0057 - Finger weg von solchen Sachen
auch wenn man es nur für den Bruchteil einer Sekunde gesehen hätte.
Ich ging zum Telefon und wählte unsere Zentrale.
»Auf diese Leitung Blitzgespräch mit FBI-Hauptquartier Washington, Sonderkommission Babykiller Jackson verlangen«, sagte ich.
Ich legte den Hörer wieder auf.
»Wollen Sie versuchen, von der Zentrale aus in die Sache eingeschoben zu werden?« fragte Mr. High.
Ich schüttelte den Kopf. Mir war nicht danach zumute.
»Nein. Ich könnte nicht versprechen, daß ich mich benehmen würde, wie man es von einem FBI-Beamten verlangt, sollte mir je Mr. Jackson gegenüberstehen.«
Mr. High sah mich lange schweigend an, dann zuckte er mit den Schultern und murmelte ein paar Worte, die ich nicht verstand.
Wir schwiegen. Ich steckte mir eine Zigarette an. Irgendwo in der Stille des Arbeitszimmers tickte eine Uhr. Vielleicht war es meine eigene, deren Ticken mir in der tiefen Stille bewußt wurde.
Endlich schlug das Telefon an. Ich nahm den Hörer.
»FBI New York, Cotton am Apparat.«
»FBI-Headquarter Washington, Sonderkommission Jackson. Sprude am Apparat. Was haben Sie, Kollege?«
»Ich möchte nur wissen, ob noch immer keine greifbaren Anhaltspunkte von Jackson zu finden waren.«
»Gedulden Sie sich einen Augenblick, Kollege. Wir haben von ein paar Spezialisten Wahrscheinlichkeitsberechnungen anstellen lassen und damit ein Elektronengehirn gefüttert. Das Ergebnis ist jeden Augenblick zu erwarten.«
»Gut, ich warte…«
Ich deckte die Hand über die Sprechmuschel. Phil und Mr. High sahen mich fragend an. Ich zuckte mit den Achseln.
»Sie haben irgendwelche Berechnungen anstellen lassen nach Wahrscheinlichkeitschancen. Ich bin kein Mathematiker und verstehe auch nicht, wie so etwas funktioniert. Jedenfalls haben sie ein Elektronengehirn gefüttert und warten jetzt auf das Ergebnis.«
»Wenn sie das tun, ist es ein Zeichen dafür, daß noch keine direkt brauchbare Spur gefunden wurde«, meinte Mr. High resignierend.
»Vielleicht verrät das Elektronengehirn doch etwas, womit sie in Washington etwas anfangen können.«
Wir schwiegen wieder. Dann vernahm ich plötzlich die Stimme des Kollegen aus Washington.
»Hallo, Cotton!«
»Ja, ich höre!«
Ich war sehr gespannt, aber meine Geduld wurde noch auf eine kurze Probe gestellt, denn der Sprecher aus Washington, wo sich die zentrale Leitung aller FBI-Stationen befindet, sagte: »Sie müssen sich noch einen Augenblick gedulden, Cotton. Der Leiter unserer Sonderkommission möchte selbst mit Ihnen sprechen.«
»Hm«, brummte ich. »Warum eigentlich?«
»Sie werden’s gleich merken. Moment, ich seh’ mal nach, ob er schon soweit ist.«
Ich verdeckte wieder die Sprechmuschel mit der Hand und rief Phil und meinem Chef zu: »Komische Sache! Der Kommissionsleiter will selbst mit mir sprechen! Anscheinend liegt irgend etwas an…«
Wiederum verging eine Weile, dann hörte ich eine sonore Stimme im Hörer: »Hallo, Cotton! Hier spricht Bender. Hören Sie genau zu, was ich Ihnen sagte: Babykiller Jackson kommt nach Ney York!«
»Was?« schrie ich.
»Sie haben schon richtig gehört: Babykiller Jackson kommt nach New York! Heute oder morgen zu erwarten!«
Ich fühlte, wie meine Handflächen feucht wurden vom Schweiß. Mr. High hatte den zweiten Hörer ans Ohr gepreßt und teilte Phil gerade die aufregende Botschaft aus unserem Hauptquartier mit.
Mr. High war kreidebleich.
Phil war kreidebleich.
Und ich selbst fühlte, wie sich etwas in meiner Brust schmerzhaft zusammenzog. Babykiller Jackson in New York! In diesem Achtmillionennest, wo man die Scharen der Kinder kaum zählen kann. Wo es von Kindern wimmelt wie von Ameisen in einem Ameisenhügel…
***
»Hören Sie, Bender«, sagte ich nach einer Weile mit heiserer Stimme, »das war kein Witz, nein? Dann wäre es nämlich der verdammt faulste Witz, den ich je vernommen habe!«
»Mit so einer Sache macht man keine Witze, Cotton. Hören Sie zu! Unsere Fundortstrategen haben eine interessante Tatsache festgestellt: sämtliche Opfer wurden an Stellen gefunden, die nicht weiter als zwei Kilometer von der nächsten Fernstraße ablagen.«
»Was schließt man daraus?«
»Zunächst zweierlei: Der Täter bewegt sich mit einem Auto vorwärts. Es kann ein Personenwagen, ein Lieferein Lastwagen sein. Mit Sicherheit jedenfalls keine der öffentlichen Buslinien, denn in Mordsache zwei und drei führt keine Buslinie am Fundort vorbei. Es kann sich um einen Berufsfahrer aller Schichten handeln —
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