine Blicke musterten die wie aus Stein
gemeißelte Gestalt. Kein Muskel bewegte das ovale, schmale Gesicht, das von
einer beinahe totenähnlichen Blässe war. Das weiße Antlitz hob sich merklich
von der dunklen Kleidung ab, die Canol trug.
    Der Mann war groß und hager. Er stand so ruhig am Fenster wie eine Statue.
Minuten verstrichen. Dann hob der Biologe langsam den Kopf und blickte zum dunklen
Himmel. Dann streckte er eine Hand aus, um zu prüfen, ob es regnete. Doch kein
Tropfen fiel. Da – ein greller, pfeifender Schrei! Canol flog herum, als würden
unsichtbare Hände seinen Körper nach hinten reißen.
    Mit lautem Knall wurden beide Fensterflügel geschlossen.
    Seine Schmerzen missachtend, richtete sich Henry Parker ruckartig auf. Es
wollte in diesem Augenblick, in dem Canol offensichtlich durch ein unerwartetes
Ereignis überrascht wurde, so viele Eindrücke wie möglich mitzubekommen. Doch
Canol nahm sich noch die Zeit, die Vorhänge vorzuziehen, und der breite
Lichtschein auf dem Weg vor Henry Parkers Füßen verschwand.
    Der Agent schluckte.
    War Canol nicht allein im Haus? Das war etwas Neues! Doch beinahe hatte er
es geahnt. Das Rätsel um diesen geheimnisvollen Mann wurde immer größer.
    Henry Parker presste fest die Zähne zusammen und schlich um den Balkon
herum. Dann wankte er hinkend zu dem dunkelblauen Citroën. Er wusste genau, was
ihn erwartete. Wie immer waren die Türen des Wagens nicht verschlossen. Lautlos
und vorsichtig öffnete er die hintere Tür. All das gehörte zu seinem Plan.
Hoffentlich verließen ihn seine Kräfte nicht. Er wusste nicht, was ihn in der
nächsten Stunde erwartete. Der starke Blutverlust konnte böse Folgen für ihn haben.
    Gerade in dem Moment, als er vorsichtig in den Citroën stieg, um die Tür
hinter sich zu schließen, hörte er fernes Klingeln. Im Haus schlug das Telefon
an.
    Das Geräusch kam genau aus dem Raum hinter den zugezogenen Vorhängen, in
dem sich Dr. Simon Canol aufhielt.
     
    ●
     
    Simon Canol meldete sich mit einem leisen »Ja?«. Dann lauschte er der
harten, unpersönlichen Stimme am Ende der Strippe. Schon nach den ersten Worten
fuhr er zusammen. Sein bleiches Gesicht wurde hart, die Augen schienen noch
tiefer in die Höhlen zurückzuweichen.
    »... du hast deinen Auftrag nicht erfüllt, Canol! Er lebt noch! Er hält
sich auf deinem Grundstück auf ... das beweist unseren Verdacht, dass er genau
weiß, worum es geht. Er muss verschwinden! Und zwar noch in dieser Nacht. Er
befindet sich jetzt in deinem Wagen.«
    »Ich werde ihn töten«, stieß der Franzose heiser hervor. »Ich werde ...«
    Die Stimme am anderen Ende der Strippe unterbrach ihn. »Nein! Keinen
zweiten Fehler! Lass dir nichts anmerken, unternimm die Fahrt wie immer! Lass
ihn in dem Glauben, dass er dir auf den Fersen ist ... Er wird dir folgen. Und
aus meinem Haus wird er nicht lebend herauskommen. Dafür werde ich sorgen.« Die
Stimme wirkte plötzlich heiterer. Ein leises, dunkles Lachen folgte. Gleich
darauf wurde der Anrufer aber schon wieder ernst. »Die Vorfälle sind ärgerlich,
Canol. Gerade jetzt, wo auch sie am Leben ist

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