0067 - Zwischenspiel auf Siliko V
Zimmer. Sie, die stolze Arkonidin, Tochter aus einem der ältesten und berühmtesten Fürstengeschlechter auf Arkon, Perry Rhodans Frau, hatte die Hände vor das Gesicht gepreßt und weinte.
Ihre Tränen galten Thomas Cardif, dem jungen Leutnant, der unter Oberst Julian Tifflor auf dem Planeten Rusuf seinen Dienst tat.
„Perry ...", flüsterte sie, und wilder Schmerz schüttelte ihren Körper, „Perry, wir haben uns an unserem Kind versündigt! Wir beide haben alles falsch gemacht!"
Sie wußte es; Perry Rhodan wußte es. Aber damals, als ihnen klar wurde, worauf sie verzichteten und was sie ihrem Kind vorenthielten, da war es zu spät, den einmal eingeschlagenen Weg zu verlassen.
Da mußte Thomas Cardif dieser Thomas Cardif bleiben; da war der Junge schon zu alt und wiederum zu jung, um die seelischen Erschütterungen unbeschadet zu ertragen.
Sie hatten nur das Beste gewollt. Perry, Thomas Vater, und sie, seine Mutter. Thomas sollte aus sich selbst heraus zum Manne werden und sich nicht auf seinen großen Vater verlassen. Er sollte, bis er Mann war, sich seinen Weg selbst erarbeiten und nie die Hand seines Vaters spüren, der ihn unbeobachtet lenkte.
So war es damals gewesen, als sie auf den größten Schatz ihrer Liebe - auf ihren Sohn - verzichteten, und dann war die Besinnung gekommen, daß ihr Kind ohne Nestwärme einsam in einer kalten Welt aufwuchs. Zu spät!
Und heute wieder: zu spät. Thomas war nicht mehr in Terrania. Sie konnte ihren Sohn nicht einmal mehr aus der Ferne betrachten. Still weinte sie vor sich hin. Niemand störte sie. Kein Mensch trat zu ihr herein. Die First Lady des Solaren Imperiums war zu einer einsamen Frau geworden.
Perry, ihr Mann, war nicht auf der Erde. Er befand sich auf Morag II, jener Welt, auf der sechs seiner Leute auf der zweiten Zeitebene verschollen waren. Sie konnte ihn nicht anrufen, um Trost bei ihm zu finden. Sie durfte es nicht. Aber sie durfte die Erde verlassen. Sie konnte eine Gazelle anfordern und damit zur Venus fliegen. Jeder würde ihr ansehen, daß sie erholungsbedürftig war. Und heimlich von der Venus zu starten, den wachsamen Bodenstationen nicht aufzufallen, war leichter, als dies von der Erde aus zu versuchen.
Eine Gazelle zu fliegen, war für sie, die ehemalige Kommandantin eines großen Arkon-Expeditionsschiffes, kein Problem. Einen Sprung durch den Hyperraum zu tun und dabei über tausend Lichtjahre hinter sich zu bringen, war Arkon-Technik.
Rusuf, der vierte Planet der Krela-Sonne, war Thomas Cardifs neuer Standort. Das war Thora schon lange bekannt, und auch, daß er seine Examina bis auf drei Sparten mit Auszeichnung abgelegt hatte. Sie hatte allen Grund, stolz auf ihn zu sein. Sie war es auch, denn es gab im Solaren Imperium nur fünf Menschen, die von der Existenz eines Rhodan-Sohnes wußten: Sie und Perry, der Arkonide Crest und Reginald Bull, und nun als fünfter Oberst Julian Tifflor, Befehlshaber der Garnison auf Rusuf.
Thomas Cardif hatte seine Prüfung nicht als Rhodans Sohn abgelegt; ihm war nichts geschenkt worden, aber ihm war mehr als jedem anderen Kadetten vorenthalten worden: Liebe! Elternliebe!
Und immer noch die Hände vor das Gesicht gehalten, flüsterte sie unter Schluchzen: „Perry, jetzt kann ich nicht mehr! Perry, ich fliege zu ihm ... ich muß ihn sehen!"
Dieser Augenblick der Verzweiflung mußte jetzt der Arkon-Erziehung weichen - und Thora war und blieb Arkonidin, auch wenn sie an der Seite von Perry Rhodan das Glück ihres Lebens gefunden hatte.
Arkon in seiner Blütezeit und im Stadium mächtiger Expansion hatte seine Bürger gezwungen, gegen sich selbst hart zu werden und offen den Tatsachen ins Auge zu sehen. Oft waren diese Tatsachen jungfräuliche Planeten, die Arkon seinem Imperium einverleiben wollte, und viele davon waren bald ein Bestandteil des Sternenreiches im Kugelhaufen M13, weil die erobernden Arkoniden unter Verzicht persönlicher Vorteile und Annehmlichkeiten in erster Linie daran dachten, dem Imperium zu dienen.
Und Thora erinnerte sich jetzt jenes Gespräches, das vor der Geburt ihres Sohnes zwischen ihnen, Crest und Bully geführt worden war. Bully, der impulsive, grundehrliche Freund Perry Rhodans, hatte der Unterhaltung erst gegen Schluß beigewohnt und kaum gehört, worum es ging, als er auch schon dazwischen donnerte: „Ihr seid ja feine Eltern! Thora, Himmel, Sterne und Raketen ..."
Weiter war er damals mit seiner Empörung nicht gekommen. Perry hatte ihm die Hand auf den Arm gelegt
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