0079 - Das Gespensterschiff
Leute reagierten sehr empfindlich darauf. So empfindlich, daß sie zu existieren aufhörten.
Die anderen vier wichen zurück, als ihr Kumpan in einer verzehrenden roten Flamme verschwand. Das Enterbeil blieb am Boden liegen. Zamorra nahm die ungewohnte Waffe auf. Sie war schwer. So schwer wie ein Henkersbeil?
Hawk schien seine Gedanken erraten zu haben und verriet sich danach selbst. Vor dem Richtbeil rückte er respektvoll ab.
Zamorra flog in Sekundenschnelle noch einmal die Schilderung Mat Sarps durch den Kopf.
Hawks sollte seinen Kopf verlieren, doch das Beil des Henkers vermochte seinen Nacken nicht zu durchschlagen.
Vielleicht gelang es ihm, Zamorra, wenn der Schwung des Beils noch durch die Zauberkraft des silbernen Amuletts verstärkt wurde?
Dem Freibeuter war anzusehen, daß ihm keiner der Gedankengänge Zamorras verborgen geblieben war. Sein lippenloser Mund bebte. In seinem Brustkorb rasselte und ächzte es.
»Und nun, Hawk?« fragte Zamorra im selben Tonfall, den kurz vorher noch der Dämonen-Kapitän angeschlagen hatte. »Immer noch so sicher?«
Zamorra fühlte, wie die Strahlkraft des Amuletts durch den Stil und in die Klinge der Axt floß. Es war wie ein warmer, prickelnder Strom.
Nun glaubte er auch zu wissen, wie er diesen Diener Satans für immer unschädlich machen konnte.
Hawk ging Schritt für Schritt zurück.
»Nein!« dröhnte es. »Tu es nicht, Magier mit dem Silberglanz. Tu es nicht. Es sind noch mehr Sterbliche an Bord. Du kannst sie haben.«
Zamorra antwortete nicht. Unaufhaltsam rückte er vor, immer wieder einen Blick zurückwerfend, wo immer noch vier der Spukgestalten auf ihn lauerten und wiederum ihn verfolgten. So sah Zamorra, daß eine von ihnen einen Enterhaken wurfbereit machte.
Der Dämonenjäger duckte sich unter dem hinterhältigen Wurf weg.
Sie hätten vielleicht eine Chance gehabt, wenn sie alle zusammen angegriffen hätten, doch diese Chance war inzwischen vertan. Außerdem näherte sich tuckernd die Barkasse Hank Glosters. Vom Boot her wurde geschossen. Die Gestalt, die den Haken nach Zamorra geworfen hatte, brach stöhnend zusammen und folgte seinen Kumpanen in den erlösenden Tod.
Hawk hatte das Achterdeck erreicht. Über dem Steuerruder glänzte der Mond. Die See lag still. Hawk hatte sich auf anderes zu konzentrieren, als die Elemente in Aufruhr zu versetzen. Es ging um seine dämonische Existenz, die er sich unbedingt erhalten wollte.
Sein Gesicht Zamorra zugewandt, den Säbel für einen Abwehrschlag bereit, zog er sich auf das Hochdeck zurück, unter dem er seine Räume hatte, und in der auch die Offiziersunterkünfte liegen mußten.
Aber noch eines sah Zamorra.
An die steile Reling waren Gestalten gekettet. Zwei von ihnen erkannte er.
Nicole und Bill Fleming.
Entweder hatte irgendeine geheime Macht sie bisher daran gehindert, sich bemerkbar zu machen, oder sie waren klug genug gewesen, Käpt’n Hawk nicht auf seinen letzten satanischen Gedanken zu bringen. Jetzt änderte ihr Verhalten nichts mehr daran, daß Hawk sich endlich zum Tausch Leben gegen dämonische Existenz entschlossen hatte.
»Weiche zurück, Mann mit dem Amulett«, brüllte er dröhnend. »Bisher habe ich gedacht, du seist nur mehr wegen mir gekommen, um mich herauszufordern. Dabei hast du nur diese jämmerlichen Gestalten gesucht. Diese Frau sprach von einem Freund. Ich erinnere mich. Und du bist dieser Freund! Du willst dieses Leben retten? Dann verlasse sofort mein Schiff!«
Zamorra stieg, ohne auf die Warnung zu achten, die schmale Treppe zum Hochdeck hinauf. Hawk hatte sein Blatt ausgereizt, und er das seine auch. Hawk würde Nicole und die anderen niemals schonen, wenn Zamorra wirklich die CARIBBEAN QUEEN verließ. Es widersprach seiner Natur. Begriffe wie Gnade und Barmherzigkeit waren ihm vollkommen fremd, selbst wenn er sich ihrer Verbal bedienen sollte.
Der Dämonenjäger mußte es darauf ankommen lassen. Ihm blieb gar keine andere Wahl.
»Bleib wo du bist!« schrie Hawk jetzt in einem schrillen Falsett. »Oder diese junge Frau wird durch meine Hand sterben!«
Er hatte Nicole den Säbel an den Hals gesetzt.
»Leg dein Amulett vor dich. Oder noch besser: Wirf es über Bord. Sofort oder das Blut dieser jungen Frau wird dich anklagen!«
Zamorra tat weder das eine noch das andere, weil Bill Fleming sich endlich darauf besonnen hatte, daß er ebenfalls zwei, wenn zur Zeit auch aneinandergekettete Fäuste hatte. Ihm blieb genügend Spielraum, dem Diener des Höllenfürsten
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