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0057 - Finger weg von solchen Sachen

0057 - Finger weg von solchen Sachen

Titel: 0057 - Finger weg von solchen Sachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Kobusch
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weil eine winzige Kleinigkeit in der Art der Wunde oder der Stellung des Opfers eine Spur sein kann, die zum Täter führt. Solche Bilder sind nicht zu beschreiben.
    Beel fing an zu keuchen.
    »Nein!« schrie er, daß es durchs ganze Haus gellte.
    Keiner von uns sagte ein Wort.
    Unsere Zigaretten glommen wie rote Pünktchen in der Dunkelheit unseres Zimmers.
    »Wer gehört zur Bande?« fragte Mr. High sanft von irgendwoher aus der Dunkelheit.
    Beel keuchte, aber er schwieg.
    »Babykiller Jackson«, sagte Phil. »Von Marihuana in den Wahnsinn und zum Kindesmörder getrieben.«
    Ich legte die Bilder von dem Irren auf den Tisch, die inzwischen von unserem Polizeifotograf aufgenommen und entwickelt worden waren.
    Beel konnte nicht mehr hinsehen. Er schloß die Augen. Aber irgendeine magische Gewalt war stärker als seine Abneigung. Immer wieder schoß ein flackernder Blick auf die Bilder.
    »Wer ist der Boß?« fragte Mr. High in seiner sanften Art.
    Beel schrie: »Ich weiß es nicht! Ich weiß es nicht! Ich weiß nicht, was ihr von mir wollt!«
    »Ein Beamter des FBI«, sagte Phil. »Von Jackson ermordet.«
    Ich griff die uns durch Bildfunk zugeleiteten Bilder und schob sie in den Lichtkreis.
    »Babykiller Jacksons erstes Opfer«, sagte Phil. Seine Stimme war nicht sonderlich laut. Aber sie klang eisig und scharf.
    Ich schob die Bilder vor Beel.
    Er verdrehte die Augen.
    »Wer ist der Boß?« fragte Mr. High.
    »Zweites Opfer von Jackson!« rief Phil.
    »Wer ist der Boß?« fragte Mr. High.
    »Drittes Kind, von Jackson ermordet im Marihuanawahn.«
    »Wer ist der Chef eurer Bande? Antworten Sie!«
    Ich merkte plötzlich, wie Mr. High auch laut werden konnte.
    »Das vierte!« rief Phil.
    Die Bilder schrien ihm unsichtbar ins Gesicht. Eine solche grauenhafte Szenerie war noch nie einem Gangster vorgelegt worden.
    Beel brach zusammen. Sein Kopf fiel auf die Brust. Er fing an zu wimmern: »Ich will alles sagen! Alles! Nehmt die Bilder weg! Nehmt doch die Bilder weg! Ich sage alles!«
    ***
    Wir quetschten ihn aus. Wir verhörten ihn vier Stunden lang bis morgens gegen acht. Wir ließen uns um sieben Kaffee aus der Kantine kommen und legten das sechste Tonband ein.
    »Wer rauchte Marihuana? Schreib die Namen auf!«
    »Ich…«
    »Willst du die Namen auf schreiben?«
    »Wir haben auch andere Methoden«, sagte Mr. High in drohender Freundlichkeit.
    »Also schreib die Namen auf«, sagte ich.
    Er schrieb.
    »Es sind doch mehr!« fuhr ich ihn an, als er aufhören wollte.
    Er zuckte zusammen und schrieb weiter.
    Sechsundvierzig Namen, sechsundvierzig Jungen zwischen fünfzehn und einundzwanzig Jahren. Und jeder einzelne hatte mit dem verflucht dummen Satz angefangen: Bloß mal sehen, wie das ist! Nur eine!
    Und alle sechsundvierzig waren süchtig geworden.
    Und vor uns saß einer, der an ihrer Sucht verdient hatte. Der Geld geschaufelt hatte, indem er andere rauschgiftsüchtig machen ließ.
    »Schreib bei jedem Namen dahinter, seit wann der Junge ungefähr Marihuana raucht. Los, beeil dich!«
    Er schreib weiter. Der Bleistift kratzte über das Papier. Das Tonbandgerät summte leise.
    Draußen wurde es langsam hell. Irgendwo im Osten von New York ging die Sonne auf.
    »Wieviel hast du an den Zigaretten verdient?«
    »Ich?«
    »Wieviel?«
    »Eh — ich weiß…«
    »Wieviel?«
    »Sechstausend ungefähr, bis jetzt.«
    Bis jetzt! Es klang wie ein Hohn. Rechnete er vielleicht damit, daß er.
    noch eine einzige würde verkaufen können?
    »Und nun zur Sache: Wer ist dein Chef? Von wem bezogst du die Ware?«
    Er schwieg.
    Ich stand auf. Es war jetzt hell genug im Zimmer, daß er mich auch ohne Deckenbeleuchtung sehen können mußte.
    Ich bückte mich und schaltete das Tonband aus.
    Beel verfolgte meine Tätigkeit mit ängstlichen Blicken.
    Ich zog die Jacke aus.
    Mr. High sagte: »Ich komme in zehn Minuten wieder, Jerry. Vielleicht ist es ihm bis dahin eingefallen.«
    Er ging zur Tür Ich ging auf Beel zu.
    »Nein!« schrie er. Obgleich ich ihn garantiert nicht berührt hätte. »Nein! Ich sage alles — alles!«
    »Also?« fragte Mr. High freundlich, während er wieder umkehrte.
    »Wie heißt der Boß?« fragte Phil.
    »Mister — Mr. Leyton…«, kam es schwach von Beels Lippen. Dann sank ihm der Kopf auf die Brust, und ein haltloses Weinen brach aus ihm heraus.
    Wie oft habe ich das erleben müssen. Wie sie zittern, beben und schluchzen, wenn sie verspielt haben, wenn es um ihr nacktes Leben geht. Und wie stark fühlen sie sich vorher,

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