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0073 - Gegen eine ganze Stadt

0073 - Gegen eine ganze Stadt

Titel: 0073 - Gegen eine ganze Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gegen eine ganze Stadt
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dort in Ruhe essen und dann die achtzehn Meilen wieder hierher fahren?«
    »Was denn sonst?«
    Ich trat dicht an ihn heran.
    »Mann, jetzt hören Sie mal genau zu! Sie sind bei der Polizei und nicht bei einem Verein zur Verschönerung des Privatlebens! In New York verlässt der Leiter eine Mordkommission nicht eher, bis die Arbeit am Tatort getan ist. Und wenn das sechzehn oder dreißig Stunden dauert, kapiert? Sie werden zwei Mann in die Stadt schicken, und zwar nach Little Hill, damit wir uns recht verstehen.«
    »Was sollen sie da?«
    »Sie werden für Sie und für Ihre Kollegen Sandwiches und Kaffee holen.«
    »Wer soll das bezahlen?«
    Ich grinste ihn an.
    »Jeder, der etwas essen will. Wie Sie es später mit Ihrer Spesenverrechnungsstelle auseinanderrechnen, ist Ihre Sache. Damit wäre das letzte Wort in dieser Angelegenheit gesprochen.«
    Er schnaufte, aber er fügte sich.
    Es blieb ihm auch nichts anderes übrig. Er musste meinem Gesicht ansehen, dass es mir verdammt ernst mit der ganzen Sache war.
    Hier hatte man ein sechzehnjähriges Mädchen abgeschlachtet - und der Leiter der Mordkommission wollte essen gehen!
    Ich winkte mir den Doc heran, als ich sah, dass er von der verstümmelten Leiche abließ, mit der er sich seit fast zwei Stunden beschäftigt hatte.
    »Na, Doc? Können Sie uns schon etwas erzählen?«
    Der alte Herr setzte seine randlose Brille ab und blinzelte uns kurzsichtig zu.
    »O ja«, nickte er. »Ich denke, dass ich Ihnen einiges sagen kann. Aber hätten Sie etwas dagegen, wenn wir hinauf zu den Wagen gehen? Ich muss mich ein bisschen hinsetzen. Man ist nicht mehr der Jüngste.«
    Ich warf Holder einen fragenden Blick zu.
    »Gehen Sie ruhig«, nickte er. »Ich bleibe hier…«
    Ich verstand, was er andeuten wollte. Beruhigt stiegen wir zu dritt den Fußweg zur Straße hinauf. Der Doc in der Mitte, am Schluss Phil.
    Oben angekommen, setzten wir uns in den großen Einsatzwagen der Homicide Squad, weil es dort bequemer war als in dem niedrig gebauten Jaguar.
    »Wissen Sie«, begann der alte Arzt, »ich wollte nicht nur sitzen. Ich wollte auch mit Ihnen sprechen, ohne dass uns die anderen hören können.«
    »Schießen Sie los!«, sagte ich gespannt.
    »Es ist nämlich so, Agent Cotton: Die Leute hier sind seit zwei Jahrhunderten an die Anschauung gewöhnt, dass Neger keine Menschen sind - überspitzt ausgedrückt. Dieses Vorurteil sitzt ihnen so tief im Blut, dass man es ihnen nicht von heute auf morgen austreiben kann. Darauf müssen Sie Rücksicht nehmen.«
    »Aber…«
    »Ich weiß, was Sie sagen wollen, Agent Cotton. Natürlich hat die Polizei nicht nach der Hautfarbe zu fragen, wenn sie jemanden ermordet auffindet. Mord bleibt Mord, das ist durchaus auch meine Überzeugung. Ich wollte Ihnen nur sagen, dass Sie besser tun, wenn Sie ein bisschen diplomatischer vorgehen. Druck erzeugt nur Gegendruck, das ist ein altes Naturgesetz.«
    Ich grübelte.
    »Vielleicht haben Sie recht, Doc«, gab ich zu. »Nur, ich bin zu allem imstande, nur kaum dazu, das zu spielen, was Sie einen Diplomaten nennen. Und am allerwenigsten dann, wenn es um Recht oder Unrecht geht. Sie haben ja die Leiche genauer gesehen als irgendeiner von uns. Sagen Sie selbst: Waren das etwa Menschen, die zu dieser Untat fähig waren?«
    Er zuckte mit den Achseln.
    »Sie haben völlig recht. Ich verstehe und achte Ihren Standpunkt. Aber trotzdem müssen Sie diplomatischer Vorgehen, sonst haben Sie hier eines Tages die ganze Gegend gegen sich. Und das wäre Ihrer Arbeit mehr abträglich, als wenn Sie sich mit absoluter Gewalt durchgesetzt hätten. Sie glauben nicht, was es ausmachen würde, wenn man Ihnen überall passiven Widerstand entgegenbrächte. Man würde Ihre Telegramme verstümmeln. Ihre Post verspätet zustellen, Ihnen jede Mahlzeit versalzen und lächelnden Gesichtes erklären, so und nicht anders würde hier nun mal gekocht - und tausend andere Schwierigkeiten noch. Die Leute können Ihnen nicht nur das Leben, sondern auch jede Arbeit total unmöglich machen. Und das kann doch nicht Ihre Absicht sein.«
    »No, Doc. Gewiss nicht. Im Gegenteil, wir möchten unsere Arbeit so schnell wie möglich erledigen können.«
    »Sehen Sie. Deshalb rate ich Ihnen zur Diplomatie. Im Interesse Ihrer Arbeit. Ansonsten ist mir der gerade Weg auch immer lieber als der gewundene. Na ja, Sie wissen jedenfalls, was ich meine, ja?«
    »Yeah, ich glaube, wir haben uns gegenseitig verstanden.«
    »Gut. Dann will ich zur eigentlichen Sache

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