Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
01 - Botschaft aus Stein

01 - Botschaft aus Stein

Titel: 01 - Botschaft aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
Vom Netzwerk:
Ericson fort. »Ich hätte Sie anders eingeschätzt, Seymor. Wo bleibt Ihre Berufsehre?«
    »Ehre?« Branson lachte hart. »Ich habe keine andere Wahl .«
    »Das glaube ich erst, wenn ich Ihre Gründe kenne. Seit Sie die Kammer betreten haben…«
    »Denken Sie nicht, Tom! Und zünden Sie jetzt die Lunten an!«
    »Wenn Sie das wollen, müssen Sie mich schon erschießen.«
    »Sie fühlen sich stark?« Bransons Mundwinkel drückten in dem Moment nur Verachtung aus. »Das ist ein Irrtum. Sie sind nicht stark.«
    Tom schnellte nach vorn. Die letzte Dynamitstange, die er noch in der Hand gehalten hatte, flog Branson entgegen. Das geschah so schnell, dass der Professor tatsächlich davon überrascht wurde. Toms Handkante traf die Waffenhand mit aller Kraft und schlug sie zur Seite. Der Revolver wirbelte davon und rutschte über den Boden. Aber darauf achtete Ericson nicht. Seine Rechte zuckte hoch…
    ... und wurde gestoppt, bevor sie die Kinnspitze traf. Bransons Griff war hart wie ein Schraubstock, seine Finger bohrten sich in Toms Handrücken. Im nächsten Moment hatte Ericson das Gefühl, sein Arm würde aus dem Schultergelenk gerissen; er fühlte sich herumgewirbelt und schlug rücklings auf dem Steinboden auf.
    So leicht war er dennoch nicht zu überrumpeln. Trotz seiner vorübergehenden Benommenheit rollte er sich zur Seite. Bransons Fußtritt ging ins Leere.
    Der nächste schwere Hieb traf Tom in die Seite, als er federnd auf die Beine kam. Für einen Moment rang er nach Luft, dann erst zwang ihn der Schmerz, sich zusammenzukrümmen.
    Instinktiv hob er beide Arme und wehrte Bransons nachfolgenden Schlag ab, wollte kontern ‒ und lief geradewegs in die Faust des Gegners.
    Es war, als hätte ihn der Blitz getroffen. Tom hörte sich ächzen. Vor seinen Augen verschwamm die Kammer, er sah den Professor mit einem Mal doppelt, und seine unkonzentrierten kurzen Haken gingen ins Leere. In dem Moment krachte Bransons Ellenbogen auf sein Schlüsselbein. Tom sackte in die Knie. Alles um ihn herum geriet in rasende wirbelnde Bewegung.
    Als er vollends stürzte, war da nur noch ein Gedanke ‒ er fragte sich, woher der dickliche Mann mit über sechzig diese Kraft und Geschmeidigkeit nahm.
    ***
    Immer noch drehte sich alles um Tom. Er schmeckte Blut und spürte, dass es seinen Mund ausfüllte und über die Lippen tropfte. Vom Boden aus gesehen machte die Tempelhalle einen seltsam weiten Eindruck. Licht und Schatten führten einen wilden Kriegstanz auf.
    Tom wollte sich in die Höhe stemmen, doch die Arme knickten unter ihm weg. Er kippte zur Seite, schluckte Blut.
    Zuckend kam das Licht näher. Schritte klangen auf und durchbrachen das matte Summen in Toms Schädel. Branson kam und steckte die Lunten der Dynamitstangen an.
    Qualvolle Helligkeit schlug über Tom zusammen. Er schloss die Augen. Branson stand über ihm und leuchtete ihn mit der Lampe an.
    »Wir beide hätten ein gutes Gespann sein können«, dröhnte die Stimme des Professors. »Es sollte nicht sein. Wir sehen uns im Jenseits, Tom. Nur werden Sie vor mir dort sein.«
    Branson entfernte sich hastig. Tom Ericson atmete tief ein und versuchte, wenigstens das rasende Pochen in seinen Schläfen unter Kontrolle zu bekommen. Mühsam schaffte er es, sich auf die Seite zu wälzen und die Beine an den Leib zu ziehen. Eine Ewigkeit schien zu vergehen, bis er sich auf die Knie aufrichten konnte und gleich danach schwankend auf die Beine kam.
    Das fahle Licht ringsum stammte von seiner eigenen Lampe. Sie lag einige Meter entfernt am Boden, ihr Lichtkegel lief schräg an der Wand entlang.
    Wenn er sich die Lampe holte und versuchte, die Zündschnüre zu löschen? Wie weit würde er kommen, bis ihm der Rest um die Ohren flog? Vielleicht dauerte es ohnehin nur wenige Sekunden, bis die erste Dynamitstange explodierte.
    Ihm blieb gar keine andere Wahl, als die Anlage schnellstens zu verlassen. Aber ein stechender Schmerz in der Hüfte zwang ihn, langsam zu laufen. Schon nach fünf oder sechs Metern hielt er inne, schaute noch einmal zurück. Die Anlage barg Geheimnisse, und wenn nicht die Kammer und der vermeintliche Plan, dann zumindest die Trennwand mit ihren Logogrammen und Glyphen. Eigentlich musste er es versuchen, die Sprengladungen unschädlich zu machen. Eigentlich…
    ... half es niemandem, wenn er bei dem Versuch ums Leben kam. Niemand würde Branson dann je zur Rede stellen.
    Tom humpelte vorwärts. Er rieb sich das Kinn. Dass der Professor ihn einfach so überwältigen

Weitere Kostenlose Bücher