001 - Das Grauen schleicht durch Bonnards Haus
einem
Zwischenfall kam.
Vorsichtig schob sich der Agent langsam an die halb offenstehende Tür heran,
hinter der Canol verschwunden war.
Weit und breit kein Geräusch, kein Lichtschein! Die Atmosphäre in dieser
Umgebung war gespenstisch. Parker konnte sich eines unangenehmen Gefühls nicht
erwehren. Er spürte unwillkürlich, dass er einem großen Geheimnis auf der Spur
war. Dies war sein größter Fall, seit man ihn zum PSA-Agenten berufen hatte.
Mit den Fingerspitzen drückte er die Holztür Zentimeter für Zentimeter nach
innen. Sand rieselte auf seinen Kopf, ein Quietschen der ungeölten Scharniere
ließ ihn zusammenfahren.
Atemlos stand er da und wartete. Er lauschte, spähte dann um die Ecke und
sah die schemenhaften Umrisse eines morschen Geländers, das in die oberen
Stockwerke führte.
Henry Parker öffnete seine Hemdenknöpfe und nahm den Smith & Wesson
Laser aus dem Schulterhalfter. Er hatte plötzlich das Gefühl, jeden Augenblick
eine Waffe zu brauchen.
Langsam lief er durch den dunklen Gang, drückte sich an die Wand und
achtete auf jede Bewegung, jedes Geräusch in der Finsternis. Leise rieselte der
Putz von den Wänden, und unter seinen Füßen knirschten Staub und Sand. Seit
Jahrzehnten musste dieses Gehöft unbewohnt sein.
Plötzlich registrierte er Fußabdrücke auf dem dunkelgrauen, staubigen
Boden. Sie zeichneten sich als schwarze, tief eingegrabene Spuren ab.
Canols Fährte!
Parker hätte die kleine Taschenlampe aus seiner Hosentasche nehmen können,
doch er unterließ es. Er versuchte die Abdrücke auch so zu erkennen und folgte
ihnen. Langsam ging er den Weg, den Canol eingeschlagen hatte. Jede Faser des
Körpers des PSA-Agenten war wie eine Bogensehne angespannt.
Hinter dem Treppenaufgang gab es neben einer weit offenstehenden Tür einige
ausgetretene Steinstufen, die in die Tiefe führten.
Der Amerikaner glaubte zu erkennen, dass die Spuren bis hierher zur Tür
führten. Er passierte die staubige Schwelle und gelangte in eine Art
Abstellkammer. Von hier aus gab es erstaunlicherweise eine Wendeltreppe, die
steil in die Höhe führte.
Aufmerksam blickte sich PSA-Agent in seiner Umgebung um. Dann folgte er
weiter den Spuren. Er stieg die steilen Stufen nach oben. Einen anderen Weg gab
es nicht. Es bereitete ihm Schmerzen und Schwierigkeiten, einen Fuß vor den
anderen zu setzen. Am liebsten hätte er sich in eine stille, dunkle Ecke
gesetzt, die Augen geschlossen und sich ausgeruht. Jede Bewegung gereichte ihm
zur Qual. Doch er musste weiter. Die Chance, Canols Geheimnis zu ergründen, war
nie so groß gewesen.
Henry Parker verharrte in der Bewegung. Deutlich vernahm er ein Geräusch im
Raum über sich. Es hörte sich an wie leises Rascheln, als ob der Wind die
Wipfel eines Baumes durchwehte. Aber dort oben konnten schließlich keine Bäume
stehen. Offensichtlich legte jemand ein Kleidungsstück ab.
Trennte sich Canol von seinem Umhang?
Henry Parker lauschte nach oben und stieg dann die steilen, gewundenen
Treppenstufen empor. Sie führten bis unter das Dach. Hier oben vernahm er den
Wind, der sich im Gebälk fing.
Die Wendeltreppe endete auf dem Dachboden. Der Agent sah die breiten Ritzen
und Löcher im Dach und registrierte das morsche Gebälk. Spinngewebe wehte ihm
ins Gesicht.
Langsam drehte er sich um.
Da überstürzten sich die Ereignisse.
Henry Parker kam nicht mehr dazu, zu begreifen, was Canol eigentlich im
Dachgeschoss wollte. Nur eines wurde ihm schlagartig klar: Er hatte ihn in eine
Falle geführt!
Die dunkle Gestalt eines Mannes erschien auf dem Treppenabsatz vor ihm. Und
der Mann war niemand anders als – Monsieur Canol!
Henry Parker schien es, als ob ein eiskalter Hauch sein Gesicht streife.
Ein riesiger Schatten tauchte neben ihm auf, ein zweiter von rechts, dann einer
von oben.
Der Agent wich zurück, und seine Hand zuckte automatisch in die Höhe!
Da erfüllte schrilles Zwitschern die Luft, ein Flügel streifte Parkers
Gesicht. Scharfe Krallen ritzten seine Kopfhaut. Warm rann das Blut über Stirn
und Schläfen. Dann bohrten sich auch schon zwei dolchartig lange Zähne in seine
Halsschlagader.
Das alles geschah mit solcher Geschwindigkeit, dass er nicht mehr dazu kam,
die Laserwaffe einzusetzen.
X-RAY-18 fiel zu Boden. Durch den vorangegangenen Unfall, den starken
Blutverlust und die folgenden Strapazen war er so geschwächt, dass er zu einem
leichten Opfer wurde.
Seine Hand mit der Laserpistole zitterte. Er fand nicht mehr die Kraft, den
Abzugshahn
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