0052 - Der falsche Inspekteur
Schleuse.
Gucky begriff sofort. Die KOOS-NOR wurde gewichtslos, leichter als ein Stück Papier. Ein selbststeuerndes Kraftfeld übernahm es, das Schiff in die Schleuse zu dirigieren, die Luke zu schließen, Luft einströmen zu lassen und schließlich im Hangar abzustellen. Noch während er aus dem leichten Raumanzug kletterte, öffnete sich die kleine, ovale Luke - und dann war Gucky mit einem einzigen Satz auf seinem Arm.
„Bin ich froh, dich wiederzusehen, Chef!" zwitscherte er fast zärtlich und umschlang den Hals des Mannes mit seinen dünnen Ärmchen. „Ich soll dich von allen grüßen - ganz besonders von Betty."
„Schon gut, Kleiner", entgegnete Rhodan gerührt und streichelte seinen kleinen Freund behutsam. Es bestand eine seltsame Freundschaft zwischen dem mächtigsten Mann des Sonnensystems und dem pelzigen Tier, das den Verstand eines überdurchschnittlich begabten Menschen besaß und außerdem der fähigste aller Mutanten war. „Ich bin genauso froh, daß du bei mir bist."
„Du hättest mich ja früher holen können."
„Die Notwendigkeit ergab sich erst jetzt, und auf unsere Gefühle können wir nicht immer Rücksicht nehmen. Hast du alles mitgebracht, was ich bestellte?"
„Keine Ahnung. Betty hat alles besorgt."
„Dann wird es schon stimmen. Wir sehen später nach. Gehen wir in die Zentrale. Dort werde ich dir erklären, was ich plane. Soviel kann ich dir aber schon jetzt verraten: Es wird eine sehr gefährliche Angelegenheit."
„Freut mich", grinste Gucky und sprang auf den Boden. „Ich habe mich lange genug auf Terra und Venus gelangweilt."
„Du wirst dich wundern", lächelte Rhodan und legte den Sperrschirm um seine Gedanken, damit Gucky sie nicht lesen konnte. Er hatte längst die Neugier seines kleinen Freundes erkannt. Sie erreichten den halbrunden Kontrollraum der Stationskuppel und setzten sich. „Nun höre gut zu, mein Lieber", begann Rhodan. „Du weißt, daß John und Laury auf Tolimon eingesetzt wurden, um den Medizinern das Geheimnis des Lebenselixiers abzunehmen. Sie konnten eine Flasche der Flüssigkeit entwenden, gerieten aber in Schwierigkeiten. Seitdem fehlt von ihnen jede Nachricht. Ich weiß nicht, was geschehen ist, aber eins ist sicher: Sie benötigen meine Hilfe. Du hast übrigens lange gebraucht, bis du hier warst, Gucky."
Der Mausbiber blickte unschuldig drein.
„Betty sagte, ich hätte zwanzig Stunden Zeit. Also flog ich mit den üblichen Transitionsintervallen. Ich wollte auf keinen Fall zu früh eintreffen."
„Dann hat Betty meine Anordnung, nicht mehr als sechs Tage zu benötigen, sehr wörtlich genommen.
Ich hatte nichts davon erwähnt, daß mir nur fünf oder vier Tage lieber wären. Nun, es ist nichts daran zu ändern. Du bist hier. Wir können beginnen."
„Womit?"
„Mit unseren Vorbereitungen. Wir werden uns maskieren. Nun, du natürlich nicht, denn das hätte wenig Sinn. In dieser Gegend kennt dich niemand, also besteht kaum die Gefahr, daß dich jemand mit mir in Verbindung bringt. Ich gehe als Arkonide, und zwar als Inspekteur."
„Inspekteur?" fragte Gucky und machte erstaunte Augen.
„Richtig: Inspekteur! Ich weiß aus den aufgefangenen Meldungen, daß das Robotgehirn auf Arkon in regelmäßigen Abständen Inspekteure zu den Welten des Imperiums entsendet, um nach dem Rechten zu sehen. Hinter diesen offiziellen Beauftragten steht die ganze Macht von Arkon. Wenn ich also auf Tolimon als Inspekteur auftauche, stehen mir alle Türen offen, und man wird mir mit dem gewohnten Respekt begegnen. Die Achtung vor den Arkoniden ist in den vergangenen sechs Jahrzehnten wieder gestiegen. Das degenerierte Volk hat sich anscheinend erholt. Wie dem auch sei: Du hast eine vollständige Ausrüstung mitgebracht, die ich zu der beabsichtigten Maskerade benötige."
„Und ich?"
Rhodan lächelte hintergründig. „Tolimon ist eine ganz besondere Welt, kleiner Freund. Sie wird als der Zoo der Galaxis bezeichnet. In der Hauptsache sammelt man halbintelligente Wesen, die zwar die Stufe des Tieres längst überschritten haben, aber noch nicht als vollwertige Intelligenzen angesehen werden.
Man wird sich also auf Tolimon mehr für dich als für mich interessieren."
„Man wird sich für mich interessieren?" schrillte Gucky, dem eine schreckliche Ahnung kann. „Du willst doch damit nicht sagen, daß ich ... nein, das kannst du nicht von mir verlangen!"
„Warum nicht? Ich spiele den allmächtigen Inspekteur von Arkon, während du ein harmloses,
Weitere Kostenlose Bücher