0073 - Gegen eine ganze Stadt
entlang marschierte.
»Holla, Sheriff!«, schnaufte er und wischte sich den Schweiß aus dem fettigen Gesicht. »Was machen Sie denn hier? Ist was los?«
»No«, knurrte Holden. »Was soll schon los sein. Ich hab nach dem Wasserstand sehen müssen. Die Schleuse in Heureka hat angerufen.«
»Ach so«, feixte der Dicke. »Ich dachte schon, du hättest ein fluchwürdiges Verbrechen entdeckt.«
»Was machen Sie eigentlich hier?«, fragte ich mit schräg gelegtem Kopf. »Entdecken Sie vielleicht fluchwürdige Verbrechen?«
»Hihihihihi!«, kicherte der Dicke. »Wüsste bestimmt, was ich lieber täte! Habe andere Sorgen, mein Lieber! Muss mir Bewegung verschaffen! Meine Drüsen, wissen Sie? Verarbeiten das Fett nicht mehr. Muss viel laufen, laufen, laufen!«
Er winkte uns mit dicken Wurstfingern zu und marschierte weiter.
»Wer war denn das, Sheriff?«, fragte ich, als wir einstiegen.
»Bill Laroche. Ein Geschäftsmann aus unserer Stadt. An sich ein ganz passabler Kerl, aber er hat den Spleen, dass er mehr für seine Gesundheit tun müsste. Dabei frisst er eine widerliche Diät, macht Frühsport und Abendgymnastik, treibt alle möglichen Kuren und stopft sich voll mit tausend Pillen und Tropfen. Total übergeschnappt, sobald es sich um seine Gesundheit dreht. Aber sonst, wie gesagt, ganz vernünftig.«
»Kommt mir reichlich seltsam vor«, brummte ich, »dass er ausgerechnet in einer Gegend spazieren muss, wo in der letzten Nacht ein Mädchen umgebracht wurde.«
Holder schüttelte unwirsch den Kopf.
»Nun fangen Sie nicht an, Gespenster zu sehen, G-man! Laroche kenne ich wie meine Westentasche. Der ist das harmloseste Gemüt weit und breit. Hat wirklich nur seinen Tick mit seiner Gesundheit. Außerdem rennt er jeden Tag einige Meilen in der Gegend herum, weil er glaubt, dass er sich mehr Bewegung verschaffen muss. Wir haben nur zwei Ausfallstraßen. Die Chancen, dass wir ihm begegnen mussten, standen mithin fünfzig zu fünfzig.«
Ich sagte nichts mehr.
Natürlich hatte Holder recht. Es gibt im Leben immer wieder die unglaublichsten Zufälle, und die Begegnung mit Laroche war noch nicht einmal so ein unglaublicher Zufall.
Wenn man alle Leute immer gleich verhaften wollte, die zufällig in der Nähe vom Schauplatz eines Verbrechens auftauchen, dann liefe bald kein erwachsener Mensch mehr frei herum.
Well, ein Jaguar ist ein Jaguar. Ich trat das Gaspedal durch und ließ ihn abschnurren, dass der Sheriff ein übers andere Mal die Augen schloss.
In weniger als vier Minuten standen wir wieder in Little Hill vor dem Sheriff-Office.
Wir gingen hinein, und Holder stiefelte sofort zum Telefon. Es war ein vorsintflutlicher Apparat, an dem man kurbeln musste, bis sich das Amt meldete.
Holder setzte die Kurbel in Bewegung und sagte dann: »Little Hill, Sheriff Office! Miss, geben Sie mir eine Verbindung mit Heureka. State Police.«
Er nickte und wartete. Dann legte er los: »Himmelkreuzdonnerwetter, schlaft ihr denn in Heureka? Wie lange muss man warten, bis sich einer von euch nachgemachten Polizisten endlich an der Strippe meldet? Hier ist Sheriff Holder aus Little Hill! Ich brauche eure Mordkommission, aber wenn es möglich wäre, noch vor Weihnachten! Sagen Sie den Boys Bescheid, dass sie ausnahmsweise mal ein bisschen Tempo machen! Ich warte vor meinem Office und weise euch ein. Ende!«
Er warf den Hörer auf die Gabel, ging zum Schreibtisch, griff wieder in die linke Schublade, brachte ein sauberes Wasserglas zum Vorschein, kippte es randvoll und schob es mir zu.
Ich nahm es wortlos.
Er nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche, während ich den Inhalt des Glases in meinen aufgewühlten Magen kippte.
Als ich das Glas wieder absetzte, sah mich der Sheriff forschend an.
»Na, G-man? Wie ist es?«
»Jetzt geht’s«, murmelte ich. »Den Schluck hatte ich verdammt nötig.«
Holder schüttelte mürrisch den Kopf.
»Das ist klar. Das hat jeder nötig, der so was sieht. Ich meine was anderes.«
»Was denn?«
»Werden Sie bleiben?«
Ich schob mir langsam meinen Hut ins Genick.
»Darauf können Sie jetzt schon eine ganze Kiste solcher Flaschen bestellen«, sagte ich gedehnt.
Er rieb sich die Hände.
»Dachte ich mir. G-men dürfen wohl nicht anders sein. Na, mir soll’s nur recht sein.«
Ich drehte mich um und ging zur Tür. »Ich fahre wieder raus zu meinem Freund«, rief ich über die Schulter zurück. »Sie müssen ja noch warten, bis die Mordkommission eintrifft.«
»Okay. He, G-man?«
Ich stand
Weitere Kostenlose Bücher